Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Ende der Zeitumstellung in Sicht
Mediziner, Lehrer und Landwirte begrüßen Vorhaben
RAVENSBURG - Nach dem deutlichen Ergebnis einer erst als nicht bindend angekündigten Umfrage zur Zeitumstellung, will die EU-Kommission den Wechsel zwischen Sommerund Winterzeit abschaffen. Die Brüsseler Behörde kündigte am Freitag einen entsprechenden Gesetzesvorschlag an. Viele, die bisher von der Zeitumstellung besonders betroffen waren, begrüßen diesen Vorstoß.
Das sagen Ärzte:
Italienische Forscher haben herausgefunden, dass das Herzinfarktrisiko nach der Umstellung auf die Sommerzeit steigt. Doch auch die Gefahr, an Depressionen zu erkranken, sei durch Störungen des Schlaf-wachRhythmus’ größer, sagt Günther Wiedemann, Chefarzt der Klinik für Innere Medizin am Ravensburger St. Elisabethen-Klinikum. „Jede Einflussnahme auf menschliche Rhythmen hat eine Konsequenz“, erklärt der Mediziner – wie bei einem Jetlag oder Schichtarbeit. Die Umstellung auf die Sommerzeit sei eine „zwangsverordnete Störung“des Schlafwach-Rhythmus, wie der Internist sie nennt. Über Monate stelle der Körper sich auf einen bestimmten Zyklus ein. Wenn der Mensch nach der Zeitumstellung zu einer Zeit wach wird, in der er normalerweise noch schlafen würde, schüttet der Körper laut Wiedemann früher Stresshormone aus. Das wichtigste Stresshormon Cortisol werde wiederum durch Melatonin unterdrückt. Dieses werde freigesetzt, wenn es dunkel ist. Es sorgt dafür, dass Herzfrequenz und Blutdruck sinken und die Körpertemperatur herunterfährt. Die Zeitumstellung bringe dieses System durcheinander. „Sie hat keinen Nutzen. Die Abschaffung ist daher sinnvoll“, so Wiedemann.
Das sagen Lehrer:
„Ein Ende der Zeitumstellung ist aus unserer Sicht durchaus zu begrüßen“, sagt Heinz-Peter Meidinger, Präsident des deutschen Lehrerverbands und Schulleiter am Deggendorfer RobertKoch-Gymnasium. Das sei Konsens im Kollegium. Allerdings nur dann, wenn auf die bisherige Winterzeit umgestellt würde, die sich nach dem Verlauf der Sonne richtet. „Wichtig ist uns, dass es in der Früh nicht stockdunkel ist, wenn die Kinder zur Schule kommen“, so Meidinger. Ein Schulbeginn vor Sonnenaufgang sei aus Sicherheitsgründen und wegen des Verkehrs am frühen Morgen für Schüler, Eltern und Lehrer bedenklich.
Das sagen Tierärzte und Landwirte:
Die Zeitumstellung ist zwar menschengemacht, aber auch Tiere mussten sich zweimal im Jahr umstellen. Und das nicht ganz problemlos: „Mit der Zeitumstellung hatten vor allem Nutztiere ein Problem – etwa mit wechselnden Melk-Zeiten, unter denen sie nicht unerheblich litten“, sagt Petra Sindern, Vizepräsidentin des Bundesverbands Praktizierender Tierärzte. Haustiere seien vor allem durch veränderte Aufsteh- und Fütterungszeiten verwirrt worden. Ob dauerhaft auf Sommer-oder Winterzeit umgestellt würde, sei für die Tiere unerheblich. „Hauptsache die ständigen Wechsel fallen weg.“Landwirte seien von der bisherigen Umstellung kaum betroffen gewesen, sagt Ariane Amstutz, Pressesprecherin des Landesbauernverbandes in Baden-Württemberg. Allerdings sei es für die Tiere „natürlich am einfachsten, wenn die Zeit zum Melken immer wieder gleich ist“.
Das sagt die Energiewirtschaft:
Eigentlich galt die Zeitumstellung einmal als Energiesparmaßnahme. Die Einführung wurde einst unter anderem damit begründet, dass dank mehr Sonnenstunden der Stromverbrauch gesenkt werden könne. Die