Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Elvis lebt nicht mehr – aber das Stadtfest
Weingarten feiert ein buntes Fest und seine Besucher trotzen jedem Wetter
WEINGARTEN - Zwei Tage lang haben Weingartner Vereine wieder die Innenstadt in eine große Festmeile verwandelt. Und verlässlich hat das Stadtfest-Wochenende wieder für jeden etwas zu bieten. Je nach Gusto können sich Tanzfans an der bunten Boogie-Woogie-Tanzfläche tummeln, über den Flohmarkt schlendern, sich beim öffentlichen Karaoke erproben oder zu Festzelt-Mucke schunkeln. Alles wie immer, alles beim Alten. Selbst das Wetter zeigte – quasi „weingarten-typisch“alle Facetten. Am Samstag nämlich die nasse, am Sonntag dann doch noch die freundliche Seite.
Ungerührt bläst Thomas sein „Hörnle“, und Hans-Peter zuckelt mit der Quetschkommode, während die dicken Regentropfen auf dem Kopfsteinpflaster vor der Bühne hüpfen. Hastig schieben sich im Dämmerlicht ein paar Regenschirme vorbei, suchen Schutz im Zelt am Bären oder vis-a-vis, beim Skiverein Welfen. Dass die drei Musiker vom „Original-Bodensee-Trio“trotz des Wetterpechs nicht den Spaß an ihrer handgemachten Musik verlieren, das klingt aus jedem Ton, und so dudeln sie sich durch „das Weinfest“(sofort korrigiert von Frontman Udo („Stadtfest! In Weingarten! Sorum muss es heißen“) und haben am Samstagabend musikalisch die Hoheit in der leergefegten, regengetränkten Kirchstraße. „L‘amore e la musica“gegen die Regenfront.
Keine 50 Meter weiter drängeln sich auch ein paar Menschen unter dem rot-weißen Dach der AltdorferSchalmeien, ebenfalls im Trockenen kurbelt Paul Füllsack aus seiner Drehorgel Moritaten und Lieder – wie schon immer, die letzten 20 Jahre, wie sich der Drehorgelspieler erinnert. Auch die „Rock Sox“sind Schlimmeres gewohnt als „ein bissle Regen“und hauen ihren unerschrockenen Fans ordentlich die Rock-Oldies um die Ohren. „Take it easy“passt perfekt. Im Zelt der DLRGOrtsgruppe Weingarten mixt das Team in aller Ruhe Cocktails, schließlich hält sich der Besucheransturm in Grenzen. Die aufblasbaren Kinderpools indes, die als Allzweckwaffe gegen Hitzewallungen bei den Stadtfestbesuchern gedacht waren, die bleiben im Mannschaftsbus. Gar komplett zufrieden sieht Ralf Reimann hinter seinen Crepes-Platten aus. Ehefrau Nicole Reimann bestätigt: „Crepes isst man eher, wenn es kühler ist“. Und kühl ist es definitiv, bei 12 Grad um 22 Uhr, am Samstagabend.
„Die planen ihren Sommerurlaub um den Stadtfest-Termin herum.“
Dabei hatte Adolf Mayer-Rosa, Vorsitzender des Stadtfest-Ausschusses, am Vormittag um elf Uhr, während der offiziellen Eröffnung vor dem Rathaus noch gescherzt, die Sonne scheine durchaus. „Halt versteckt hinter den Wolken“. Oberbürgermeister Markus Ewald, der sich – auch schon traditionell – das Mikrofon gegen den redseligen Vorsitzenden beinahe erkämpfen musste, dankte herzlich den unzähligen Ehrenamtlichen aus den Vereinen. „Die planen ihren Sommerurlaub um den Stadtfest-Termin herum und machen das Fest überhaupt erst möglich“, formulierte Ewald seine Wertschätzung. Zur Überraschung aller hievte Ewald anschließend kurzerhand den Stadtfestbesucher Benjamin Strasser in den Stand des Bier-Anstich-Chefs, und tatsächlich machte der auch abseits des Bundestages, wo er für die FDP sitzt, einen tadellosen Job: Nach nur drei saftigen Hammer-Schlägen steckte der Hahn im 30-Liter-Fass und gab zischend seinen Gersten-Inhalt preis.
Nicht des Freibiers wegen, sondern auf der Suche nach FlohmarktSchnäppchen sind die Oberzellerinnen Manuela Hirschel und Tochter Franziska nach Weingarten gekommen. Zum ersten Mal. Und zeigen sich enttäuscht. „Ziemlich übersichtlich“sei das Angebot, sagt die 15-jährige Schülerin. Und das FlohmarktFeeling komme gar nicht so recht auf, seien die Standplätze ja gar nicht alle belegt. „Wir haben uns das voller vorgestellt“, macht Manuela Hirschel ihrer Enttäuschung Luft. Dafür genießen die beiden Damen den kultigen Beat am gut besuchten Tanzboden des Rock’n’Roll-Clubs. Hier fliegen erwartungsgemäß die üppigen Petticoats der Boogie-Woogie-Tänzerinnen, und die Herren federn gekonnt in den Knien.
„Das ist noch richtig tanzen“, schwärmt Manuela Hirschel, und bevor die beiden den Heimweg antreten, bewundern sie noch ausgiebig den weißen Cadillac, der – auch wie immer – abseits des Pavillons steht und wie stets mit einem unauffälligen Aufkleber darauf hinweist, dass „Elvis lebt“. Das darf natürlich bezweifelt werden. Aber das Stadtfest Weingarten, das lebt zweifellos. Vom Engagement der örtlichen Vereine. Und bei jedem Wetter.