Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Gemeindezentrum wird zum Zankapfel
Warum am Haus der katholischen Kirche länger gebaut wurde
RAVENSBURG - Das Haus der katholischen Kirche ist rund ein Dreivierteljahr später fertig geworden als geplant. Über die Frage, wer für die Verzögerungen verantwortlich ist, gibt es Uneinigkeit unter den Beteiligten. Der Bauleiter und seine Auftraggeber schildern, was aus ihrer Sicht die Gründe dafür waren.
Nach einem Bericht über Verzögerungen beim Bau der katholischen Kirche wehren sich die Architekten gegen eine Darstellung des Pfarrers, wonach sie zunächst nicht ausreichend Fluchtwege geplant hätten. Das Architekturbüro KLE aus Kirchheim unter Teck, dessen Entwurf den Wettbewerb für das Bauprojekt gewonnen hatte, und der bauleitende Architekt Franz Frankenhauser aus Ravensburg verwehren sich außerdem gegen den Eindruck, es habe Pfusch am Bau gegeben. „Alle Firmen außer der Elektrofachfirma haben im Wesentlichen gut funktioniert“, sagt KLE-Mitinhaberin Monika Kern. Das Haus wurde im Oktober 2017 eröffnet, die neuen Versammlungsräume können aber erst seit diesem Sommer genutzt werden, weil unter anderem die Brandmeldeanlage nicht funktionierte.
Zurück zu dem ursprünglichen Entwurf
Zum Thema Fluchtwege erklärt Monika Kern, dass das Brandschutzund Fluchtwegekonzept von einem unabhängigen Brandschutzsachverständigen erstellt worden sei. Im ursprünglichen Entwurf der Architekten sollte die Haustüre der alten Verwaltung, Herrenstraße 1, laut Kern als Ausgang offen bleiben und als Fluchtweg dienen. „Auf ausdrücklichem Wunsch des Pfarramts sollte jedoch der Windfang hinter dieser Türe als Registratur umfunktioniert werden“, so Monika Kern. Dafür musste eine Wand eingezogen werden, die den ursprünglichen Fluchtweg versperrte. „Damit hat die Kirche die Kompliziertheit im Fluchtwegekonzept verursacht“, fügt Franz Frankenhauser hinzu.
Der Fluchtweg wurde laut Architekten dann stattdessen durch die Ausgangstür des nebenan befindlichen Pfarrhauses geplant. Architektin Kern schildert: „Erst nachdem die Ausgangstüre des Pfarrhauses einen Fluchtwegbeschlag – immer von innen zu öffnen – erhalten sollte und zwei Türöffnungen im Verlauf des Flurs vergrößert werden sollten, wurde zurückgerudert und die dann bereits eingebaute Wand wieder entnommen und das Fluchtwegekonzept geändert.“Damit sei die Kirche doch zum ursprüngliche Entwurf der Architekten zurückgekehrt. Diese Problematik habe eine Verzögerung von etwa vier Wochen verursacht, schätzt Frankenhauser.
Die Verzögerung von mehreren Monaten indes ist nicht zu bezweifeln. Hauptursache ist aus Sicht der Kirche wie aus Sicht der Architekten, dass die Elektroinstallation zu langsam und letztlich mangelhaft ausgeführt worden sei (die SZ berichtete). „Dadurch wurde der Fortgang der Arbeiten im Trockenbau- und Nassputzbereich massiv behindert“, sagt Franz Frankenhauser. „Der ausführenden Elektrofirma wurde schließlich gekündigt und die Mängel und Restarbeiten durch eine Ersatzfirma erledigt“, so Monika Kern. „Dazu mussten Decken geöffnet, wieder verschlossen und wieder gestrichen werden. Dies war sehr aufwendig.“
Bauunternehmen sichert Grundmauern
Ebenfalls zur Verschiebung des Zeitplans und der Mehrkosten führten laut Franz Frankenhauser zusätzliche Anforderungen des Bauherrn an die Traglast einer alten Geschossdecke und unvorhersehbare Zusatzarbeiten zur Stabilisierung des alten Gebäudes, das zum Komplex gehört. Die Absicherung der alten Grundmauern habe das Rohbauunternehmen übernommen, das fachlich einwandfrei gearbeitet habe. Der Rohbauunternehmer machte jedoch Mehrkosten geltend, auch weil einige Positionen im von den Architekten erstellten Leistungsverzeichnis fachlich nicht eindeutig formuliert gewesen seien, wie es Franz Frankenhauser formuliert. Riedle sprach von Mängeln in der Ausschreibung der Architekten. Mit dem Rohbauunternehmer wurde in einer Schlichtung eine Einigung erzielt, wie die SZ berichtet hatte. Das Haus sollte 4,7 Millionen Euro kosten. Um wie viel es durch Nacharbeiten teurer wird, kann nach Angaben der Kirche noch nicht beziffert werden.
Pfarrer Riedle wollte sich zu den Vorgängen auf Anfrage nicht mehr äußern, er bevorzuge eine interne Klärung.