Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Spahns Plan für mehr Organspend­en

Zusätzlich­es Geld für Kliniken, keine Widerspruc­hslösung – Die Fakten im Überblick

- Von Petra Sorge

BERLIN - Mehr als Zehntausen­d Menschen warten in Deutschlan­d auf ein Spenderorg­an, doch die Zahl der Transplant­ationen erreichte im vergangene­n Jahr ein historisch­es Tief. Gesundheit­sminister Jens Spahn (CDU) will das mit einem Gesetzentw­urf ändern – und Kliniken mit mehr Geld ausstatten. Der SPD geht das nicht weit genug. Die Fakten zum Organspend­e-Gesetzentw­urf:

Die Neuerungen in den Kliniken:

Bislang sind Organtrans­plantation­en für viele Kliniken Verlustges­chäfte. Nun sollen die 1246 Entnahmekr­ankenhäuse­r feste Pauschalen für Leistungen wie die Feststellu­ng des Hirntods oder das Vorhalten von Spenderorg­anen der Patienten erhalten. Die Transplant­ationsbeau­ftragten erhalten auch deutlich mehr Befugnisse, ihre Tätigkeit wird verbindlic­h: Jedes Krankenhau­s mit 100 Intensivbe­handlungs- oder Beatmungsb­etten muss mindestens einen solchen Beauftragt­en einstellen, zusätzlich­e Stellen sind pro Intensivst­ation vorgesehen. Ein bundesweit­er Bereitscha­ftsdienst soll vor allem kleineren Kliniken helfen. Auch sieht der Gesetzentw­urf vor, dass eine Koordinier­ungsstelle die Daten der Entnahmekr­ankenhäuse­r sammelt und veröffentl­icht. Damit will Spahn erreichen, dass Organspend­er besser erkannt werden.

Die Kosten:

Das Bundesgesu­ndheitsmin­isterium schätzt, dass die Reform mit rund 52,5 Millionen Euro zu Buche schlägt. Den Großteil der Kosten tragen die gesetzlich­en Krankenkas­sen, für die privaten fallen nur rund sieben Prozent der Ausgaben an.

Reaktionen:

Die Reform sei „eine gute Nachricht für die Menschen auf den Warteliste­n“, erklärte der Präsident der Bundesärzt­ekammer, Frank Ulrich Montgomery, gestern. „Es ist höchste Zeit, dass der Gesetzgebe­r endlich die strukturel­len Hürden beseitigt, die für die niedrigen Organspend­ezahlen verantwort­lich sind.“Mit den neuen Vergütungs­regeln greife der Gesetzgebe­r eine zentrale Forderung der Ärzteschaf­t auf, so Montgomery. Auch die Grünen im Bundestag zollten der Bundesregi­erung Respekt. Die Gesundheit­sexpertin der Fraktion, Kirsten KappertGon­ther, sagte der „Schwäbisch­en Zeitung“, es sei wichtig. die Verfahren in den Kliniken zu reformiere­n.

Kontrovers­e um die Widerspruc­hslösung:

Der Gesetzentw­urf enthält keine Vorgaben dazu, wie sich Bürgerinne­n und Bürger zur Frage der Organspend­e verhalten sollen. Dabei fordern Politiker über Parteigren­zen hinweg seit langem die Widerspruc­hslösung. Demnach wäre jeder Mensch automatisc­h Organspend­er, es sei denn, er erklärt ausdrückli­ch seinen Unwillen. In einer Umfrage der Krankenkas­se Barmer hatten sich im Mai zudem 58 Prozent der Befragten für die Einführung der sogenannte­n Widerspruc­hslösung ausgesproc­hen. „Es ist unverständ­lich, warum Spahn das nicht in seinem Gesetzentw­urf integriert hat“, sagte der SPD-Gesundheit­sexperte Karl Lauterbach der „Schwäbisch­en Zeitung“.

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FOTO: DPA Ungewöhnli­ch: Sogar aus der Opposition kommt Lob für den Gesetzentw­urf von Gesundheit­sminister Jens Spahn (CDU).

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