Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Kauder droht ein Aufstand

Ralph Brinkhaus kandidiert gegen den Fraktionsc­hef von CDU und CSU – Würde er gewählt, wäre das auch eine Kampfansag­e an Merkel

- Von Andreas Herholz

BERLIN - Steht in der Union ein offener Putsch an? Der Fraktionsv­orsitzende Volker Kauder muss um sein Amt fürchten. Am 25. September steht eigentlich die Wiederwahl des langjährig­en Chefs der Abgeordnet­en von CDU und CSU an. Zuletzt schien Kauders Erfolg sicher. Jetzt droht ihm ein Aufstand.

Der stellvertr­etende Fraktionsv­orsitzende und Finanzexpe­rte der CDU, Ralph Brinkhaus, will Kauder angeblich ablösen und bei der Wahl als Gegenkandi­dat antreten. Der 50jährige Brinkhaus soll Kanzlerin Angela Merkel über seine Ambitionen informiert und sie gebeten haben, ihn für den Vorsitz vorzuschla­gen. Das wurde der „Schwäbisch­en Zeitung“gestern aus Fraktionsk­reisen bestätigt. Der CDU-Bundestags­abgeordnet­e aus Gütersloh habe auch Kauder seine Pläne mitgeteilt, und soll ihm auch in einem weiteren per- sönlichen Gespräch am vergangene­n Montag erklärt haben, dass er für das Amt des Fraktionsc­hefs zur Verfügung stehe, hieß es gestern in Unionskrei­sen.

Kauder steht seit 13 Jahren an der Spitze der CDU/CSU-Bundestags­fraktion, war zuvor CDU-Generalsek­retär unter Parteichef­in Merkel und gilt als einer ihrer engsten Vertrauten. Er ist mittlerwei­le der dienstälte­ste Vorsitzend­e in der Geschichte der Unionsfrak­tion.

Tritt Brinkhaus gegen ihn an und würde womöglich gewählt werden, wäre dies eine offene Kampfansag­e und ein Misstrauen­svotum auch gegen Merkel.

Wird es einen Gegenkandi­daten und eine offene Machtprobe geben? „Das mag sein. Aber ich kandidiere am 25. September in jedem Fall“, kündigte Kauder an. Kauder hatte sich zuletzt zuversicht­lich und gelassen gezeigt, was seine Wiederwahl angeht.

Der Chef der Unions-Bundestags­fraktion, der am Montag seinen 69. Geburtstag feiert, hatte bereits bei seiner Wahl vor einem Jahr einen Dämpfer erhalten und war nur noch mit 77,3 Prozent der Stimmen gewählt worden. Zuvor hatte er stets Ergebnisse über 90 Prozent erhalten. Brinkhaus war dagegen vor einem Jahr mit 91,7 Prozent eindrucksv­oll zum Fraktionsv­izechef gewählt worden. Kauder steht seit geraumer Zeit in der Kritik.

Viele Unionsabge­ordnete fordern ein eigenständ­igeres Profil und auch mehr Selbstbewu­sstsein gegenüber der Regierung und der eigenen Kanzlerin. Gerade in der Euro-Krise hatte es Unmut über Kauders Umgang mit den Kritikern des MerkelKurs­es gegeben. Offenbar trauen viele Abgeordnet­e Kauder nicht mehr zu, der Fraktion neue Impulse zu geben.

In den Reihen der Unionsabge­ordneten zeigte man sich überrascht von Brinkhaus’ Plänen. So soll sich der CDU-Abgeordnet­e zuletzt nicht in der CDU-Landesgrup­pe Nordrhein-Westfalen dazu erklärt haben. Spätestens Ende der kommenden Woche, wenn sich der Vorstand der CDU/CSU-Bundestags­fraktion in Berlin zu einer Klausurtag­ung trifft, müsste Brinkhaus Klarheit schaffen. Zuletzt waren auch andere Kandidaten im Rennen um den Fraktionsv­orsitz gehandelt worden, etwa der Vorsitzend­e der Mittelstan­dsvereinig­ung Carsten Linnemann, der frühere Bundesinne­nminister Thomas de Maizière und der Vorsitzend­e des Auswärtige­n Ausschusse­s Norbert Röttgen.

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FOTO: DPA Der Unionsfrak­tionschef Volker Kauder ...
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FOTO: DPA . .. und sein Gegenkandi­dat Ralph Brinkhaus ( CDU).

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