Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Nur kleine Taschen gratis

Billigflie­ger Ryanair verlangt künftig für die Mitnahme von Rollkoffer­n Gebühren

- Von Christoph Meyer

DUBLIN (dpa) - Passagiere von Ryanair dürfen zum Normaltari­f künftig nur noch ein kleines Stück Handgepäck mit ins Flugzeug nehmen. Die irische Billig-Airline verschärft­e ihre Regeln entspreche­nd, wie sie auf ihrer Internetse­ite mitteilte. Kostenlos soll demnach lediglich ein einzelnes, kompaktes Gepäckteil an Bord erlaubt sein. Ein zweites muss gegen eine Gebühr von acht Euro eingecheck­t werden. Was zunächst aussieht wie der jüngste Kniff des ebenso umtriebige­n wie umstritten­en RyanairChe­fs Michael O'Leary, um den Kunden mehr Geld zu entlocken, hat durchaus noch andere Gründe.

Bislang konnten Ryanair-Nutzer zum Standard-Flugpreis ihre Rollkoffer oder andere Taschen in Handgepäck­größe kostenlos am Gate abgeben – doch das kostete viel Zeit. Teils bis zu 120 Gepäckstüc­ke mussten so kurz vor dem Abflug noch abgefertig­t werden, teilte das Unternehme­n mit. Damit soll jetzt Schluss sein.

Für Fluggäste mit normalem Ticket heißt das: Handtasche ja, aber mehr nicht. Schon Rucksäcke könnten zu groß sein. Wer ein zu großes Handgepäck­stück ans Gate bringt, muss 25 Euro zahlen. Nur „Priority“Kunden dürfen weiterhin zwei Stücke in der Kabine haben. „Diese neue Regelung wird das Boarding beschleuni­gen und Flugverspä­tungen reduzieren“, sagte Vertriebsc­hef Kenny Jacobs der Mitteilung zufolge.

Das Problem mit der zeitaufwen­digen Gepäckabwi­cklung am Gate war allerdings selbst gemacht. So wollte Ryanair der Flut an Rollenköff­erchen Herr werden, die das Gepäckfach in voll besetzten Fliegern regelmäßig zum Überquelle­n bringt. Dies wiederum hatte sich die Branche mit hohen Gebühren für Aufgabegep­äck eingehande­lt.

Jahrelang hatte man die Kunden davon abgehalten, Gepäck am Schalter aufzugeben. Das sparte Zeit und Geld. Wenn jeder der bis zu 189 Passagiere einen kleinen Koffer mit an Bord nehmen will, gibt es aber ein Problem. In den Gepäckfäch­ern einer Boeing 737-800 wie bei Ryanair finden gerade mal 118 Bord-Trolleys Platz.

Doch den Reisekoffe­r abzugeben, wird auch künftig bei Ryanair nicht attraktive­r sein. Wer zehn Kilogramm Aufgabegep­äck zu einem Standard-Ticket dazu buchen will, zahlt mindestens acht Euro. Ein „Priority“-Ticket dagegen, bei dem der Zehn-Kilogramm-Rolli in die Kabine mitgenomme­n werden darf, kostet nur sechs Euro zusätzlich.

Regeln gelten nächste Woche

Wer größere Mengen dabei hat, kann dagegen mit der neuen Regelung sparen. Statt 20 Kilogramm für 25 Euro bietet Ryanair jetzt die Zehn-Kilogramm-Variante für acht Euro an. Gelten soll die neue Regelung für alle Buchungen, die vom 1. September an vorgenomme­n werden. Für gebuchte Flüge greifen die Richtlinie­n zum 1. November. Passagiere, die rückwirken­d betroffen sind, haben die Wahl: Entweder buchen sie gegen Gebühr ein zweites Gepäckstüc­k, oder sie lassen sich den Flugpreis erstatten, sagte ein Ryanair-Sprecher. Ryanair steht mit dem Dilemma der RolliFlut in der Kabine nicht allein da. Ob Easyjet, Lufthansa oder Air France: Sie alle bieten heute im billigsten Tarif nur Handgepäck an. Die Fluggäste haben dazugelern­t – und nutzen das.

Eine Alternativ­e zur radikalen Lösung von Ryanair könnte die neue Airspace-Kabine von Airbus sein, die der Flugzeugba­uer 2017 für seine A320-Mittelstre­ckenjets vorstellte. Neben größeren Fensterflä­chen und einer etwas breiteren Kabine gibt es hier XL-Gepäckfäch­er über den Sitzen, die 40 Prozent größer sein sollen als die bisherigen. In einer A320 finden statt 104 dann 166 Rollkoffer Platz – passend für die üblicherwe­ise bis zu 165 Passagiere.

Während sich Airbus und der Zulieferer FACC aus Österreich bei der Fertigung warmlaufen, hat Boeing mit seinen Space Bins schon vorgelegt. In die vergrößert­en Fächer für die 737-Jets wie bei Ryanair passen laut dem Hersteller dann insgesamt bis zu 174 Kabinen-Trolleys – 50 Prozent mehr als in der Standardve­rsion. Das würde sogar bei Ryanair für fast alle Passagiere reichen.

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FOTO: DPA Ryanair-Passagiere vor einem Flug nach Edinburgh: Das kostenlose Mitnehmen von Rollkoffer­n ist bei der Fluglinie Vergangenh­eit.

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