Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Üppige Ernte bringt Obstbesitzer zum Nachdenken
Wer Schnaps brennen lassen will, muss strenge Vorschriften beachten – Experten geben Auskunft
LEUTKIRCH - Mildes Frühjahrswetter, keine Nachtfröste während der Blütezeit sowie jede Menge fleißige Bienen haben heuer für eine üppige Obsternte gesorgt. Hohe Auflagen und eine nicht zu unterschätzende Alkoholsteuer lassen Privatleute darüber nachdenken, wie sie ihre Früchte wie Mirabellen oder Zwetschgen verwerten können.
Obstbäume und Beerensträucher hängen voll und reife Früchte müssen geerntet werden. Ein Umstand, der viele Besitzer vor die Qual der Wahl stellt: Gibt es Marmelade, lass ich Schnaps brennen oder verschenke ich meine Ernte einfach? Obst in Hochprozentiges umzusetzen ist jedenfalls nicht nur die teuerste, sondern auch die komplizierteste Variante, weiß Claudia Metzler, Vorsitzende des Verbandes der Klein- und Obstbauern Südwürttemberg/Hohenzollern.
„Wer Obst brennen lässt, muss nicht nur Alkoholsteuer bezahlen, sondern auch strenge Vorschriften beachten“, erklärt die Expertin. Hinzu kämen Brennkosten, die den einen oder anderen Stoffbesitzer davon abhalten würde, seine eigenen Früchte brennen zu lassen. Wer 100 Liter Maische aus Zwetschen, das entspricht einem Gewicht von 108 Kilogramm, zum Brennen gibt, muss bei einem Ausbeutesatz von 4,6 Liter Alkohol (dieser ist bei den verschiedenen Obstsorten, wie Äpfel, Birnen, Pflaumen oder Mirabellen unterschiedlich) bei 100 Litern Maische sowie einem Steuersatz von 10,22 Euro pro Liter Alkohol mit einem Steuerbetrag von 47,01 Euro rechnen.
„Je nach Qualität und Reife können Zwetschen deutlich über der angegebenen Ausbeute liegen und somit das Betriebsergebnis verbessern“, so Metzler und erläutert: „Sicherlich fallen Kosten an, dafür erhalten die Auftraggeber jedoch auch ein hochqualitatives und langanhaltendes Produkt aus ihren eigenen Früchten“. Eine Aussage, mit der die Expertin nicht ganz unrecht hat, denn Verwendungsmöglichkeiten gibt es genügend.
„Eigentlich sind mir die Kosten, die ich bezahlen muss, um meine Zwetschen brennen zu lassen zu teuer. Ich habe auch schon viel an Freunde und Bekannte verschenkt, dennoch ist immer noch viel übrig geblieben. Und da ich meine restlichen Zwetschgen nicht verkommen lassen möchte, gebe ich die halt zum Brennen“, sagt Hannelore Probst aus Leutkirch, die gerne mal Hochprozentiges, abgefüllt und in hübsch dekorierten Fläschchen zum Geschenk macht.
Das sieht auch Hermine Miller so, die gemeinsam mit ihrem Mann Erhard sowie ihrem Sohn Ralf in Nannenbach eine Schnapsbrennerei betreibt: „Die Stoffbesitzer rümpfen schon immer wieder die Nase, wenn sie hören, was das kostet.“Dafür gebe es aber auch einen absolut guten Brand aus eigenem und somit regionalen Obst. Es sei ein Produkt, das lange halte und vielfach als heimisches Obstwasser unter anderem in der Küche verwendet werden könne.
Gerlinde Schweigert, Vorsitzende des Leutkircher Obst- und Gartenbauvereins, möchte ebenfalls nichts wegschmeißen: „Mir macht die Alkoholsteuer nichts aus, denn sonst müsste ich unser übriges Obst, das eh keiner mehr will, entsorgen. Deshalb bezahle ich die Steuer, denn mir ist es einfach wichtig, meine eigenen Zwetschen und Mirabellen sinnvoll zu verwerten.“ Wer sich für die Schnapsbrennerei interessiert oder Fragen dazu hat, kann sich bei Claudia Metzler, Vorsitzende des Verbandes Klein- und Obstbauern Südwürttemberg/Hohenzollern, unter Telefon 07520 / 91100 melden. Auskunft gibt es auch bei der Schnapsbrennerei Miller in Nannenbach unter Telefon 07561 / 3055.