Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Dompteur weist Vorwürfe zurück
Tierschutz-Debatte werde mehr mit Meinungen als mit Argumenten geführt
WEINGARTEN - Der Zirkus Charles Knie feiert heute um 16 Uhr Premiere in Weingarten. Mit rund 150 Tieren und 22 Darbietungen wird der Festplatz in Weingarten bis Sonntag bespielt. Dabei wurde der Zirkus in der Vergangenheit von Tierschützern kritisiert. Alexander Lacey, der Raubkatzendompteur des Zirkus, weist die Vorwürfe zurück und hat dabei sogar einen Experten für Verhaltensforschung bei Tieren auf seiner Seite.
Alexander Lacey teilt seit seiner Kindheit seinen Alltag mit Tigern und Löwen. Das sei viel Arbeit. Jeden Tag beginne er gegen sieben Uhr, wenn er nachschaue, welche Stimmung im Gehege der Raubkatzen vorherrsche, so Lacey. Anschließend müsse er die Großkatzen dann bis zur Fütterungszeit um 9 Uhr mit Übungen beschäftigen. Dabei fresse jedes Tier bis zu 16 Kilo Rindfleisch, Geflügel und Leber. Den Rest des Tages dürften die Tiere dann bis zu den Vorführungen im Freigehege verbringen, während ihre Unterkunft gemistet werde.
Pro Jahr bedeute das Leben in den Gehegen des Zirkus Charles Knie für die Raubkatzen rund 500 Auftritte – und für den Zirkus Auflagen, die es zu erfüllen gilt. Die letzte Kontrolle durch das Veterinäramt liege dabei erst eine Woche zurück, so Patrick Adolph, Pressesprecher des Zirkus. Mit der nächsten Kontrolle rechne er noch dieses Wochenende. Schließlich würden Zirkusse zu den am meisten durch das Veterinäramt kontrollierten Betrieben überhaupt gehören.
James Brückner, Leiter des Referats für Artenschutz beim Deutschen Tierschutzbund, hält es für sinnentleert, wenn ein Zirkus mit häufigen Kontrollen durch das Veterinäramt werbe. In seinen Augen seien die sogenannten Zirkusleitlinien auf deren Einhaltung geprüft werde, veraltet und unzureichend. Für fünf Raubkatzen schreiben diese beispielsweise ein Außengehege von mindestens 50 Quadratmeter vor, in welchen sich die Tiere mindestens vier Stunden am Tag aufhalten dürfen. Für Brückner stellen jedoch schon 200 Quadratmeter für zwei Tiere die Grenze zur Tierquälerei dar. Außerdem könne kein Veterinär gleichzeitig Experte für alle im Zirkus anzutreffenden Tierarten sein.
Lacey, der die Zirkusleitlinien nach eigenen Angaben mehr als ausreichend erfüllt, ärgert sich über solche Aussagen. Bei der Verhandlung über die Leitlinien im Jahr 2000 hätten nämlich auch die Vertreter des Tierschutzes den Zirkusleitlinien zugestimmt, die so detailliert seien, dass jeder Veterinär einen Zirkus überprüfen könne. Darüber hinaus hält er die Aussage, dass die Größe des Geheges für das Wohlbefinden des Tieres verantwortlich sei, für engstirnig. Viel wichtiger sei es, dafür zu sorgen, dass die Tiere ausgelastet seien. Trotzdem habe er gegen Verbesserungen, was die Zirkusleitlinien angehe, oder einen „ordentlichen Dialog“nichts einzuwenden.
„Tierschutzvereinigungen arbeiten mehr mit ihrer Meinung als mit Argumenten“, bemängelt Lacey. Dabei würden wissenschaftliche Befunde seinen Standpunkt bekräftigen. Beispielsweise werde ihnen von Tierschützern oftmals vorgeworfen, dass der häufige Transport zu Stress bei den Tieren führe. Dem stellt der Dompteur eine Studie des Verhaltensbiologen Immanuel Birmelin gegenüber. Laut dieser weisen die untersuchten Tiere zwar nach einem zwölfstündigen Transport einen höheren Stresshormonspiegel auf als vor dem Transport. Lacey zufolge seien die erhöhten Werte allerdings zu niedrig, um von Stress zu sprechen. Auf Rückfrage bestätigte Birmelin diese Einschätzung.
Der Dompteur scheint sich seiner Sache auf jeden Fall sicher: „Wenn der Tierschutz Tiere wirklich liebt, sollten sie froh über meine Arbeit sein.“