Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Essen für Kinder selbst gemacht
Chicken Nuggets, Pommes, Nudeln: Eltern können sie mit wenig Aufwand gesund zu Hause kochen
BERLIN/PÖCKING (dpa) - Wer im Restaurant auf der Speisekarte bis zum Punkt „Kindergerichte“blättert, findet dort in 99 Prozent der Fälle die üblichen Verdächtigen: Nudeln mit Tomatensoße, Pommes mit Würstchen und Chicken Nuggets. Die meisten Kinder macht man damit glücklich.
Doch was, wenn sich Sohn oder Tochter diese Dinge auch zu Hause ständig wünschen? Klar gibt es diese Gerichte auch tiefgefroren oder zum Anrühren zu kaufen. Aber lässt sich das nicht auch schnell selbst kochen, mit weniger Zusatzstoffen und so, dass es den Kindern trotzdem schmeckt?
Es gibt viele Kochbuchautoren und Köche, die sich aufs Familienessen spezialisiert haben und diese Fragen ganz klar mit „Ja“beantworten. Nicola Alferi (Foto: Andrea Schick-Zech) ist eine davon. Sie bietet Kochkurse für Kinder an und hat gemeinsam mit ihrer Kollegin Juliana Morelli Bell ein Rezeptbuch für Kinder geschrieben.
Für eine Tomatensoße nimmt sie nur ein paar Zutaten: Sie püriert Fleischtomaten, für vier Personen nimmt sie acht Stück. Dann kommen Salz und Pfeffer dazu, schließlich ein Esslöffel Tomatenmark. „Für die Süße und Milde rasple ich dann noch zwei kleine Karotten rein und lasse sie mitköcheln“, sagt Alferi.
Ihre Chicken Nuggets haben den Vorteil, dass Kinder auch noch gerne beim Vorbereiten mithelfen: Sie nimmt Hühnchen, dippt die Teile in mit Salz und Pfeffer gewürzten Joghurt und wälzt sie dann in ungesüßten Cornflakes: „Am besten gibt man die in eine Tüte und die Kinder zerdrücken sie mit ihren Fäusten.“Dann kommen die Teile für 20 Minuten in den Ofen – fertig. Wer kein Fleisch nehmen möchte, wandelt das Rezept einfach mit Fisch ab.
Köchin Sarah Wiener tut sich schwer mit Gerichten, die standardmäßig als „Kinderessen“deklariert werden. „Wir gehen reflexartig davon aus, dass Kinder nur einige wenige Speisen essen wollen – Pizza, Nudeln und so weiter. Das liegt aber oft nicht an den Kindern, sondern an uns und unserem beschränkten Angebot für sie.“Oft bieten ihnen Erwachsene immer wieder dasselbe an, so dass Kinder gar nicht erst in die Verlegenheit kommen, Lust auf etwas anderes zu bekommen.
Eine ihrer vielen Geheimwaffen sind Bulgur und Couscous als Basis. „Da gibt man einfach dazu, was jeder möchte: Würstchen, Ei, Gurke und Tomate.“Auch ein schnelles
Hummus ist was für Kinder: Dafür weicht Wiener Kichererbsen über Nacht ein, kocht sie morgens und verfeinert das Ganze mit Knoblauch, Ge- würzen, Oliven
und Schwarzkümmel. „Das schmeckt toll zu getoasteten Brotscheiben.“
Sarah Wieners Erfahrung nach ist es am besten, Kinder beim Essen so viel wie möglich mitentscheiden und auch herumexperimentieren zu lassen. So haben die Kleinen Erfolgserlebnisse. Außerdem rät sie Erwachsenen, nicht gleich aufzugeben: „Die ganze Karotte ist vielleicht zu viel, aber klein geschnitten mit einem Dip finden die Kinder es lecker.“Was Eltern oft vergessen: Kinder müssen bis zu zehn Mal ein Lebensmittel
probieren, bis sie es endlich mögen.
Manchmal liegt es auch an der Konsistenz, sagt Vanessa von Hilchen (Foto: Chiara Doveri /Gräfe und Unzer). Ihr fünfjähriger Sohn schiebt gekochte Rote Bete gerade angewidert von sich, püriert in Hummus oder fein gehackt im Wrap isst er sie aber immer noch gern. Von Hilchen ist Bloggerin und hat ein Kochbuch mit vegetarischen Gerichten für Kinder geschrieben.
Von Hilchen hat zum Beispiel ein Rezept für Kinder-Ketchup, der ohne weißen Zucker auskommt, aber
trotzdem süß schmeckt. Für 150 Gramm nimmt sie fünf gehäufte Esslöffel Tomatenmark, gibt zwei Esslöffel Ahornsirup, einen Esslöffel Apfelessig, einen Teelöffel Paprika edelsüß sowie einen halben Teelöffel Curry hinzu. Schließlich vermengt sie die Masse mit einer Prise Piment und etwas Meersalz.
Das Ketchup passt wiederum perfekt zu den Ofen-Pommes von Nicola Alferi: Dafür schneidet sie Kartoffeln in Stifte, gibt sie mit zwei Esslöffel Öl, einem Teelöffel Salz sowie einem Teelöffel Paprikapulver in eine Schüssel und vermengt alles mit den Händen. Damit sie schön knusprig werden, sollten die Pommes genügend Platz nebeneinander auf dem Blech haben. Nach 20 bis 25 Minuten bei 200 Grad Umluft sind die OfenPommes fertig.
Auch das Dessert muss nicht fertig aus dem Kühlregal stammen. Wem die gesüßten Joghurts aus dem Supermarkt ein Dorn im Auge sind, kann Kindern eine Variante mit weniger Zucker anbieten. Alferi rührt für ihre „Fruchtwichtel“Quark, griechischen Joghurt und etwas flüssigen
Honig cremig. Dann püriert sie Früchte mit etwas Vanillezucker und schichtet das Ganze abwechselnd mit der Quarkmischung in Gläser.
Auch wenn Vanessa von Hilchen in ihrem Kochbuch klassische Kindergerichte abwandelt, versucht sie, ihrem Sohn in Sachen Essen nichts vorzuschreiben: „Wenn er im Restaurant gern Chicken Nuggets und Pommes essen möchte, bekommt er sie auch.“Alles andere sei übergriffig und kontraproduktiv. Sie setzt darauf, dass ihn das Essen zu Hause stärker prägen wird.