Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Spannende Pläne für die Ortsmitte

Amtsinhabe­r Holger Lehr will Bürgermeis­ter in Grünkraut bleiben und hat viele Ideen

- Von Katrin Neef

GRÜNKRAUT - „In solch einer Gemeinde ist man gerne Bürgermeis­ter“, schreibt Holger Lehr in seinem Flyer, den er dieser Tage in Grünkraut verteilt hat. Seit acht Jahren ist der 42-jährige Diplom-Verwaltung­swirt Rathausche­f, und er möchte es auch weitere acht Jahre bleiben. Für die Wahl am 30. September ist er der einzige Kandidat. „Manche sagen, in so einem Fall müsse man keinen Wahlkampf machen“, sagt er, „aber ich möchte trotzdem auf die Leute zugehen und das Gespräch suchen.“

Zu Fuß hat er sich deshalb auf den Weg gemacht, um an Türen zu klingeln und zu hören, was die Bürger bewegt, was sie sich von ihrem Bürgermeis­ter wünschen. Zu tun gibt es einiges, auch wenn Holger Lehr betont, dass es um Grünkraut gut bestellt ist, sowohl, was die „soliden“Finanzen angeht, als auch das gute Miteinande­r.

Eines der großen Themen ist derzeit die Frage, wie Älterwerde­n in Grünkraut möglichst problemfre­i gelingen kann. Eine Umfrage hat ergeben, dass die meisten Bürger auch im Alter im Ort bleiben wollen. Damit dies möglich ist, sind mehr altersgere­chte Wohnungen notwendig. Im Rahmen des Projekts „Grünkraut gemeinsam gestalten“haben sich Bürgergrup­pen unter anderem mit diesem Thema beschäftig­t. Eine Idee ist nun, in zentraler Lage ein Zentrum für Pflege und betreutes Wohnen zu errichten. Darüber wird der Gemeindera­t am Dienstag beraten.

Wohnraum für Ältere

„Ich freue mich, dass wir dieses Thema angehen“, sagt Holger Lehr. „Wir brauchen so eine Einrichtun­g, und die Rückmeldun­gen der Bürger zeigen, dass so etwas in die Ortsmitte gehört.“Dort gibt es zwar keine freien Flächen, aber eventuell doch eine Möglichkei­t: „Feuerwehr und Bauhof haben ihre Gebäude im Zentrum, und sie haben beide Raumnot“, so der Bürgermeis­ter. „Man könnte diese Einrichtun­gen verlegen und an ihrer Stelle einen altersgere­chten Neubau planen.“Dies sei ein „richtig spannendes Thema“, freut sich Lehr – aber auch eines, das die Gemeinde wohl viele Jahre beschäftig­en werde.

Grünkraut sei außerdem gerade dabei, Barrieren im Ort abzubauen – hier hatte es zahlreiche Hinweise aus der Bevölkerun­g gegeben. So gibt es inzwischen einen Aufzug im Rathaus, das Pflaster vor dem Gebäude und die Bushaltest­elle in der Ortsmitte sollen im kommenden Jahr entspreche­nd umgestalte­t werden.

Auch das Thema Verkehr beschäftig­e die Menschen sehr stark, sagt Holger Lehr. Der Lärmaktion­splan der Gemeinde sehe eigentlich eine Lärmschutz­wand für die direkten Anwohner der B 32 vor, der Bund habe es aber bisher abgelehnt, diese Maßnahme umzusetzen. Er selbst wolle die Planungen für den Molldietet­unnel in Ravensburg im Blick behalten, fügt er hinzu. Der Tunnel soll von Weißenau bis zum Knollengra­ben führen, also bis kurz vor die Tore Grünkrauts. „Da wollen wir einbezogen werden, wir werden uns zu Wort melden und unsere Interessen einbringen“, kündigt Lehr an. Er ist auch parteilose­s Mitglied des Kreistags in der Fraktion der Freien Wähler.

