Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Alles nicht so tierisch ernst nehmen
Kornelia Wigh zeigt in der Linse verfremdete Porträts und andere schräge Vögel
WEINGARTEN (wel) - Die Werke von Kornelia Wigh sind heiter bis skurril. Die Künstlerin aus Bad Waldsee zeigt in ihrer Ausstellung im Kulturzentrum Linse, was die Evolution ihr so ins Netz gespült hat: „Viecher“und Menschen. Paradiesvögel da wie dort, vom altmeisterlichen Ölbild bis zur kecken Illustration. Ihre Kunst solle Spaß machen, sagt sie bei der Vernissage am Donnerstag, zu der nicht wenig Porträtierte gekommen sind und sich als Meerjungfrau oder Musketier wiederentdeckt haben.
Als Vorstadtmalerin tituliert sich Kornelia Wigh selbstironisch. Dabei schwingt trockener Humor mit, aber auch Abschätziges, das der Autodidaktin von Kunsteliten mit akademischem Abschluss zuweilen entgegenschlägt. „Hobbykünsterlin halt.“Sie nimmt es mit Humor und lässt sich davon nicht abbringen. Und das schon seit Jahrzehnten, in denen sich die Sozialarbeiterin, die in der Kreativtherapie sonst tätig ist, durch die Kunstgeschichte gemalt und mit verschiedensten Techniken experimentiert hat, wie ihre Laudatorin, Maria Daiber, berichtet. So hat die 57-Jährige altmeisterliche Ölmalerei genauso drauf wie comichaftes Zeichnen.
Zwei große Gruppen sind in der Linse zu sehen. „Viecher“und Menschen. Ihnen gemeinsam ist, dass Kornelia Wigh ihre ursprüngliche Gestalt mehr oder weniger verfremdet und phantastische Wesen, schrille Vögel, aus Alltagsfiguren macht und sie in eine überbordende Farbigkeit taucht. Was auf das Konto ihres mehrjährigen Südamerika-Aufenthaltes gehen könnte. Da wird das gemeine Hausschwein mit Leopardenwäsche aufgepeppt oder Hühner machen im getigerten Hängerchen mehr her. Und so offenbart sich dem Betrachter alsbald im Tier der Mensch, der ja auch gerne mehr scheinen will als seine ursprüngliche Ausstattung so hergibt. Doch sagt es uns Kornelia Wigh nicht nur durch das Tier, sondern ganz explizit mit Porträts von Zeitgenossen.
Da mutieren bürgerliche Existenzen zu Vampiren, Rittern, Meerjungfrauen oder Musketieren. Das alles pastos, beinah barock auf kleine wie große und auch ovale Formate aufgetragen. Teilweise verwendet Wigh Kaffeesatz für ihre Malerei, was den Bildern Struktur gibt, aber auch eine antikisierende Wirkung hat, die an Ahnengalerien in Schlössern und Burgen erinnert. Ihre beiden Kinder sind dabei genauso verewigt, wie Bekannte oder einfach Menschen mit interessanter Vita. Oder deren Gesicht die Künstlerin fasziniert hat, und die es so in die schillernd bunte wie phantastische Bilderwelt der Kornelia Wigh geschafft haben und dort, losgelöst von Alltagsschwere, eine Zweitexistenz als Paradiesvogel führen können. Und allüberall bei der Vernissage schmunzelnde Mienen, als die im Portrait Geehrten ihre Avatare wiedererkannten.
Die Ausstellung im Foyer der Linse von Kornelia Wigh „Evolution – im Netz der Vorstadtmalerin“läuft noch bis zum 11. November.