Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Werke von Bach, Schnizer und Höller zum Auftakt
Evangelische Stadtkirche Ravensburg hat den 7. Orgelherbst eröffnet
RAVENSBURG - Ihren 7. Ravensburger Orgelherbst hat die evangelische Stadtkirche Ravensburg mit Werken von Johann Sebastian Bach, Franz Xaver Schnizer, Karl Höller und Niels Wilhelm Gade eröffnet. An beiden Orgeln. So war es zumindest von Kirchenmusikdirektor Michael Bender geplant und gewollt. Manchmal geht das Schicksal aber eigene Wege und sieht einen anderen Plan vor. So auch am Sonntagabend im gut besuchten Kirchenschiff.
Gefreut hat sich Kirchenmusikdirektor Michael Bender über die stattliche Zahl an Zuhörern. Mit einem Schwenk hinüber zu Wolfgang Amadeus Mozart, der seinem Vater in einem Brief ein langes Leben gewünscht habe – so lange, bis keine Werke mehr in C-Dur entstünden, wechselte er hinüber zu Bachs Präludium und Fuge in eben dieser Tonart. Von der Empore aus entfaltete sich Bachs groß angelegte Form, deren musikalischer Spannungsbogen sich aus vergleichsweise wenigen, dafür aber vielfach verwendbaren Motiven speist.
Die im Präludium fortlaufend aufund absteigenden Akkorde verzweigen und verdichten sich zu einem großen Ganzen, das für den Moment von leuchtend strahlender Homogenität ist. Daraus entwickelt sich ein in kleinste Teile zerlegtes Spektrum an Variationen der eingangs aufgeführten Motivkette, die nun als fröhlich beschwingter Tanzstil erklingt. Konstruiert, aber nicht weniger schön verhält es sich mit der anschließenden Fuge. Anfangs vier-, dann fünfstimmig formt sie sich zu einer intervallartigen Gegenbewegung mittels Umkehrung der Taktfolgen. Deutlich konnten die Zuhörer den Einsatz des Pedals im letzten Drittel hören, wenn, so Bender, die Notenwerte doppelt so lang werden. Das Pedal sich macht- und kraftvoll zu Wort meldet, dabei aber nichts an Facettenreichtum verliert.
Vergessenes wieder zu Gehör bringen
Für die Sonate in C-Dur mit Allegro, Minuetto, Intermezzo und Presto von Franz Xaver Schnizer wechselte Bender hinüber zur Truhenorgel in den Chor. Wieder auf die Empore zurückgekehrt, hob Bender zu Karl Höllers (1907 - 1987) Choral-Passacaglia „Die Sonn´ hat sich mit ihrem Glanz gewendet“an. In seiner Jugend sei ihm dieses Werk schon begegnet. Jetzt nach 30 Jahren führe er es hier zum ersten Mal auf.
Einer Bamberger Kantorenfamilie ist Höllers Tonsprache durch Einflüsse der deutschen Spätromantik und des französischen Impressionismus beeinflusst. Einem tiefgründigen, mystisch gefärbten Auftakt, aus dem heraus vereinzelte Lautmale erklingen, folgt eine beinah jazzig oder dem Tango verwandt anmutende Partie. Doch dann mitten hinein kam es zum Abbruch. Ziemlich abrupt und ohne Vorwarnung war es vorbei mit dem Glanz. „Sorry, das gab es noch nie!“, wandte Bender sich an die Zuhörer. „Der Motor bläst keine Luft mehr in die Orgel. Es ist kein Wind mehr da“, erklärte er in aller Kürze das technische Problem. Selbiges ließ sich so schnell auch nicht beheben, sodass es zum Abschluss eine weitere Sonate von Franz Xaver Schnizer gab.
Die drei Tonstücke des dänischen Komponisten Niels Wilhelm Gade auf der großen Orgel gibt es beim nächsten Mal.
„Der Motor bläst keine Luft mehr in die Orgel. Es ist kein Wind mehr da“, sagte KMD Michael Bender, als es zu einem plötzlichen Abbruch kam.