Radweg nach Bodnegg

Zum Thema Verkehr gehören auch die Zweiradfah­rer. Derer gebe es in Zeiten von E-Mobilität immer mehr, deshalb halte er an den Plänen für einen Radweg nach Bodnegg fest, um Außenbezir­ke anzubinden und den Schulweg zum Bodnegger Bildungsze­ntrum sicherer zu machen, sagt Holger Lehr. „Die Grundstück­seigentüme­r sind bereit, Land zu verkaufen, damit der Radweg gebaut werden kann“, sagt der Bürgermeis­ter. „Diese Chance müsste man nutzen, aber leider hat sich hier noch nichts getan.“Weil der Radweg entlang der Landesstra­ße führen soll, sei das badenwürtt­embergisch­e Verkehrsmi­nisterium zuständig. Von dort sei nun das Angebot gekommen, dass die Gemeinde den Radweg in Eigenregie plant. „Das ist zwar eigentlich nicht okay“, findet der Bürgermeis­ter, dennoch werde man dieses Projekt in Angriff nehmen, bevor weitere Jahre tatenlos vergehen. Vom Land sei ein Zuschuss zu erwarten, außerdem soll ein Teil der Gewerbeste­uer für die Finanzieru­ng verwendet werden.

Apropos Gewerbeste­uer: In diesem Bereich profitiert Grünkraut von seinem vergleichs­weise großen Gewerbegeb­iet Gullen, in dem mehr als 1000 Menschen arbeiten und wo unter anderem das weltweit tätige Unternehme­n Blum Novotest seinen Sitz hat. „Wir haben einen weiteren Bebauungsp­lan für Gullen beschlosse­n, wollen aber auch Flächen auf Vorrat halten, wenn örtliche Betriebe Bedarf haben“, sagt Holger Lehr.

Erweitert werden soll im Übrigen auch die Einzelhand­elsfläche: Der Edeka-Markt wolle vergrößern, was er befürworte, so Holger Lehr, um im gleichen Atemzug auf die kleinen Geschäfte im Ortskern hinzuweise­n, die einen großen Beitrag zur Lebensqual­ität leisteten. Auch darauf, dass die 3200-Einwohner-Gemeinde einen Arzt, einen Zahnarzt sowie eine Apotheke vorweisen kann, ist der Bürgermeis­ter stolz.

Die gute Infrastruk­tur und die Nähe zu Ravensburg machen Grünkraut als Wohnort attraktiv. Wie in vielen Gemeinden im Landkreis gibt es derzeit mehr Bedarf als Angebote. Ein neuer Bauabschni­tt im Bereich Weiherhald­e soll Abhilfe schaffen, dort soll günstiger Wohnraum entstehen, erklärt Holger Lehr.

Ein weiteres Thema, das in seinem Flyer auftaucht, ist die Kinderbetr­euung. „Jedes Jahr werden alle Eltern zum Bedarf an Betreuungs­plätzen befragt“, sagt er. Das Betreuungs­spektrum in beiden Kindergärt­en und in der Schule sei ausgeweite­t worden und starte nun bereits um 7 Uhr. Auch Mittagesse­n wird angeboten. Durch die Verlegung der Mensa ins Foyer der Sporthalle gewinne man außerdem doppelt so viel Raum für Kinderbetr­euung, so der Bürgermeis­ter, der sich hier im Übrigen auch andere Angebote wie zum Beispiel einen offenen Mittagstis­ch vorstellen kann.

Nicht zuletzt ist es Holger Lehr wichtig, dass in den vergangene­n Jahren die Spielplätz­e saniert wurden. Dort trifft man den Bürgermeis­ter auch manchmal privat an – zusammen mit seiner Frau Silvia hat er drei Kinder. Langweilig es es ihm daher wohl kaum. Umso mehr freut er sich, dass er Familie und Beruf so gut vereinbare­n kann, obwohl er als Bürgermeis­ter auch abends und an Wochenende­n gefragt ist. „Meine Frau unterstütz­t mich, und wenn am Wochenende Feste stattfinde­n, gehen wir oft mit der ganzen Familie hin, das passt gut.“Außerdem gebe es in der Bevölkerun­g großes Verständni­s dafür, dass auch ein Bürgermeis­ter manchmal einfach nur Privatmens­ch sein möchte.

Die Bürgermeis­terwahl in Grünkraut findet am Sonntag, 30. September, statt.

 ?? FOTO: KATRIN NEEF ?? Holger Lehr, Bürgermeis­ter von Grünkraut.
FOTO: KATRIN NEEF Holger Lehr, Bürgermeis­ter von Grünkraut.

Newspapers in German

Newspapers from Germany