Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Satte Ernte

Trauben sind dieses Jahr besonders süß und von Schädlinge­n verschont geblieben

- Von Jonas Schmitt

Weingarten erwartet mehr Wein und einen Saft von besserer Qualität.

WEINGARTEN - Auf dem Weingarten­er Martinsber­g steht eine reiche Weinlese bevor. Außerdem freuen sich die Weinbergfr­eunde in diesem Jahr über besonders süße Trauben. Das liegt vor allem am sonnigen Wetter und der Pflege, die die Weinreben dort von den ehrenamtli­chen Helfern genießen. Bereits Mitte September soll die Weinlese beginnen, früher als im Vorjahr.

Rund 400 Weinstöcke der Sorten Johanniter und Merzling stehen vor und hinter der Basilika in Weingarten. Aus Gründen des Denkmalsch­utzes wachsen sie hier traditione­ll am Einzelpfah­l. Das bedeutet, jede Rebe steht an einem eigenen Pfahl, über dem ihre Ausläufer in Herzform zusammenge­bunden werden. Die Ernte bei dieser Anbauform ist besonders aufwendig, sagt Günter Staud, der sich selbst als „Weinbaudir­ektor auf Lebenszeit“bezeichnet.

Tradition habe dabei nur der Anbau am Einzelpfah­l des Weinbergs. Dieser gehört nämlich nicht der Stadt, sondern dem Land. Als Pacht entrichte die Stadt Weingarten noch den „Zehnten“, sie gebe also ein Zehntel des Ertrags, der auf dem Grundstück erwirtscha­ftet wird, ab, erklärt Staud.

Insgesamt 850 Rebstöcke

Noch einmal rund 400 Rebstöcke wachsen versteckt im ehemaligen Gemüsegart­en und Klausurber­eich des Klosters Weingarten. „Hier gedeiht er prächtig“, so Staud. Da der Denkmalsch­utz nur den sichtbaren Bereich, in dem schon früher Wein angebaut wurde, betreffe, dürfe im Klausurber­eich mit einer modernen Drahtanlag­e gearbeitet werden. Gepflegt werden die Weinstöcke von acht ehrenamtli­chen Weinbergfr­eunden.

Sie müssen regelmäßig zwischen den in Reihe stehenden Reben Rasen mähen und die Pflanzen zurückschn­eiden. Außerdem sei dieses Jahr ein „Entlastung­sschnitt“vorgenomme­n worden. Dabei seien an jedem Stock rund ein Viertel der Beeren aus der Traube entfernt worden, um den verbleiben­den Weinbeeren mehr Platz zum Wachsen zu geben.

Trotz des Entlastung­sschnitts rechnet Staud mit einem bis zu 750 Liter starken Jahrgang 2018. Im Vorjahr waren es durch Frost bedingt nur 350 Liter. Auch der Zuckergeha­lt der Trauben, der in Öchsle gemessen wird und von dem später die Qualität des Weines abhängt, sei vielverspr­echend.

Süßer als im Vorjahr

Bisher liegt der Zuckergeha­lt bei einem Wert von 82 Öchsle und damit bereits höher als bei der Ernte im Vorjahr. Bei der vorherigen Weinlese in der letzten Septemberw­oche, lag man auf dem Martinsber­g bei ungefähr 75 Öchsle. Aktuell seien die Trauben durch die anhaltende Sommerwitt­erung nicht nur süßer, sondern auch frei von Pilz- und Schädlings­befall, so Gerhard Wirbel, einer der Weinbergfr­eunde.

Ungeachtet der bevorstehe­nden reichen Ernte wird man den Wein „Weingarten­er Martinsber­g“beim Händler nicht finden: „Der Wein wird überhaupt nicht verkauft. Er ist ein städtische­s Repräsenta­tionsgesch­enk des Oberbürger­meisters und des Weinbaudir­ektors“, erklärt Staud.

Mit der Lese möchten die Weinbergfr­eunde Mitte September beginnen, zwei Wochen früher als im Vorjahr. „Das hängt aber auch noch vom Wetter ab und von den Umständen vor Ort beim Winzer, der uns den Tag nennt“, erklärt Wirbel. Nur so könne sicher gegangen werden, dass die Trauben noch am selben Tag weitervera­rbeitet werden. Gekeltert werde der Cuvée vom Weingut Dilger in Bermatinge­n.

Bis dahin hoffen die Weingarten­er Weinbergfr­eunde, dass den Trauben noch der ein oder andere Sonnentag bevorsteht und kein Hagel die Ernte zunichtema­cht. Gewissheit für einen guten Jahrgang gebe es erst, „wenn er im Fass ist“, so der Weinbaudir­ektor Günter Staud.

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FOTO: DPA/SWEN PFÖRTNER
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FOTO: JONAS SCHMITT 82 Öchsle messen die Weinbergfr­eunde. Gemessen wird mit einem sogenannte­n Handrefrak­tometer (von links): Gerhard Wirbel, Susanne und Uwe Stürmer, Günter und Ursula Staud, Michael Linse.

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