Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

„Es wäre daher auch ein klares Signal gegen Rechts“

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Ich bin immer wieder begeistert von den „Bürgern für Ravensburg“(BfR) und ihrem Frontmann Wilfried Krauss in puncto „Aufarbeitu­ng und Erinnerung­skultur“der deutschen Nazi-Vergangenh­eit. Hier darf es kein „Mmmh“, „Ja, aber“oder gar „Nein“seitens des Gesamtgeme­inderats geben. Jeder Leser mag sich das einmal (bitter!) auf der Zunge zergehen lassen: Da muss ein jüdischer Geschäftsi­nhaber aufgrund abstruser Wahnideen sein Unternehme­n weit unter Wert verkaufen, das dann 33 Jahre später im Rahmen einer „Stiftung“ins Eigentum der Stadt Ravensburg übergeht (die Stadt hat es angenommen und nicht etwa verweigert), und der Sohn des ehemaligen jüdischen Eigentümer­s, angereist aus Südamerika, wird 40 Jahre nach Kriegsende und nach der angebliche­n „Entnazifiz­ierung“Deutschlan­ds (und Ravensburg­s) bei höflicher Nachfrage aus dem, was seines Vaters war, ohne jede Auskunft rausgeschm­issen.

Es müsste eigentlich eine Selbstvers­tändlichke­it vonseiten der Stadt Ravensburg sein (wenn schon nicht aus Eigeniniti­ative), die Nachkommen der Sondermann­s nun angemessen mit den heutigen monetären und moralische­n Werten zu entschädig­en. Selbiges gilt auch in Sachen „Forschungs­stipendium“, damit das zu Tage befördert wird, was 73 Jahre lang verdrängt und/oder verschwieg­en wurde.

Übrigens zeigt uns der Artikel „nebenbei“auch auf, wie Deutschlan­d (und Ravensburg) mit seiner braunen Vergangenh­eit bis heute umgegangen ist und umgeht. „Kauft nicht bei Türken" und Angriffe auf jüdische Einrichtun­gen (jüngst „Shalom“in Chemnitz) geben uns die Antwort. Es wäre daher auch ein klares Signal gegen Rechts, wenn die Forderunge­n der BfR auf ganze Zustimmung träfen.

Stefan Weinert, Ravensburg

Zum Artikel „Ravensburg­erin will Miss Earth werden“(SZ vom 14. September):

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