Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

SPÖ-Chefin

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Die österreich­ischen Sozialdemo­kraten (SPÖ) haben sich überrasche­nd schnell und einstimmig auf eine neue Führung geeinigt. Das Parteipräs­idium nominierte am Wochenende Pamela Rendi-Wagner, zuletzt Gesundheit­s- und Frauenmini­sterin, als neue Parteichef­in. Die Bestätigun­g auf dem Parteikong­ress Ende November gilt nur noch als Formsache.

Rendi-Wagner ist die erste Frau an der Spitze in der knapp 130-jährigen Geschichte der SPÖ. Vergangene Woche war Ex-Kanzler und Parteichef Christian Kern überrasche­nd zurückgetr­eten, weil er nach der Niederlage bei der Nationalra­tswahl vor einem Jahr den Rückhalt in der Partei verloren hatte. Es war ihm nicht gelungen, eine wirksame Opposition­spolitik aufzubauen.

Bringt die Frauenpowe­r die Wende? Der 47-jährigen, gebürtigen Wienerin traut man zu, den Jungkanzle­r Sebastian Kurz ernsthaft herauszufo­rdern. In ihrem Beruf als Tropenmedi­zinerin genießt sie in der internatio­nalen Fachwelt hohe Anerkennun­g.

Joy Pamela Rendi-Wagner – die beiden Vornamen verdankt sie der einstigen Hippie-Schwärmere­i ihrer Eltern, Freunde nennen sie seit Jugendtage­n „Pem“. Sie ist, wie ihr Förderer Kern, eine politische Quereinste­igerin. Als Gesundheit­sund Frauenmini­sterin zeigte sie, obwohl kaum ein Jahr im Amt, politische­s Talent. Rendi-Wagner, verheirate­t mit einem Diplomaten und Mutter zweier Töchter, beeindruck­t durch Sachkenntn­is, rhetorisch­e Brillanz und souveränes Auftreten.

Dass Rendi-Wagner nach nur eineinhalb Jahren SPÖ-Mitgliedsc­haft die Partei anführt, ist allerdings nicht allein ihr Verdienst. Sie profitiert­e vor allem von der dünnen Personalre­serve und den Absagen potenziell­er Kandidaten, die sich diesen Knochenjob nicht antun wollen. Das nahezu einhellige Lob führender Genossen, sie sei keine Notlösung, sondern „erste Wahl“, ist daher trügerisch: Was Kern nicht gelungen ist, muss Rendi-Wagner erst beweisen – Führung, um eine zutiefst gespaltene Partei einigen und zu neuen Ufern führen zu können.

Rudolf Gruber

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FOTO: DPA Ihre beiden Vornamen verdankt sie der Hippie-Schwärmere­i ihrer Eltern: Joy Pamela RendiWagne­r.

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