Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Ryanair-Piloten bleiben am Boden
Mitarbeiter wollen mehr Lohn – Billig-Airline droht Streikenden mit Entlassung
FRANKFURT/DUBLIN (dpa) - Im neuerlichen Streik bei der Fluggesellschaft Ryanair zeichnet sich ein harter Arbeitskampf ab. Anders als bei der ersten Streikrunde im August sind auch Flüge in Deutschland betroffen. Wie genau, wissen die Passagiere bis gestern noch nicht. Man werde versuchen, den kompletten Flugplan zu erfüllen, kündigte das Unternehmen an. Informationen zu Ausfällen will die Airline per Mail und SMS verbreiten. Kunden könnten zudem ihre Verbindungen kostenfrei auf die Tage Donnerstag bis Sonntag umbuchen. Flüge von und nach Memmingen sollten planmäßig stattfinden, hieß es gestern Abend.
Der Billigflieger konterte die Streikankündigungen der Gewerkschaften Vereinigung Cockpit (VC) und Verdi mit Drohungen. Sollten die Streiks weitergehen, könnten von kleineren deutschen Standorten Jobs für Piloten und Flugbegleiter wegfallen, erklärte Marketing-Chef Kenny Jacobs in einer Mitteilung an die Passagiere. Jacobs machte die Vereinigung Cockpit für die Pleite von Air Berlin verantwortlich. Die Pilotengewerkschaft habe ferner bei der Lufthansa-Tochter Eurowings längst niedrigere Gehälter akzeptiert, als sie nun bei Ryanair fordere.
VC und Verdi haben für diesen Mittwoch einen ganztägigen Streik an den elf deutschen Basen angekündigt. Dort sind rund 400 Piloten und 1000 Flugbegleiter beschäftigt. Erstmalig versuchen damit die Gewerkschaften der beiden Berufsgruppen gemeinsam, Verbesserungen für die Beschäftigten des größten Billigfliegers in Europa zu erzielen. Unter den Piloten gibt es nach VC-Einschätzung etwa ein Drittel, das nicht direkt bei Ryanair angestellt ist und daher nicht mitstreiken kann. Bei der ersten Streikwelle am 10. August fielen allein in Deutschland rund 250 Flüge aus. Europaweit waren rund 55 000 Passagiere betroffen. Für Verdi ist es der erste Streik bei Ryanair. „Das ist ein erster Warnstreik. Wie es weitergeht, hängt vom Verhandlungsverlauf ab“, sagte Vorstandsmitglied Christine Behle. Verdi erwartet, dass bei den Streiks 300 bis 350 Flüge betroffen sein könnten. Ryanair habe an den zwölf Basen in Deutschland rund 1000 Flugbegleiter, davon seien 700 Leiharbeitnehmer, sagte Verdi-Verhandlungsführerin Mira Neumaier. „Der größte Teil von ihnen ist inzwischen bei uns organisiert“, ergänzte Behle. Neumaier nannte das Tarifangebot für die Flugbegleiter völlig unzureichend. Das Basisgehalt solle nach dem RyanairAngebot über drei Jahren nur um 41 Euro angehoben werden. Für vollzeitbeschäftigte Ryanair-Flugbegleiter liege es derzeit zwischen 800 und 1200 Euro brutto. Mit FlugstundenVergütung und Zuschlägen kämen sie auf etwa 1800 Euro, die Crew-Leiter auf 2700 Euro. Das Niveau liege um etwa 1000 Euro unter vergleichbaren Billigfliegern wie Easyjet.
Laut Verdi haben alle Kabinenbeschäftigten irische Arbeitsverträge. Diese sicherten zum Beispiel keine Entgeltfortzahlung bei Krankheit ab und erlaubten eine kurzfristige Versetzung an jeden andern RyanairStandort in Europa.
„Es wird für Ryanair am Mittwoch sehr schwierig, noch Flugzeuge aus Deutschland zu bewegen“, sagte VCSprecher Markus Wahl. Ryanair hält die auf die deutschen Basen beschränkten Streiks hingegen für ungerechtfertigt. Sprecher Kiely forderte die deutschen Piloten auf, ihrer Arbeit nachzugehen. „Da wir bereits örtliche Verträge und eine verbesserte Bezahlung angeboten haben, gibt es keine Rechtfertigung für weitere Störungen“, sagte er.