Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Bum-Bum war nie sein Ding

Florian Mayer war ein Exot auf der Tennis-Tour – nun hört er auf

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NEW YORK (SID) - Im letzten Match seiner Karriere zeigte Florian Mayer noch einmal sein gesamtes Repertoire, das ihn zu einem einzigarti­gen Exoten auf der Tennistour gemacht hatte. Die eingesprun­genen Rückhandst­ops, seine Volleypiro­uetten und der ansatzlos geschlagen­e Vorhandsli­ce werden im oft eindimensi­onalen Profigehäm­mer fehlen. Davon ist – bei aller Bescheiden­heit – auch Mayer überzeugt. „Die meisten spielen nur Hauruck und BumBum“, sagte er in New York nach seiner letzten Niederlage in der ersten Runde der US-Open: „Da fällt es mir manchmal schwer, zuzuschaue­n.“

Mit Gewalt hat es Mayer nie versucht, dafür fehlte dem Franken auch die Kraft. Aber auch die feine Klinge brachte ihn weit nach vorne, weiter, als er es sich je erträumt hatte. „Ich hätte nie gedacht, dass ich einmal unter den Top 20 stehen würde und ein Turnier wie in Halle gewinnen könnte. Auch die Viertelfin­als in Wimbledon sind tolle Erinnerung­en“, sagte er. Und auch für seine letzte Partie muss er sich alles andere als schämen. Florian Mayer

Zwar unterlag Mayer, 34, dem 13 Jahre jüngeren Kroaten Borna Coric zum Auftakt der US Open 2:6, 2:6, 7:5, 4:6, ärgerte den Favoriten aber ein ums andere Mal und zwang ihn auch körperlich an die Grenze. Die hatte Mayer schon länger erreicht, nur zwei Siege gelangen ihm 2018 auf der ATP-Tour. Die Reise durch die Ten- niswelt, auf der er mehr als 15 Jahre zu Hause war, wollte er sich aber nicht nehmen lassen. „Der Abschied fällt nicht leicht“, gab Mayer zu, „es wird etwas fehlen. Aber irgendwann trifft es jeden, und den Altersproz­ess kann man nicht aufhalten.“

Als junger „Grashüpfer“hatte Mayer 2004 in Wimbledon erstmals auf sich aufmerksam gemacht, an jenem Ort, der seit Boris Becker einen ganz besonderen Klang für die Deutschen hat. Bis in die Runde der besten Acht schnibbelt­e und schaufelte er sich, 2012 wiederholt­e er dieses Kunststück. 2011 in Bukarest gewann Mayer einen Titel auf Sand, 2016, nach langer Verletzung­spause, feierte er seinen größten Erfolg – beim Rasenturni­er im ostwestfäl­ischen Halle.

„Klar ist es traurig, solche Momente nicht mehr erleben zu dürfen, aber ich bin auch erleichter­t. Der Körper wollte nicht mehr, dazu der Druck, die Reiserei.“Mayer ist mit sich und seiner Karriere im Reinen. Selbst bei den US Open, zu denen er wahrlich „keine Liebesbezi­ehung“pflegte, gab es Matches, die Mayer nie vergessen wird. Bei seinem Debüt spielte er den großen André Agassi einen Satz lang an die Wand.

Wie es nun weitergeht? Das weiß Mayer noch nicht genau. Zunächst wolle er zur Ruhe kommen, urlauben, dann entscheide­n, wie es weitergeht. Vielleicht wird er Trainer, „das ist vorstellba­r“. Dann kann er dem Nachwuchs die Alternativ­en zum „Hauruck- und Bum-Bum-Tennis“beibringen.

„Der Abschied fällt nicht leicht. Es wird etwas fehlen.“

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FOTO: DPA Florian Mayer während seines letzten Karrieresp­iels in New York.

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