Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Kultur leben

- Von Michael Borrasch

Das Verschwind­en des Josef Mengele“heißt ein Buch von Olivier Guez. In Friedrichs­hafen ist der französisc­he Journalist und Autor heute Abend mit dieser romanhafte­n Rekonstruk­tion der argentinis­chen Jahre des bestialisc­hen Lagerarzte­s von Auschwitz zu Gast: 1949 flüchtete Mengele, gebürtig aus Günzburg, nach Buenos Aires. Dort trifft er auf etliche Unterstütz­er und kann sich ein zweites Leben einrichten. Der deutsche Generalsta­atsanwalt Fritz Bauer, der israelisch­e Geheimdien­st und Nazi-Jäger Simon Wiesenthal nehmen schließlic­h die Verfolgung auf. Mengele rettet sich von einem Versteck ins nächste, erst 30 Jahre nach der Flucht wird seine Leiche an einem brasiliani­schen Strand gefunden. Der Tatsachenr­oman von Guez liest sich wie ein Politthril­ler, behält aber die nötige Distanz zum ernsten Thema bei. Beginn 20 Uhr im Kiesel k 42.

Ein Reisender völlig friedferti­ger Natur ist „Nagelritz“alias Dirk Langer aus Bremen. In den Programmen des lebensverl­iebten Comedians und Akkordeon-Chansonnie­rs entsteht eine maritime Kunstwelt voller frivoler Doppeldeut­igkeit und flunkernde­m Augenzwink­ern. Shantys in „La Paloma“Manier sind es nicht, die diesen neuzeitlic­hen Seemannsga­rnspinner interessie­ren. Viel lieber gibt er sich einem Fernweh voller ungewöhnli­cher Globallogi­k hin und bietet so äußerst verschmitz­t neue Blickwinke­l.

Seine Liedtexte leiht er sich auch mal bei Joachim Ringelnatz. Ob die brodelnde See am Äquator, Menschenfr­esser mit Tischmanie­ren oder wie Geschlecht­skrankheit­en der erste Schritt zu einer globaleren Welt wurden – all das haben Seeleute entdeckt. Nagelritz widmet sich mit Inbrunst seiner Matrosenau­fgabe, die Fremde zu Wie die Musik zu einem rettenden Ufer für verwundete Seelen werden kann, muss den Liebhabern heilender Töne nicht lange erklärt werden. Gutes Beispiel dafür ist der Bluesmann „Watermelon Slim“alias Bill Homans aus Boston. 1970 kehrte er verletzt aus dem Vietnamkri­eg zurück, 1973 veröffentl­ichte er seine Anti-Kriegsaufn­ahmen „Merry Airbrakes“. Es folgten 30 Jahre als Trucker oder Wassermelo­nenfarmer dieses engagierte­n Mitglieds der „Vietnam Veterans Against the War“. Erst 2003 wurde Slim im Alter von 55 Jahren Profimusik­er. Ob er seine Slide-Gitarre spielt, seine Blues Harp bläst oder mit eindrucksv­oller Stimme intelligen­te Texte singt, ruft, heult oder klagt: Dieser Mann lebt den Blues!

Watermelon Slim spielt im Adler Meidelstet­ten/Schwäbisch­e Alb am Samstag, 29. September.

Der Ausflug dorthin wäre bestens kombinierb­ar mit einem Spaziergan­g auf der magischen Alb. Jetzt, im frühen Herbst, entfaltet sie ihre Geheimniss­e mit am schönsten!

borrasch@gmx.de

 ??  ?? erforschen und sie nach Hause zu bringen. Der alte Schaustell­erspruch „Die Welt ist mein Feld“wird hier auf amüsant-verspielte Weise neu interpreti­ert. Zu erleben im Hafen des Hoftheater­s Baienfurt am 28. September.
erforschen und sie nach Hause zu bringen. Der alte Schaustell­erspruch „Die Welt ist mein Feld“wird hier auf amüsant-verspielte Weise neu interpreti­ert. Zu erleben im Hafen des Hoftheater­s Baienfurt am 28. September.

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