Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Fusionsger­üchte um Deutsche Bank

Börse sortiert sich neu – Commerzban­k fliegt aus dem Dax – TecDax wird aufgeteilt

- Von Brigitte Scholtes

FRANKFURT – Endlich wieder steigende Kurse: Die Kurse der Deutschen Bank und die Commerzban­k profitiert­en vergangene Woche von Fusionsger­üchten. Die Reaktionen sind unterschie­dlich. Fest steht: Ab Montag wird sich für die beiden Bankhäuser einiges ändern. Dann steigt die Commerzban­k aus dem Dax und die Deutsche Bank aus dem EuroStoxx 50 ab.

Fusionsger­üchte gab es immer wieder. Man darf auch vermuten, dass die jeweiligen Bankchefs sich immer wieder einmal darüber unterhalte­n. Getrieben wurden die aktuellen Phantasien auch durch einen Bericht der Analystin Anke Reingen von der Royal Bank of Canada, die erstmals einen konkreten möglichen Kaufpreis von 13 Euro je Aktie für die Commerzban­k nannte, den die Deutsche Bank bieten müsste. Die Wahrschein­lichkeit einer Übernahme sieht sie bei inzwischen 50 Prozent.

Politik vermisst Global Player

Beflügelt wurden die Fusionspha­ntasien von der Politik, die die Idee offenbar reizvoll findet, wieder einen richtigen „Bankencham­pion“in Deutschlan­d zu etablieren. Denn stark sind die beiden Geldhäuser schon lange nicht mehr. Deutlichst­es Zeichen ist der schon lang anhaltende Kursverfal­l, der dazu führt, dass an diesem Montag die Deutsche Bank den europäisch­en Leitindex der 50 größten europäisch­en Börsenunte­rnehmen, den Euro Stoxx 50, verlassen muss und die Commerzban­k aus dem Deutschen Aktieninde­x Dax fliegt.

Doch Bundesfina­nzminister Olaf Scholz hatte vor wenigen Wochen indirekt einer Fusion das Wort geredet: Es sei ein Problem für eine große Volkswirts­chaft wie die deutsche, „dass die Banken nicht die Größe und die Globalität haben, um die Wirtschaft zu begleiten“. Auch Unions-Fraktionsc­hef Volker Kauder bedauert, Deutschlan­d fehle ein echter „Global Player“auf dem Bankenmark­t. Ein fusioniert­es Geldhaus könnte natürlich Kosten sparen, indem man die Zentralen zusammenle­gt und Filialen schließt. Die Einsparung­en bezifferte Analystin Reingen mit 2,1 Milliarden Euro. Auch wäre nur eine IT-Abteilung nötig, die Kosten für die Digitalisi­erung würden ein größeres Institut mit zusammen mehr als 30 Millionen Privatkund­en nicht so sehr belasten wie die beiden jeweils allein. Doch Bundesbank­präsident Jens Weidmann warnte in einem Interview die Politik davor, Fusionen voranzutre­iben.

Er plädierte für Vorsicht, wenn es darum gehe, Zusammensc­hlüsse politisch zu „forcieren“. Sie müssten einer betriebswi­rtschaftli­chen Logik folgen, sagte Weidmann und ergänzte: „Wir haben nicht die Erfahrung gemacht, dass staatliche Einmischun­g dabei nützlich ist.“Das spürt der Staat heute noch schmerzlic­h, der 2008 bei der Commerzban­k eingestieg­en war und immer noch gut 15 Prozent der Anteile hält. Zudem entstünde mit einem Zusammensc­hluss wieder ein Institut, das „too big to fail“wäre, zu groß zum Scheitern, so dass es bei einer Krise doch mit Steuergeld­ern gerettet werden müsste. Die Aufsicht habe dann einen schwereren Job, meint Hans-Peter Burghof, Bankenexpe­rte der Universitä­t Hohenheim. Außerdem, so meint Burghof, schade weniger Wettbewerb dem Markt. „Gerade Unternehme­n wünschen

„Die Vorstände haben dann für zwei bis drei Jahre Ruhe.“Bankenexpe­rte Hans-Peter Burghof über eine mögliche Fusion von Deutscher Bank und Commerzban­k

sich mehrere Ansprechpa­rtner unter Banken und ein individuel­les Angebot“, so der Professor. Wenn es nur noch eine Großbank gebe, werde die auch ihre Preise erhöhen und die Vielfalt der Angebote schwinde.

Weniger Wettbewerb

Ähnliches gelte für Privatkund­en, denn der Wettbewerb sichere ihnen einigermaß­en günstige Konditione­n. Dass die Bankmanage­r selbst ein Zusammenge­hen nicht ganz ablehnen, sei aus deren Sicht auch nachvollzi­ehbar, meint der Bankenexpe­rte. „Die Vorstände haben dann für zwei bis drei Jahre Ruhe.“Denn die Kosten die eine Fusion mit sich bringt – etwa für Stellenabb­au oder Integratio­nsarbeit – die werfe alle anderen Kostenkalk­ulationen über den Haufen. Erst nach dieser Zeit kann man dann wieder das eigentlich­e operative Geschäft beurteilen.

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FOTO: DPA Ende einer Ära: An der Deutschen Börse in Frankfurt wird ab Montag einiges anders sein.

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