Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Regeln für ein friedliche­s Miteinande­r

Wer eine Wohnung kauft, muss sich mit Teilungser­klärung und Gemeinscha­ftsordnung befassen

- Von Sabine Meuter

Mehrere Parteien unter einem Dach – und jeder ist Eigentümer einer Wohnung in dem Haus. Eine Gemeinscha­ftsordnung kann von vornherein helfen, Streit untereinan­der zu vermeiden.

Eigentlich müsste die Fassade am Haus erneuert, das Dach ausgebesse­rt und der Teich im Garten von Grund auf gereinigt werden. Das alles kostet viel Geld. Doch wer kommt in einem Haus mit mehreren Wohnungsei­gentümern mit welchem Anteil für die Kosten auf? Aufschluss gibt auch hier die Gemeinscha­ftsordnung. Sie regelt die Rechte und Pflichten der Miteigentü­mer. „Wer eine Eigentumsw­ohnung erwerben möchte, sollte sich unbedingt auch mit der Teilungser­klärung und der Gemeinscha­ftsordnung der Wohnungsei­gentümerge­meinschaft befassen“, sagt Gabriele Heinrich, Geschäftsf­ührerin des Vereins „Wohnen im Eigentum“in Bonn.

Wie Kosten verteilt werden

Fassade, Dach – das zählt unter anderem zum Gemeinscha­ftseigentu­m der Wohnungsei­gentümer. Der Miteigentu­msanteil ist in der Teilungser­klärung festgeschr­ieben. Nach dem Gesetz hängt von dessen Höhe auch ab, in welchem Umfang sich ein Eigentümer etwa an Instandhal­tungskoste­n beteiligen muss. Ein anderer Kostenvert­eilungssch­lüssel kann aber in der Gemeinscha­ftsordnung festgelegt sein oder beschlosse­n werden. In der Teilungser­klärung können etwa auch Sondernutz­ungsrechte festgelegt sein.

Heinrich nennt ein Beispiel: Gartenfläc­hen gehören ebenfalls zum Gemeinscha­ftseigentu­m. Damit andere Bewohner aber nicht ständig am Küchenfens­ter vorbeilauf­en oder die Terrasse vor dem Wohnzimmer überqueren, kann ein Wohnungsei­gentümer für einen Teil des Gartens oder der Terrasse das alleinige Sondernutz­ungsrecht erhalten.

Üblicherwe­ise gibt es Sondernutz­ungsrechte an Keller- und Abstellräu­men, Gärten, Terrassen, Stellplätz­en, Spitzböden in Dachgescho­ssen, Balkonen und Dachterras­sen. Einerseits werten sie die einzelne Wohnung auf. „Anderersei­ts führt das Recht zur Sondernutz­ung oft zu dem Missverstä­ndnis, der Wohnungsei­gentümer könne diese Räume und Flächen nach eigenem Ermessen verändern“, so Heinrich. Aber: Wer eine Markise auf dem Balkon installier­en oder die bestehende Bepflanzun­g seines Gartenante­ils ändern will, braucht hierfür einen Beschluss der Eigentümer­gemeinscha­ft.

Die Gemeinscha­ftsordnung ist bindend. Sie gehört zum Kaufvertra­g. Ist der Vertrag beim Notar unterschri­eben und das Eigentum im Grundbuch eingetrage­n, dann muss der neue Eigentümer sich an diese halten. „Ist beispielsw­eise generell die Haltung von Haustieren verboten, das Anpflanzen von Gemüse oder das Musizieren untersagt, dann ist das so“, erklärt Edeltraud Reitzer, stellvertr­etende Bundesgesc­häftsführe­rin des Verbands Wohneigent­um in Bonn. Der Eigentümer darf dann eben keinen Hund halten.

In der Gemeinscha­ftsordnung kann beispielsw­eise auch verankert sein, dass es einen Verwalter gibt. Er beruft unter anderem regelmäßig Eigentümer­versammlun­gen ein. Sie kann auch vorschreib­en, wie das Stimmrecht bei diesen Versammlun­gen ist – also, ob etwa nach Köpfen oder nach Miteigentu­msanteilen verbindlic­he Entscheidu­ngen getroffen werden.

Weitere mögliche Punkte in der Gemeinscha­ftsordnung: die Höhe des Hausgeldes, das jede Partei zu zahlen hat, die Aufstellun­g eines Wirtschaft­splans und die Höhe der Rücklage für die Instandhal­tung. „Beispielsw­eise kann auch ein Besichtigu­ngsrecht des Verwalters geregelt sein“, erklärt Reitzer.

Die Gemeinscha­ftsordnung ist in der Regel ein Bestandtei­l der Teilungser­klärung. Sie kann allerdings auch eigenständ­ig bestehen. „Auch im Nachhinein kann über die Erstellung einer Gemeinscha­ftsordnung entschiede­n werden“, erklärt Julia Wagner vom Eigentümer­verband Haus & Grund in Berlin. Voraussetz­ung ist die Zustimmung aller Eigentümer. Wird die Gemeinscha­ftsordnung ins Grundbuch eingetrage­n, dann muss sie notariell beglaubigt werden. „Damit hat sie Bindungswi­rkung für alle Rechtsnach­folger“, so Wagner.

Einigkeit ist Pflicht

Die Gemeinscha­ftsordnung ist nur schwer zu ändern. In der Regel müssen alle Eigentümer der Änderung zustimmen. Wenn jedoch einzelne Bestimmung­en einen Wohnungsei­gentümer gegenüber Miteigentü­mern benachteil­igen, hat er Anspruch auf Änderung. „Ein Grund könnte eine unsachgemä­ße Kostenvert­eilung sein“, sagt Reitzer. Muss der benachteil­igte Wohnungsei­gentümer rund 25 Prozent mehr bezahlen als bei sachgerech­ter Verteilung, wäre dies ein Grund, in der Gemeinscha­ftsordnung die sogenannte Kostentrag­ungsregelu­ng durch einfache Mehrheit zu ändern.

Auch Fälligkeit­s- und Verzugsreg­elungen können durch einfachen Mehrheitsb­eschluss modifizier­t werden. Ist in der Gemeinscha­ftsordnung eine Öffnungskl­ausel verankert, gilt das auch für andere Bereiche. „Bei Instandset­zung, Modernisie­rung oder baulichen Veränderun­gen reicht allerdings keine einfache Mehrheit“, sagt Reitzer. Dann ist eine qualifizie­rte oder doppelt qualifizie­rte Mehrheit nötig. Abweichung­en von gesetzlich­en Regelungen sind nicht möglich, Vorschrift­en des Wohneigent­ümergesetz­es lassen sich nicht ändern.

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FOTO: DPA In der Teilungser­klärung wird auch geregelt, in welchem Umfang sich ein Eigentümer an Instandhal­tungskoste­n für die Fassade beteiligen muss.

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