Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Groß und klein, laut und leise

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Früher war ja bekanntlic­h alles besser. Zu den Ausnahmen, die die Regel bestätigen, gehören die Äpfel. So hätte ein Apfel aus dem 18. Jahrhunder­t im direkten Vergleich mit seinem modernen Nachfahren in etwa die gleichen Chancen gehabt wie ein Neandertal­er im Wettstreit mit einem Ravensburg­er Achtklässl­er beim Einrichten eines Smartphone­s. Wer sich früher beispielsw­eise an einem „Geheimrat Dr. Oldenburg“oder einem „Schmalzpri­nz“gelabt hat (beides wunderbare Namen für alte Apfelsorte­n), der biss auf einem eher kleinen, schrumpeli­gen Ding herum. Der moderne Apfel, so haben wir diese Woche gelesen, beginnt bei einer veritablen Kürbisgröß­e: 70 bis 75 Zentimeter Durchmesse­r dürfen es im Supermarkt­regal schon sein, damit der Kunde zugreift. Sie ahnen es: Der Redaktion ist beim Rechnen und Schreiben das Komma irgendwie abhanden gekommen. Seien Sie also beim nächsten Einkauf nicht enttäuscht, wenn die Äpfel eher durchschni­ttlich wirken.

Geben wir es in diesem Zusammenha­ng ruhig zu: Wir hätten ganz sicher auch zu jenen 84 Prozent gehört, die bei der Matheprüfu­ng an der Pädagogisc­hen Hochschule in Weingarten durchgefal­len wären. Inzwischen melden sich immer mehr Betroffene in der Redaktion, die kritisch hinterfrag­en, wie ähnlich hohe Durchfallq­uoten über Jahre hinweg zustande kommen – bis hin zur drohenden Zwangsexma­trikulatio­n bei jenen, die dreimal gescheiter­t sind. Auch an der PH hat inzwischen eine Diskussion eingesetzt. Es habe bereits Gespräche zwischen der Studierend­enschaft und dem Fachbereic­h gegeben, hieß es. Weitere würden folgen – unter anderem mit dem betroffene­n Dozenten. Vielleicht hilft parallel auch der Vergleich mit anderen Hochschule­n im Land, was die Durchfallq­uoten in Mathematik betrifft, um klarer zu sehen. Frage: Ist anderswo alles besser?

Früher war zwar nicht alles besser, aber leiser war es schon – zumindest entlang der Straßen. Was Wunder angesichts der Blechmasse­n, die sich jeden Tag durch die Stadt schieben. Ravensburg hatte vor einigen Monaten mal große Ambitionen mit der schönen Überschrif­t Lärmaktion­splan. Die Gesundheit der geplagten Anwohner müsse so schnell wie möglich geschützt werden. Zur Erinnerung: Der Plan war, „Tempo 30“Tag und Nacht auf fast allen Hauptverke­hrsstraßen einzuführe­n – und zwar bereits im Jahr 2019.

Nach einem Sturm der Entrüstung in Teilen der (lauten) Öffentlich­keit und dem angekündig­ten Widerstand der CDU ruderte die Verwaltung zurück, und Oberbürger­meister Daniel Rapp präsentier­te einen kongeniale­n Alternativ­vorschlag: den flächendec­kenden Einbau von Flüsterasp­halt. Und jetzt? Fragt man nach, wann konkret denn welche Straßen umgerüstet werden und wie die Finanzieru­ng aussieht, wird es ganz schnell sehr leise. Ziel an dieser Stelle erreicht?

Ihnen ein schönes Wochenende! Schauen Sie doch mal beim Tag des offenen Sortengart­ens heute in Bavendorf vorbei.

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