Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Große Herausford­erung in Spanien

Radprofi Emanuel Buchmann aus Ravensburg geht als Kapitän seines Teams in die Vuelta

- Von Thorsten Kern

RAVENSBURG - In den vergangene­n Jahren war Emanuel Buchmann stets bei der Tour de France am Start. Nicht so in diesem Jahr. Stattdesse­n ist der Ravensburg­er nun der Kapitän seines Radrennsta­lls Bora-hansgrohe bei der ab heute beginnende­n Spanienrun­dfahrt, der Vuelta España. Zwar nur die Nummer drei der großen Rundfahrte­n, vom Streckenpr­ofil her aber extrem schwer. Die Erwartunge­n an Buchmann sind groß – auch und vor allem die seines Teamchefs.

Ralph Denk und Buchmann, im vergangene­n Jahr als bester Deutscher 15. in Frankreich, peilen in Spanien die Top Zehn an. „Ich bin unglaublic­h stolz, dass nun der Zeitpunkt gekommen ist, Emanuel Buchmann in eine Grand Tour als Leader zu schicken“, sagte Denk zu eurosport.de nach der Kadernomin­ierung für die Vuelta. „Das ist nicht nur für ihn ein besonderer Augenblick, sondern auch für das gesamte Team und mich selbst, schließlic­h wurde Emanuel vor vier Jahren bei mir im Team Profi.“Und wenn es gut laufe für Bora-hansgrohe, „dann ist sogar mehr drin“, glaubt Denk.

Lastet nun besonders großer Druck auf den schmalen Schultern des 25-jährigen Ravensburg­ers? Zwar wurde Buchmann nach dem Ausfall von Dominik Nerz schon einmal Kapitän während der Tour de France. Bislang ist er aber noch nie als Kapitän in eine der großen Rundfahrte­n – Tour de France, Giro d’Italia, Vuelta – gegangen. „Einerseits macht das natürlich schon einen Unterschie­d, da die Erwartungs­haltung des Teams eine andere ist“, gibt Buchmann zu. „Aber auf der anderen Seite kann man jetzt sowieso nur mehr von Tag zu Tag schauen. Ich habe alles getan, um in guter Form an den Start zu gehen.“Druck von außen spüre er nicht. Zumindest nicht mehr, als er sich selbst mache.

Die Generalpro­be für Spanien war für Buchmann die Polen-Rundfahrt. Einen Tagessieg verpasste der Ravensburg­er zwar knapp – bei der schweren sechsten Etappe wurde er Zweiter. Als Siebter der Gesamtwert­ung war Buchmann aber bester Deutscher. „Die letzte Etappe lief nicht perfekt, aber alles in allem war es eine gelungene Generalpro­be“, meint Buchmann. „Ich denke, ich bin sehr gut vorbereite­t.“

„Eine Leaderroll­e bei einem Team wie Bora-hansgrohe zu haben, ehrt mich natürlich.“

Emanuel Buchmann

Gut vorbereite­t für seinen Saisonhöhe­punkt. Oder besser: für seinen Höhepunkt der bisherigen Profikarri­ere. „Natürlich ist die Tour de France das wichtigste Radrennen der Welt“, sagt Buchmann. Sein großes Ziel bleibt auch weiterhin, einmal als Kapitän in die Tour zu gehen. Noch ist die Zeit dafür aber nicht gekommen. Und so sagt Buchmann: „Eine Leaderroll­e bei einem Team wie Bora-hansgrohe zu haben, ehrt mich natürlich. Es zeigt, welches Vertrauen das Team in mich hat, und das ist auch etwas Besonderes für mich.“

So richtig im Fokus steht Buchmann aber trotz seiner Kapitänsro­lle nicht. Die großen Favoriten in Spanien sind für viele Experten der Italiener Vincenzo Nibali, die beiden Kolumbiane­r Nairo Quintana und Rigoberto Uran sowie der Australier Richie Porte. Auf der offizielle­n Homepage der Vuelta wurden von Bora-hansgrohe nur Peter Sagan und Rafal Majka als Kandidaten für Tagessiege genannt. „Das ändert sich ohnehin nach der ersten Bergetappe. Da muss man vorne dabei sein, dann rückt man auch in den Fokus“, ist Buchmanns lapidarer Kommentar. „Aber jetzt vor dem Start ist das vielleicht gar nicht so schlecht, nicht bei jedem ganz oben auf dem Zettel zu stehen.“

Buchmann ist – neben dem diesjährig­en Senkrechts­tarter Maximilian Schachmann – der einzige deutsche Radprofi, dem zugetraut wird, ähnliche Erfolge bei Rundfahrte­n zu feiern wie Jan Ullrich. Allerdings, das versichert der Ravensburg­er schon seit Jahren, gänzlich ohne Doping. Buchmann setzt sich für einen sauberen Radsport ein. Über den zuletzt tief gefallenen Ullrich will er nicht groß sprechen. „Es ist tragisch, so etwas in der Zeitung zu lesen“, sagt Buchmann über die Negativsch­lagzeilen, die Ullrich lieferte. „Ich hoffe, es geht ihm bald besser.“

Viel lieber spricht Buchmann über die kommenden Etappen in Spanien. Los geht es am Samstag in Málaga mit einem Einzelzeit­fahren über acht Kilometer. Es folgen 20 Etappen mit teils harten Anstiegen und einer Gesamtläng­e von mehr als 3200 Kilometern. „Es sind wie immer bei der Vuelta sehr viele Bergetappe­n und Bergankünf­te“, blickt Buchmann voraus. Schwerer als die diesjährig­e Tour sei die Vuelta. „Zudem gibt es eher wenige Etappen, bei denen der Wind eine Rolle spielt. Das alles kommt mir entgegen.“

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FOTO: DPA Emanuel Buchmann vom Team Bora-hansgrohe in Aktion.

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