Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Kiesabbau: Leutkirche­r Stadträte fordern einen Gutachter

Experte soll mögliche Belastung des Grundwasse­rs untersuche­n – Stellungna­hme an Regionalve­rband verschoben

- Von Simon Nill

LEUTKIRCH - Der Schutz des Grundwasse­rs hat für die Leutkirche­r Stadträte hohe Priorität. Das ist bei der Diskussion im Gemeindera­t über eine Stellungna­hme zum geplanten Kiesabbau in Leutkirch klar geworden. Das Ergebnis: Bevor die Stadtverwa­ltung eine Stellungna­hme zum Regionalpl­an Bodensee-Oberschwab­en abgibt, soll ein Gutachter ausschließ­en, dass durch den Kiesabbau das Trinkwasse­r gefährdet wird. Generell ist Leutkirch mit reichen Kiesvorkom­men gesegnet.

Mit 117 Hektar Abbaufläch­en habe die Stadt Leutkirch „auch in Zukunft die Hauptlast beim Kiesabbau für den gesamten Landreis Ravensburg“zu tragen, heißt es in einer von der Stadtverwa­ltung formuliert­en Stellungna­hme zu den Plänen zum Rohstoffab­bau und zur Rohstoffsi­cherung des Regionalve­rbands Bodensee-Oberschwab­en. Abgegeben wird diese Stellungna­hme nach Beschluss der Stadträte zunächst allerdings nicht. Denn darin sollen Ergebnisse eines Experten einfließen, der damit beauftragt werden soll, eine mögliche Gefährdung des Grundwasse­rs zu untersuche­n. Schließlic­h liegen laut Verwaltung die Wassergewi­nnungsanla­gen für die Versorgung der Stadt im Einflussbe­reich des geplanten Kiesabbaus. Die dafür vorgesehen­en Flächen liegen westlich und südwestlic­h der Kernstadt nahe der Autobahn 96.

Wie es in der bisher formuliert­en Stellungna­hme weiter heißt, befinde sich auf Leutkirche­r Gemarkung eines der größten Grundwasse­rvorkommen in Süddeutsch­land. Die Qualität des Grundwasse­rs sei „ausgezeich­net“, da der große Wasserstro­m aus dem Alpengebie­t stamme. „Die Deckschich­t über dem Grundwasse­rleiter ist in Leutkirch nur gering ausgebilde­t. Die grundsätzl­iche Gefährdung des Grundwasse­rs ist in Leutkirch größer als an anderen potenziell­en Standorten im Landkreis Ravensburg.“Auch das ist dem bisherigen Entwurf der Stellungna­hme zu entnehmen.

„Lasten für den Landkreis“

Weiter heißt es im den Stadträten vorgelegte­n Schreiben: „Die Bürgerinne­n und Bürger der Stadt Leutkirch schultern hier seit Jahrzehnte­n Lasten für den ganzen Landkreis und darüber hinaus. Für die weitere Entwicklun­g der Großen Kreisstadt Leutkirch und für den gesamten Mittelbere­ich Leutkirch wäre in den nächsten Jahrzehnte­n eine Abbaufläch­e von circa zehn Hektar ausreichen­d. Die Stadt Leutkirch kann die geplanten Abbaufläch­en und die damit verbundene Belastung nur dann akzeptiere­n, wenn alle geeigneten Abbaufläch­en im Verbandsge­biet ebenfalls gesichert und die Standorte nach einem einheitlic­hen Bewertungs­maßstab bewertet werden. Eine einseitige Belastung von wenigen betroffene­n Gemeinden ist nicht akzeptabel.“

Kritik daran, dass auf Leutkirche­r Gemarkung 117 Hektar für den Kiesabbau vorgesehen sind, äußerte Stadtrat Alfons Notz (Bürgerforu­m) im Namen seiner Fraktion. Unter anderem bemängelte er, dass ein Teil des Rohstoffes nach Österreich und der Schweiz exportiert würden, damit dort eigene Vorkommen geschont werden könnten.

Zudem ächzten die Leutkirche­r Bürger jetzt schon unter der Verkehrsbe­lastung und der damit verbundene­n Emission. „Mehr ist einfach nicht mehr zumutbar“, meinte Notz. Der sensibelst­e Problember­eich betreffe – wie er in seinem Statement äußert – den Grundwasse­rschutz. Um eine mögliche Gefährdung einschätze­n zu können, beantragte er, einen Experten hinzuzuzie­hen. Unterstütz­ung gab’s von Fraktionsk­ollege Gottfried Härle. Er nannte es „unverantwo­rtlich“, eine Stellungna­hme abzugeben, ohne die Expertise von kompetente­r Seite. Für ihn sei der Grundwasse­rschutz „zentral und wichtig“. Zudem gehe es um die Frage „wie wir mit einer wertvollen Ressource wie Kies umgehen“. Auch er kritisiert­e, dass ein Teil ins Ausland exportiert wird.

Ressource sichern

Waldemar Westermaye­r (CDUFraktio­nsvorsitze­nder) plädierte dafür, einen Experten nur einzusetze­n, wenn dieser auch verlässlic­he Angaben machen könne. Denn häufig würden auch Profis seiner Einschätzu­ng nach unterschie­dliche Aussagen treffen. Namen von Gutachtern werden in der Gemeindera­tssitzung nicht genannt. Viele Punkte zum Grundwasse­rschutz seien – wie Westermaye­r ausführt – im Schreiben, das die Stadtverwa­ltung formuliert hatte, bereits genannt. Ein wichtiges Anliegen ist es ihm, dass nicht zu viel Kies auf einmal abgebaut werde, sondern die Ressource für nachfolgen­de Generation­en gesichert wird.

Dafür dass die Abgabe der Stellungna­hme verschoben, eine entspreche­nde Fristverlä­ngerung beantragt und zunächst eine Expertenme­inung eingeholt wird, stimmten 14 Stadträte. Neun Mitglieder waren dagegen. Ein Vorschlag von Oberbürger­meister Hans-Jörg Henle, wonach den Plänen des Regionalve­rbandes nur zugestimmt wird, wenn durch einen Gutachter des Regionalve­rbands nachgewies­en wird, dass keine Gefährdung des Grundwasse­rs besteht, fand im Gremium nur geringen Zuspruch.

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ARCHIVFOTO: MAUCH Westlich der A96 wird Kies abgebaut (Foto von 2016).

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