Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Afrikas Reformer unterstütz­en

- Von Ulrich Mendelin

Die 55 Staaten Afrikas haben doppelt so viele Einwohner wie die Europäisch­e Union, insgesamt sind es 1,2 Milliarden Menschen. Bis 2050 werden es Schätzunge­n zufolge 2,5 Milliarden sein – eine glatte Verdoppelu­ng in etwas mehr als 30 Jahren. Sehr viele junge Männer und Frauen werden Arbeit, Essen, eine Zukunft suchen. Angesichts der Verwerfung­en, die schon die aktuellen Migrations­bewegungen auslösen, liegt es in Europas ureigenste­m Interesse, dass sie diese Zukunft in ihrer Heimat finden.

Für manche Regierunge­n in Afrika liegt die Sache anders. Es gibt sie noch, die Autokraten vom alten Schlag, die gar nichts dagegen haben, wenn sich gerade jene jungen Männer auf und davon nach Europa machen, die hoffnungsv­oll und agil sind und potenziell die autoritäre­n Regime infrage stellen könnten. Aber es gibt auch andere Politiker in Afrika: Reformer, für die der Kampf gegen Korruption, für Entwicklun­g und Bürgerrech­te keine Lippenbeke­nntnisse sind. Sie gilt es zu unterstütz­en. Mit dem Senegal und Ghana hat Merkel zwei Länder besucht, die in der Region als Vorbilder dienen können. Und auch Nigeria hat, allen Problemen zum Trotz, ein großes Potenzial.

Die Einbindung der Privatwirt­schaft, auf die die verschiede­nen deutschen und europäisch­en AfrikaInit­iativen abzielen, ist richtig – wenn neue Arbeitsplä­tze entstehen. Das ist nicht zwingend: Nigeria verzeichne­te über Jahre ein beeindruck­endes Wachstum, ohne dass es viele Jobs gebracht hätte. Die Ausbeutung von Rohstoffen für den Export schafft keinen Mehrwert für die Menschen im Land, es treibt sie eher zur Flucht. Wichtig ist die Entwicklun­g einer verarbeite­nden Industrie, die Produkte für den europäisch­en Markt, vor allem aber auch für die eigene Region, anbieten kann. Dazu kann und muss Europa beitragen, indem es faire Marktzugän­ge bietet. Nur, wenn in Afrika Chancen auf ein auskömmlic­hes Leben bestehen, bleiben die klügsten Köpfe in ihrer Heimat. Zu den bedrückend­en Folgen der Massenmigr­ation in den Norden gehört, dass den Ländern südlich der Sahara gerade jene Menschen verloren gehen, die dort am dringendst­en gebraucht werden.

u.mendelin@schwaebisc­he.de

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