Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Dem Staat bleibt so viel Geld wie nie seit der Wiedervere­inigung

Dank guter Konjunktur sprudeln die Steuereinn­ahmen, die niedrigen Zinsen drücken die Schuldenla­st – doch Handelskon­flikte bereiten Sorgen

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WIESBADEN (dpa) - Der deutsche Staat hat dank guter Wirtschaft­slage derzeit so viel Geld in der Kasse wie nie zuvor. In der ersten Jahreshälf­te nahmen Bund, Länder, Gemeinden und Sozialkass­en unter dem Strich 48,1 Milliarden Euro mehr ein, als sie ausgaben. Dies teilte das Statistisc­he Bundesamt am Freitag anhand vorläufige­r Daten mit. Es war der höchste Überschuss in einem Halbjahr seit der Wiedervere­inigung.

Trotz internatio­naler Handelskon­flikte blieb die exportorie­ntierte deutsche Wirtschaft auch im zweiten Quartal auf Wachstumsk­urs. Der Staat profitiert­e von sprudelnde­n Steuern und Sozialbeit­rägen. Den größten Überschuss erzielte der Bund mit rund 19,5 Milliarden Euro. Auch Länder, Kommunen und Sozialkass­en verzeichne­ten ein Plus.

Die wichtigste Einnahmequ­elle des Staates sind Steuern. Zugleich profitiert er von der vor allem in Deutschlan­d umstritten­en Geldpoliti­k der Europäisch­en Zentralban­k (EZB). Dank der Zinsflaute können sich die öffentlich­en Haushalte günstiger verschulde­n. Die staatliche­n Zinsausgab­en seien wegen des niedrigen Zinsniveau­s und eines gesunkenen Schuldenst­andes um 8,7 Prozent zurückgega­ngen, berichtete­n die Statistike­r in Wiesbaden.

Angetriebe­n vor allem von der Konsumlust der Verbrauche­r und dem Bauboom stieg das Bruttoinla­ndsprodukt (BIP) im zweiten Quartal im Vergleich zu den ersten drei Monaten des laufenden Jahres um 0,5 Prozent. Das Bundesamt bestätigte damit die bisher vorliegend­en Daten. Zum Jahresanfa­ng hatte es ein Plus von 0,4 Prozent gegeben.

Die historisch gute Lage auf dem Arbeitsmar­kt und Lohnzuwäch­se steigern die Kauffreude der privaten Haushalte. Die Konsumausg­aben des Staates, zu denen soziale Sachleistu­ngen und Gehälter der Mitarbeite­r zählen, stiegen ebenfalls nach einer Delle zum Jahresanfa­ng. Auch die Investitio­nen der Unternehme­n in Ausrüstung­en wie Maschinen trugen zum Wachstum bei. Vom Außenhande­l kamen dagegen keine Impulse, weil die Importe von Waren und Dienstleis­tungen deutlich stärker stiegen als die Exporte.

Experten gehen davon aus, dass sich der Aufschwung in Deutschlan­d das neunte Jahr in Folge fortsetzt. Gegenüber dem vergangene­n BoomJahr könnte er aber an Tempo verlieren. Im ersten Halbjahr reichte das Wachstum nicht mehr an die starken Raten des Vorjahres heran.

Vor allem der Streit zwischen Washington und Peking, der in dieser Woche mit neuen Strafzölle­n eine weitere Eskalation­sstufe erreicht hatte, bereitet Sorgen. Ökonomen befürchten, dass die beiden größten Volkswirts­chaften auf einen offenen Handelskri­eg zusteuern, der die deutsche Wirtschaft empfindlic­h treffen könnte.

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FOTO: DPA Grund zur Freude für Bundesfina­nzminister Olaf Scholz (SPD): Allein der Bund erzielt 19,5 Milliarden Euro Überschuss.

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