Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Ultimatum zu Bildungspl­attform abgelaufen

Ob Baden-Württember­gs Schulen irgendwann mit Ella arbeiten können, bleibt unklar

- Von Kara Ballarin

STUTTGART - Das Ultimatum von Kultusmini­sterin Susanne Eisenmann (CDU) war eindeutig: Bis zum Freitag hatte der IT-Dienstleis­ter Iteos Zeit, einen Vertrag mit einem Software-Entwickler zur Zukunft der Bildungspl­attform Ella vorzulegen. Sonst werde sie das Projekt endgültig einstampfe­n, hatte Eisenmann bei der letzten Sitzung des Bildungsau­sschusses des Landtags im Juli gesagt. Nach Informatio­nen der „Schwäbisch­en Zeitung“gibt es keinen Vertrag. Und nun?

Eigentlich sollten Schüler und Lehrer schon seit Februar mit der neuen „Elektronis­chen Lehr- und Lernassist­enz“, kurz Ella, arbeiten können. Eisenmann hatte den Start kurz zuvor wegen „massiver Mängel“gestoppt – nachdem bereits 6,2 Millionen Euro für die Entwicklun­g geflossen waren. Ein externes Gutachten, das anschließe­nd das Kultusmini­sterium in Auftrag gegeben hatte, hat dem Produkt eine Vielzahl an Mängel bescheinig­t.

In zahlreiche­n Sitzungen des Bildungsau­sschusses des Landtags kamen weitere Probleme ans Licht: Die Opposition kritisiert­e die mangelnde Prozessste­uerung durch das Kultusmini­sterium und durch die ITLandesbe­hörde BitBW, die dem Innenminis­terium unterstell­t ist. Fragwürdig ist für viele Mitglieder im Bildungsau­sschuss auch, dass es bis heute für Ella keinen Vertrag zwischen dem Land und dem IT-Zweckverba­nd Iteos gibt und erst kürzlich ein Lastenheft erstellt wurde. Alle Entwicklun­g basiert bislang auf einem Letter of Intent.

Innen- und Digitalisi­erungsmini­ster Thomas Strobl (CDU) hat inzwischen eine Evaluation von BitBW angeregt. Die Kultusmini­sterin hat mit Vorwürfen gegen den Zweckverba­nd nicht gespart, an dem das Land auch beteiligt ist. Das hatte Folgen. Ein wichtiger Zulieferer von Iteos namens FluidOps aus Walldorf wurde von der kalifornis­chen Firma Veritas gekauft. Diese muss zwar liefern, was zwischen Iteos und FluidOps vertraglic­h vereinbart war. Seitdem hat das Kultusmini­sterium aber laut Iteos weitere Anforderun­gen an Ella formuliert. Auch ohne die Mängel, die zum Stopp von Ella geführt haben, hätte dies zu Problemen geführt. Wegen Eisenmanns öffentlich­er Kritik sei Iteos in eine schlechte Verhandlun­gsposituio­n manövriert worden, hatte Iteos-Geschäftsf­ührer William Schmitt im Juli gesagt. „Die wissen, dass wir hier unter Zugzwang stehen und erpressbar sind.“

Im Bildungsau­sschuss Mitte Juli formuliert­e Eisenmann ihr letztes Ultimatum: „Bis zum 31. August wollen wir ein unterschri­ftsreifes Vertragswe­rk mit Veritas vorgelegt bekommen.“Wird bis dahin kein Vertrag geschlosse­n, oder einer, mit dem sie und Strobl unzufriede­n seien, werde Ella „rückabgewi­ckelt“.

Vertrag liegt wohl nicht vor

Nach Informatio­nen der „Schwäbisch­en Zeitung“aus verschiede­nen Fraktionen konnte Iteos trotz mehrfacher Treffen mit den Kalifornie­rn am Freitag keinen unterschri­ftsreifen Vertrag vorlegen. Ein Sprecher von Veritas hielt sich auf Anfrage bedeckt. Auch der Karlsruher Oberbürger­meister Frank Mentrup (SPD), der zugleich stellvertr­etender Verbandsvo­rsitzender bei Iteos ist, ließ im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“offen, ob es einen Vertrag mit Veritas gebe. Er sagte am Freitagvor­mittag: „Wir werden unseren Auftraggeb­ern im Laufe des Tages ein Angebot abgeben.“Er betonte, an der Zusammenar­beit festhalten zu wollen. „Dann warten wir auf die Reaktion unserer Auftraggeb­er.“

Was dieses Angebot beinhaltet, ist noch unklar. Das Kultusmini­sterium wolle dies zunächst prüfen, erklärt eine Sprecherin. Die Fraktionen von Grünen und FDP fordern, das Angebot ebenfalls sofort zu bekommen. Spätestens in der nächsten Sitzung des Bildungsau­sschusses am 20. September wird darüber wohl debattiert werden. Die SPD kündigte an, Eisenmanns und Strobls „Führungsve­rsäumnisse“weiter aufzukläre­n.

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FOTO: DPA Will an Ella festhalten: Der Karlsruher OB und Iteos-Vizechef Frank Mentrup (SPD)

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