Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Spontane Experiment­e vor der Kamera

Musikkapel­le Scheidegg dreht Videoclips, um für das Bezirksmus­ikfest 2019 zu werben

- Von Bettina Buhl Weitere Infos finden sich im Internet unter www.mvscheideg­g.de

SCHEIDEGG - Flyer bringen es nicht mehr. Sie liegen oft hundertfac­h aus, flattern in Festzelten auf den Bretterbod­en, kleben auf den Biertische­n. Sie finden zu wenig Beachtung, so die Meinung der Musikkapel­le Scheidegg. Deswegen setzt sie bei der Werbung für ihr Bezirksmus­ikfest vom 11. bis 14. Juli 2019 auf einen anderen Weg: Videos. In kurzen, lustigen Clips wollen die Musikanten Lust aufs Feiern machen – und gleichzeit­ig zeigen, welche Arbeit hinter einem Fest steckt. Im Mittelpunk­t steht der „rasende Marius“.

Ein Drehbuch gibt es nicht, ebenso wenig einen Drehplan, ein Skript oder ein vorgeferti­gtes Konzept. „Wir sind am kreativste­n, wenn wir die Kamera einschalte­n und loslegen“, sagt der „rasende Marius“salopp nach dem Dreh für den jüngsten Clip. Die Idee zu den Filmchen ist bei einer Festaussch­usssitzung entstanden. „Wir haben uns überlegt, mal was anderes zu machen. Videos sind schon länger Thema. Das Mediale ist voll da“, erklärt der Protagonis­t, im „richtigen Leben“Marius Immler, 21 Jahre, Flügelhorn­ist. Und da er als Beisitzer die ganze Sache mit angestoßen hatte, durfte er sie auch gleich in die Hand nehmen. So ist seine Figur entstanden: Ein rasender Reporter, der hinter die Kulissen blickt. Und das macht er mit Freude.

Sammeln muss er sich nicht groß. Ein kurzer Witz in Richtung Kameramann. Dann sagt Immler: „Kamera ab, Ton ab.“, klatscht einmal und legt los: „So, ich habe ja versproche­n, dass wir ein bisschen hinter die Kulissen von einem Bezirksmus­ikfest schauen und das machen wir jetzt. Der Festaussch­uss hat heute eine Sitzung und da sind wir mal dabei.“Das alles geht frei von der Leber weg. Marius öffnet die Tür zum Stüble der Scheidegge­r Musiker und steuert gefolgt von Kameramann Sascha Rupp und Tontechnik­er Martin Heckmann einen Tisch an. Dahinter sitzen Marcel Rupp und Birgit Achberger, werkeln an Kabeln herum, vor sich Lautsprech­erteile. Rupp: „Wir sind für den Sound beim Fest verantwort­lich und schauen gerade, was die beste kulinarisc­he Beschallun­g ist für Pro Solist’y am Samstagabe­nd.“„Und Schnitt“, ruft Marius Immler. „Kulinarisc­he Beschallun­g? Was soll denn das sein?“, sagt er, lacht. Also noch ein Take.

Lustig soll es sein und informativ. Jedes Video beleuchtet einen anderen Aspekt der Festvorber­eitungen. Die Grundidee für den Inhalt sammeln die Musiker im Vorfeld, tauschen sich per Handy aus. Schon seit einem Jahr bereitet die Kapelle das Fest vor, ein weiteres Jahr Arbeit hat sie noch vor sich: Festplatz finden, Bands buchen, Parkplätze, Shuttlebus, Sicherheit­skonzept, Festführer, Helfer, und, und, und. Die Liste ist lang. Dass sie jetzt schon Werbung machen, ist nicht ungewöhnli­ch. Oft verteilen Kapellen auf einem Bezirksmus­ikfest ihre Reklame für das Fest im folgenden Jahr. Die Scheidegge­r haben ihr erstes Video direkt nach dem Fest in Simmerberg gemacht – mit Hommage an ihre Vorgänger. Dass ihre Feier mit einem 2500-Mann-Zelt etwas größer ausfallen wird, habe mit der Werbekampa­gne nichts zu tun.

Technikfre­aks liefern Know-how

Vor dem Dreh gibt Immler jedem Mitwirkend­en eine Einweisung, um was es grob im Video gehen soll. Feste Sätze gibt er nicht vor: „Es soll ja auch natürlich wirken.“Freilich sind die Scheidegge­r keine Profis. „Aber wir haben von Anfang an gesagt, wenn wir Videos machen, sollen sie nach was aussehen“, sagt Immler. Einfache Handy-Aufnahmen kamen nicht infrage. „Technikfre­aks“aus den eigenen Reihen liefern Ausstattun­g und Know-how: Gedreht wird mit zwei hochwertig­en Voll format spiegelref­lexkameras auf Stativen, damit nix verwackelt; ein sensibles Tongerät nimmt das Gesprochen­e auf; wenn nötig, ist ein Ausleuchte­r mit Reflektor dabei, damit das Licht stimmt. Wie viele Stunden seine Kollegen Marcel und Sascha Rupp hinterher beim Sichten des Materials und beim Schnitt sitzen, kann Immler gar nicht sagen: „Die haben den größten Job.“Am schwierigs­ten sei die Zeit: Länger als zwei Minuten dürfe ein Clip fast nicht sein, sonst schalten die Zuschauer ab.

Die Kapelle verbreitet die Filmchen auf ihrer Internetse­ite, bei Youtube, via Facebook und WhatsApp. Die Resonanz ist laut Immler „brutal“: E-Mails, Nachrichte­n über soziale Medien, wildfremde Leute sprechen ihn auf der Straße, an der Supermarkt­kasse an. Freilich gefällt nicht jedem alles – „aber damit haben wir schon gerechnet“. Oft tauche die Frage auf: Wann kommt der nächste Film? Das wissen die Musikanten selbst nicht genau. Sie wollen sich nicht festlegen, drehen nach Lust und Laune – und wenn eine Idee kommt. Solange die Leute neugierig bleiben, wollen sie weitermach­en. Das handhaben sie so spontan wie der „rasende Marius“eben ist.

 ?? FOTO: BETTINA BUHL ?? Weil Flyer nicht mehr so gut ankommen, hat sich die Musikkapel­le Scheidegg einen anderen Weg ausgedacht, um Werbung für ihr Bezirksmus­ikfest 2019 zu machen: Sie dreht Videoclips. Flügelhorn­ist Marius Immler (Mitte) ist darin als „rasender Marius“unterwegs und zeigt auf lustige Weise, welche Arbeit hinter einem Bezirksmus­ikfest steckt. Auf dem Foto sind (von links): Konrad Stadelmann, Franziska Milz, Immler, Martin Heckmann (Ton), Sascha Rupp (Kamera) und Marcel Rupp (Kamera) zu sehen.
FOTO: BETTINA BUHL Weil Flyer nicht mehr so gut ankommen, hat sich die Musikkapel­le Scheidegg einen anderen Weg ausgedacht, um Werbung für ihr Bezirksmus­ikfest 2019 zu machen: Sie dreht Videoclips. Flügelhorn­ist Marius Immler (Mitte) ist darin als „rasender Marius“unterwegs und zeigt auf lustige Weise, welche Arbeit hinter einem Bezirksmus­ikfest steckt. Auf dem Foto sind (von links): Konrad Stadelmann, Franziska Milz, Immler, Martin Heckmann (Ton), Sascha Rupp (Kamera) und Marcel Rupp (Kamera) zu sehen.

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