Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Kiesabbau: Leutkircher Stadträte fordern einen Gutachter
Experte soll mögliche Belastung des Grundwassers untersuchen – Stellungnahme an Regionalverband verschoben
LEUTKIRCH - Der Schutz des Grundwassers hat für die Leutkircher Stadträte hohe Priorität. Das ist bei der Diskussion im Gemeinderat über eine Stellungnahme zum geplanten Kiesabbau in Leutkirch klar geworden. Das Ergebnis: Bevor die Stadtverwaltung eine Stellungnahme zum Regionalplan Bodensee-Oberschwaben abgibt, soll ein Gutachter ausschließen, dass durch den Kiesabbau das Trinkwasser gefährdet wird. Generell ist Leutkirch mit reichen Kiesvorkommen gesegnet.
Mit 117 Hektar Abbauflächen habe die Stadt Leutkirch „auch in Zukunft die Hauptlast beim Kiesabbau für den gesamten Landreis Ravensburg“zu tragen, heißt es in einer von der Stadtverwaltung formulierten Stellungnahme zu den Plänen zum Rohstoffabbau und zur Rohstoffsicherung des Regionalverbands Bodensee-Oberschwaben. Abgegeben wird diese Stellungnahme nach Beschluss der Stadträte zunächst allerdings nicht. Denn darin sollen Ergebnisse eines Experten einfließen, der damit beauftragt werden soll, eine mögliche Gefährdung des Grundwassers zu untersuchen. Schließlich liegen laut Verwaltung die Wassergewinnungsanlagen für die Versorgung der Stadt im Einflussbereich des geplanten Kiesabbaus. Die dafür vorgesehenen Flächen liegen westlich und südwestlich der Kernstadt nahe der Autobahn 96.
Wie es in der bisher formulierten Stellungnahme weiter heißt, befinde sich auf Leutkircher Gemarkung eines der größten Grundwasservorkommen in Süddeutschland. Die Qualität des Grundwassers sei „ausgezeichnet“, da der große Wasserstrom aus dem Alpengebiet stamme. „Die Deckschicht über dem Grundwasserleiter ist in Leutkirch nur gering ausgebildet. Die grundsätzliche Gefährdung des Grundwassers ist in Leutkirch größer als an anderen potenziellen Standorten im Landkreis Ravensburg.“Auch das ist dem bisherigen Entwurf der Stellungnahme zu entnehmen.
„Lasten für den Landkreis“
Weiter heißt es im den Stadträten vorgelegten Schreiben: „Die Bürgerinnen und Bürger der Stadt Leutkirch schultern hier seit Jahrzehnten Lasten für den ganzen Landkreis und darüber hinaus. Für die weitere Entwicklung der Großen Kreisstadt Leutkirch und für den gesamten Mittelbereich Leutkirch wäre in den nächsten Jahrzehnten eine Abbaufläche von circa zehn Hektar ausreichend. Die Stadt Leutkirch kann die geplanten Abbauflächen und die damit verbundene Belastung nur dann akzeptieren, wenn alle geeigneten Abbauflächen im Verbandsgebiet ebenfalls gesichert und die Standorte nach einem einheitlichen Bewertungsmaßstab bewertet werden. Eine einseitige Belastung von wenigen betroffenen Gemeinden ist nicht akzeptabel.“
Kritik daran, dass auf Leutkircher Gemarkung 117 Hektar für den Kiesabbau vorgesehen sind, äußerte Stadtrat Alfons Notz (Bürgerforum) im Namen seiner Fraktion. Unter anderem bemängelte er, dass ein Teil des Rohstoffes nach Österreich und der Schweiz exportiert würden, damit dort eigene Vorkommen geschont werden könnten.
Zudem ächzten die Leutkircher Bürger jetzt schon unter der Verkehrsbelastung und der damit verbundenen Emission. „Mehr ist einfach nicht mehr zumutbar“, meinte Notz. Der sensibelste Problembereich betreffe – wie er in seinem Statement äußert – den Grundwasserschutz. Um eine mögliche Gefährdung einschätzen zu können, beantragte er, einen Experten hinzuzuziehen. Unterstützung gab’s von Fraktionskollege Gottfried Härle. Er nannte es „unverantwortlich“, eine Stellungnahme abzugeben, ohne die Expertise von kompetenter Seite. Für ihn sei der Grundwasserschutz „zentral und wichtig“. Zudem gehe es um die Frage „wie wir mit einer wertvollen Ressource wie Kies umgehen“. Auch er kritisierte, dass ein Teil ins Ausland exportiert wird.
Ressource sichern
Waldemar Westermayer (CDUFraktionsvorsitzender) plädierte dafür, einen Experten nur einzusetzen, wenn dieser auch verlässliche Angaben machen könne. Denn häufig würden auch Profis seiner Einschätzung nach unterschiedliche Aussagen treffen. Namen von Gutachtern werden in der Gemeinderatssitzung nicht genannt. Viele Punkte zum Grundwasserschutz seien – wie Westermayer ausführt – im Schreiben, das die Stadtverwaltung formuliert hatte, bereits genannt. Ein wichtiges Anliegen ist es ihm, dass nicht zu viel Kies auf einmal abgebaut werde, sondern die Ressource für nachfolgende Generationen gesichert wird.
Dafür dass die Abgabe der Stellungnahme verschoben, eine entsprechende Fristverlängerung beantragt und zunächst eine Expertenmeinung eingeholt wird, stimmten 14 Stadträte. Neun Mitglieder waren dagegen. Ein Vorschlag von Oberbürgermeister Hans-Jörg Henle, wonach den Plänen des Regionalverbandes nur zugestimmt wird, wenn durch einen Gutachter des Regionalverbands nachgewiesen wird, dass keine Gefährdung des Grundwassers besteht, fand im Gremium nur geringen Zuspruch.