Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
„Bevormundung“: Baumschutz steht erneut auf der Kippe
Ortschaftsräte schmettern beide Vorschläge eines Arbeitskreises ab – Kampfabstimmung im Ravensburger Gemeinderat erwartet
RAVENSBURG - Wieder einmal droht in Ravensburg ein Anlauf zu scheitern, beim Thema Baumschutz voranzukommen. Zwei ganz unterschiedliche Vorschläge, wie die Stadt ihr Grün künftig besser schützen könnte, sind in zwei von drei Ortschaftsräten abgeschmettert worden. Nach monatelanger Vorberatung in einem Arbeitskreis hatte mit diesem Ergebnis kaum jemand gerechnet. Entsprechend konsterniert sind die beteiligten Mitarbeiter der Verwaltung und Stadträte. Am Montag entscheidet der Gemeinderat. Der Ausgang ist ungewiss.
Wie die „Schwäbische Zeitung“berichtete, will man diesmal einen Knopf dran bekommen, nachdem 1983, 1998 und 2011 Versuche gescheitert waren, in Ravensburg eine Baumschutzsatzung zu erlassen. Jetzt schien die Zeit reif: Wegen der rasanten Entwicklung der Innenstadt, wegen der Nachverdichtung und entsprechend vieler Bauvorhaben und nicht zuletzt wegen des Klimawandels. Eine Baumschutzsatzung kann von einer Kommune erlassen werden, um für Grundstückseigentümer die Voraussetzungen festzuschreiben, unter denen sie Bäume auf ihrem Eigentum fällen dürfen.
Eine Arbeitsgruppe hat zwei ganz unterschiedliche Vorschläge erarbeitet und zur Abstimmung vorgelegt: eine „klassische“Baumschutzsatzung auf der einen Seite. Und eine Variante, die vorsieht, einmal jährlich eine Baumschutzkommission mit Beteiligung der Naturschutzverbände und des Bürgerforums Altstadt einzusetzen. Zusätzlich sollen Baumpatenschaften gefördert sowie Hausverwaltungen und Firmen beraten werden. Festsetzungen in Bebauungsplänen sollen überprüft und durchgesetzt werden. „Beide Vorlagen hätten zu einem verbesserten Baumschutz geführt“, sagte Bürgermeister Dirk Bastin.
Umso größer die Überraschung über die Entscheidung der Ortschaftsräte: Eschach und Schmalegg haben beide Varianten mehrheitlich abgelehnt, nur Taldorf konnte sich und dies einstimmig - auf die Variante zwei einigen. Die Begründung für das „Nein“in Eschach und Schmalegg: Bürger würden durch jedwede Baumschutzsatzung „bevormundet“, deshalb seien beide Vorschläge abzulehnen. Als weitere Argumente wurden der „hohe bürokratische Aufwand“und die Kosten mit einer zusätzlichen halben Stelle in beiden Varianten aufgeführt. „Eine Lachnummer“, kommentierte das Wilfried Krauss, Fraktionschef der „Bürger für Ravensburg“, im Ausschuss für Umwelt und Technik, der das Thema von der Tagesordnung nehmen musste.
Manfred Büchele, Ortschaftsrat in Taldorf und Stadtrat, begründet, warum die CDU den zweiten Vorschlag favorisiert, der die „positiv Engagierten unterstützt und nicht die Bürger schlicht gängelt und abkassiert“. Eine Baumschutzsatzung sei „unverständlich, ungerecht, unnötig und ineffizient“. Sie werde den Erwartungen vieler Bürger nicht gerecht. Denn: Baurecht sei stärker als Baumrecht, in Ravensburg habe es wiederholt Fällungen gegeben, die auch durch eine Baumschutzsatzung nicht hätten verhindert werden können.
Am kommenden Montag geht der Gemeinderat in öffentlicher Sitzung (ab 16 Uhr) in die Debatte.