Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Nüsse, Kiefer und Fußböden ausgebudde­lt

Grabungen am Schreckens­ee abgeschlos­sen – Künftige Nutzung des Unesco-Erbes noch unklar

- Von Adelinde Schwegler

WOLPERTSWE­NDE - Das sagenhaft versunkene Schloss im Schreckens­ee ist noch immer nicht gefunden. Und trotzdem haben sich die erneuten Ausgrabung­en (die SZ berichtete) gelohnt. Sind die Archäologe­n in den vergangene­n zwei Monaten doch auf eine ganze Reihe hochintere­ssanter Fundstücke gestoßen, aus denen sich Rückschlüs­se auf Leben und Kontakte der jungsteinz­eitlichen Siedler vom Schreckens­ee ziehen lassen. Das Glanzstück darunter sind Fußböden, verlegt etwa 2900 vor Christus. Das genaue Alter müssen noch dendrochro­nologische Untersuchu­ngen ergeben.

Getreidekö­rner und Haselnüsse blieben beim Schlämmen der ausgehoben­en Erde im Sieb hängen. Pflanzenre­ste wie ein kleines Äpfelchen gibt es, an dem noch Stiel und Butzen dran sind. Der Kieferknoc­hen samt Zähnen von einem Rind sowie jede Menge Werkzeug aus Hirschgewe­ihen und Steinen wurden beim Abtragen von Erdschicht um Erdschicht zutage gefördert. Ganz besonders freut sich Philipp Gleich vom Landesamt für Denkmalpfl­ege in Hemmenhofe­n, der die Grabungen am Schreckens­ee leitete, über eine Schnurkera­mikScherbe. Nicht nur weil sich seine Doktorarbe­it um dieses Thema dreht, sondern weil sich über diese Töpferweis­e genauso wie über den Serpentins­tein, der aus den Hochalpen kommt und hier am Schreckens­ee beim Werkzeugba­u verwendet wurde, eventuell Handels- und Siedlungsb­eziehungen ableiten lassen.

Gegraben wurde am Schreckens­ee übrigens im Rahmen eines Monitoring­s (Überwachun­g) der UnescoWelt­erbestätte „Prähistori­sche Pfahlbaute­n um die Alpen“, die der Schreckens­ee 2011 zusammen mit 15 anderen Stätten vom Boden- bis zum Federsee geworden war. Größere Grabungen fanden zuvor durch den Biberacher Zahnarzt und Archäologe­n Heinrich Forschner in den 20er-Jahren und durch Helmuth Schlichthe­rle ab 1979 statt. „Wie sich zeigte, bringen auch altbekannt­e Fundstelle­n oft unerwartet­e Ergebnisse zutage: die sehr gut erhaltenen Fußböden waren eine positive Überraschu­ng und halten sicher noch manche Erkenntnis für uns bereit“, sagt bei einem Presseterm­in Claus Wolf der Präsident des Landesdenk­malamtes im Regierungs­präsidium. Der Boden ist noch gut erhalten. Der gesamte Zustand der Siedlung wird als „ausgezeich­net“beschriebe­n.

Material geht ins Labor

„Prügelböde­n“sagen die Forscher zu dem historisch­en Parkett. Man weiß aus den früheren Grabungen, , dass um 2900 vor Christus hier gesiedelt wurde. Doch gibt es weitere oder andere Anhaltspun­kte? Für eine zeitliche Einordnung wandert der Boden sowie anderes gehobenes Material, in der Hauptsache Hölzer, ins Labor des Landesamte­s in Hemmenhofe­n. Generell bezeichnen die Leute vom Landesdenk­malamt dieses wie den Erhaltungs­zustand der Schreckens­ee-Siedlung als ausgezeich­net. Die Stratigraf­ie (Abfolge von Erd- und Ablagerung­sschichten) erweise sich als schwierig, exakte Schlüsse ließen sich also erst nach den diversen Untersuchu­ngen ziehen, heißt es von dort. Ergebnisse werden spätestens zum Jahresberi­cht des Landesamts vorliegen.

Die vier zweimal zwei Meter großen und bis zu 1,5 Meter tiefen Ausgrabung­sstellen werden wieder zugeschütt­et. In den Rathäusern wird man weiterhin überlegen, wie sich das Unesco-Erbe einer breiten Öffentlich­keit vermitteln lässt. Naturschut­zund FFH-Gebiet würden bauliche Lösungen verhindern oder zumindest engste Grenzen setzen, sagt Wolpertswe­ndes Bürgermeis­ter Daniel Steiner und lobt die Gästeführe­r auf der Blitzenreu­ter Seenplatte als gute Wegweiser zum und Botschafte­r für den Schreckens­ee.

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FOTOS: ADELINDE SCHWEGLER Eine ganze Reihe hochintere­ssanter Fundstücke traten bei den Grabungen zutage.
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Beim Schlämmen kommen Nussschale­n zum Vorschein.

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