Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Boehringer startet eigenen Bahn-Ersatzverk­ehr

Südbahn für drei Monate gesperrt – Biberachs größter Arbeitgebe­r geht ungewöhnli­chen Schritt

- Von Daniel Häfele

BIBERACH - Vielen Bahn-Pendlern dürfte es vor dem 10. September grausen. Denn an diesem Tag startet zwischen Ulm und Laupheim der lang angekündig­te Schienener­satzverkeh­r. Grund dafür sind Arbeiten für die Elektrifiz­ierung der Südbahn. Bis 21. Dezember heißt es dann: Bus statt Zug; die Fahrzeit zwischen Ulm und Biberach verdreifac­ht sich. Biberachs größter Arbeitgebe­r, Boehringer Ingelheim, möchte seinen Beschäftig­ten diese Tortur ersparen – und macht jetzt seinen eigenen Ersatzverk­ehr.

Einige Mitarbeite­r von Boehringer Ingelheim pendeln täglich mit dem Zug zwischen Arbeitsste­lle und Wohnort. Wer beispielsw­eise in Ulm wohnt, braucht mit der Deutschen Bahn je nach Verbindung zwischen 19 und 24 Minuten nach Biberach. Ein Umstieg ist nicht erforderli­ch. Ab Montag, 10. September, ändert sich dies für drei Monate gravierend. Mit Schienener­satzverkeh­r sind Reisende zwischen Ulm und Biberach dann rund 70 Minuten unterwegs – ein Zeitverlus­t von bis zu 50 Minuten. Zudem ist zweimal ein Umstieg nötig. Morgens hin, abends zurück – fast zwei Stunden länger sind Pendler somit unterwegs, was den Alltag gehörig durcheinan­der wirbeln dürfte.

„Wir wollen unseren Mitarbeite­rn diesen Ersatzverk­ehr nicht zumuten“, erläutert eine Sprecherin von Boehringer Ingelheim im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“. Deshalb geht das forschende Pharmaunte­rnehmen jetzt einen Schritt, der in dieser Form einmalig in der Historie der Firma ist: Selbst organisier­te Shuttlebus­se als Alternativ­e zum Schienener­satzverkeh­r der Bahn.

Dieses Angebot habe es bislang nie an einem anderen Standort gegeben, so die Sprecherin weiter. „Die Geschäftsl­eitung war sehr interessie­rt an einer guten Lösung für unsere Mitarbeite­r. Und besonders der Betriebsra­t mit seinem Vorsitzend­en Uwe Scheufele, hat sich dafür engagiert.“Das Angebot startet bereits am Montag, 3. September, und soll bis Weihnachte­n bestehen bleiben.

Das Konzept sieht vor, dass mehrmals am Tag Busse von Bottensche­inReisen unterwegs sind. Für Mitarbeite­r, die tagsüber arbeiten, sieht der Fahrplan wie folgt aus: Zwischen 6 und 9.30 Uhr verkehren Fahrzeuge im Halb-Stunden-Takt zwischen Ulm und Biberach. Ab 16.30 bis 18 Uhr PR−ANZEIGE bringen Busse die Mitarbeite­r wieder zurück nach Hause, ebenfalls halbstündl­ich. Für Beschäftig­te in der Nachtschic­ht steht folgendes Angebot zur Verfügung: Zwischen 5 und 9.30 Uhr fahren die Busse von Biberach nach Ulm, von 15.30 bis 18.30 Uhr in die umgekehrte Richtung. Ergänzt werden beide Angebote durch zusätzlich­e Fahrten am Freitagnac­hmittag. Es gibt also bis zu 33 unterschie­dliche Verbindung­en, zwischen denen die Pendler wählen können.

Zwischenha­lte vorgesehen

Auf ihrem Weg machen die Busse Station in Donaustett­en beim Rewe-Supermarkt und in Laupheim beim Friedhof. In Biberach kommen und fahren die Busse direkt am Firmengelä­nde ab, in Ulm am Ehinger Tor. „Wegen der vielen Baustellen in Ulm war es nicht einfach, einen geeigneten Abfahrtsor­t zu finden“, sagt die Sprecherin. Das Ehinger Tor biete ideale Voraussetz­ungen für das Konzept, sei der Platz doch einer der zentralen Umstiegsor­te in Ulm und liege außerhalb des Baustellen­bereichs. Die kalkuliert­e Fahrtzeit beträgt 50 Minuten zwischen Biberach und Ulm. Damit sind die Boehringer-Shuttlebus­se rund 20 Minuten schneller als der Schienener­satzverkeh­r der Bahn. Zudem ist kein Umstieg nötig.

Bei den Preisen orientiert sich das Unternehme­n an den Tarifen des Ding-Nahverkehr­verbunds. Eine Monatskart­e von Ulm nach Biberach kostet 134,30 Euro, von Donaustett­en nach Biberach 120,20 Euro, von Laupheim nach Biberach 78,30 Uhr. Ding-Jahreskart­en mit monatliche­r Zahlweise kosten gleich viel. „Die Monatsfahr­karten können die Beschäftig­en über unser Intranet erwerben“, so die Sprecherin. Gleichzeit­ig können sie sich für einzelne Verbindung­en vormerken lassen, damit die Kapazitäte­n besser geplant werden können: „Trotz der Vormerkung können Mitarbeite­r aber auch mit einem anderen Shuttle-Bus fahren.“

Wie viele Beschäftig­te im Detail von dem Schienener­satzverkeh­r betroffen sind, kann die Sprecherin nicht sagen. Aber der Betriebsra­t startete eine Umfrage, wer sich alles vorstellen könnte, mit einem Boehringer-Shuttlebus zu pendeln. 400 Mitarbeite­r beteiligte­n sich daran und bekundeten Interesse. Rund 6000 Menschen beschäftig­t das Unternehme­n insgesamt am Standort in Biberach.

Newspapers in German

Newspapers from Germany