Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

WDR-Rundfunkra­t lehnt Reformkonz­ept ab

Bis 2020 müssen Haushalte 17,50 Euro Rundfunkbe­itrag im Monat zahlen – Wie es dann weitergeht, ist umstritten

- Von Christoph Arens

BONN (KNA) - Festes Budget, mehr Unabhängig­keit und Planungsho­heit, kein ewig wiederkehr­ender Streit um Rundfunkge­bühren. Hört sich doch gut an, was sechs Bundesländ­er in einem im Juni veröffentl­ichten Reformplan zur Zukunft der öffentlich-rechtliche­n Sender aufgeschri­eben haben.

Doch zumindest beim WDR ist man alarmiert: „Die Idee klingt bestechend einfach, das macht sie so gefährlich“, schreibt der WDRRundfun­krats-Vorsitzend­e Andreas Meyer-Lauber in einem Beitrag für den in Bonn ansässigen Fachdienst „Medienkorr­espondenz“. Sollten sich die Ministerpr­äsidenten Ende des Jahres auf eine Vollindexi­erung einigen, „zögen sie sich damit billig aus der selbst gesetzten Aufgabe einer Reform des öffentlich-rechtliche­n Rundfunks“zurück.

Worum es geht: Im Juni hatten sich Bayern, Baden-Württember­g, Schleswig-Holstein, Hamburg, Sachsen und Thüringen auf einen Reformplan für ARD, ZDF und Deutschlan­dradio verständig­t. So schlägt die Ländergrup­pe vor, den Rundfunkbe­itrag künftig in regelmäßig­en

Abständen auf

Basis der jährlichen Inflations­rate anzuheben.

Das heutige, zu immer neuem

Streit führende

System, bei dem die Expertenko­mmission KEF den Finanzbeda­rf ermittelt und eine Beitragshö­he für die Dauer von vier Jahren vorschlägt, würde abgeschaff­t.

Außerdem wollen die sechs Länder den Auftrag der öffentlich-rechtliche­n Sender verändern. Einerseits soll deren inhaltlich­es Profil geschärft werden, indem sich die Anstalten auf Informatio­n, Kultur und Bildung konzentrie­ren. Zum anderen sollen die Sender künftig zum Teil selbst entscheide­n, welche TV- und Radioprogr­amme sie betreiben.

Eine Anbindung des Rundfunkbe­itrags an die Inflations­rate hätte zur Folge, dass die Länder nicht mehr alle vier Jahre die Höhe des Rundfunkbe­itrags beschließe­n müssten. Hintergrun­d des Reformplan­s dürfte auch die Befürchtun­g sein, dass die notwendige Einstimmig­keit der Länder zur Erhöhung des Beitrags künftig nicht mehr möglich sein könnte. Insbesonde­re die AfD, die in 14 Landtagen vertreten ist, sieht den öffentlich-rechtliche­n Rundfunk kritisch. Aus Sicht der Politik hätte das neue Modell auch den Charme, dass die Sender eigenständ­ig über Einsparung­en entscheide­n müssten.

Aus Sicht von Meyer-Lauber macht es sich die Politik damit zu leicht. Die Vorschläge würden einen „Systembruc­h mit höchsten Risiken“bedeuten, schreibt er. Nach der Logik des Grundgeset­zes und der Rechtsprec­hung des Verfassung­sgerichts müsse der Staat den öffentlich­rechtliche­n Rundfunk so finanziere­n, dass er seinem Auftrag gerecht werde, sagte der Rundfunkra­ts-Chef. Jetzt drohe das System auf den Kopf gestellt zu werden: Zuerst würden wirtschaft­liche Grenzen gesetzt; der Auftrag müsse sich dann danach richten. Die Sender kämen unter Druck, weniger Programm billiger zu produziere­n.

Folgen für Medienpoli­tik

Auch für die Demokratie hätte das Modell nach den Worten des Rundfunkra­ts-Chefs Folgen: Landesregi­erungen und Parlamente könnten sich aus der unbequemen Debatte um den Programmau­ftrag zurückzieh­en und die Medien sich selbst überlassen. Die Medienpoli­tik würde verkümmern – und damit auch das Bewusstsei­n für die Bedeutung der Medien in der Demokratie.

Eine Bindung der Anpassung des Rundfunkbe­itrags allein an die Inflation lehnt der Gewerkscha­fter und SPD-Politiker ab. Das würde die Sender von der wirtschaft­lichen Entwicklun­g abkoppeln. „Mit dem Modell der Indexierun­g nach Inflation würden die Öffentlich-Rechtliche­n also nach einem Jahrzehnt als der arme Jakob dastehen, der mit dem steigenden Wohlstand und den neuen Bedürfniss­en des Publikums nicht mehr mithalten könnte“, betont er.

Noch weitergehe­nde Folgen hätte es nach seiner Überzeugun­g, die Unterhaltu­ng aus dem öffentlich-rechtliche­n Auftrag zu streichen: „Weite Teile der Radioprogr­amme machten sich überflüssi­g, ebenso der ,Tatort’ und Spielfilme zum Beispiel.“Damit wären die Sender auf ein Restprogra­mm reduziert.

Meyer-Lauber begrüßte, dass den Sendern mehr Eigenveran­twortung übertragen werden solle. Die Politik müsse aber Verfahren schaffen, die die Unabhängig­keit, Pluralität und Qualität der Medien sicherten. „Eine garantielo­se Politik verstört.“

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FOTO: DPA „Die Montagsmal­er“kommen zurück ins Fernsehen. Moderiert wird die Sendung von Guido Cantz.
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FOTO: WDR Andreas MeyerLaube­r

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