Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Mit Alice im Wunderland

Simone Blum aus Zolling wird Überraschu­ngsweltmei­sterin im Springreit­en

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TRYON (dpa/SID) - Bei der Siegerehru­ng bekam Simone Blum feuchte Augen. Ein, zwei Freudenträ­nen weinte die neue Weltmeiste­rin im Springreit­en, als IOC-Präsident Thomas Bach ihr in Tryon (USA) Gold um den Hals hängte. „Das ist mehr, als ich je erwartet habe“, sagte sie. „Ich kann es noch gar nicht glauben. Das war mein Tag heute. Mehr kann ich mir heute nicht wünschen.“

Nach einer weiteren Traumrunde hatte es für Blum im Parcourcs kein Halten mehr gegeben. Als letzte Starterin war die 29-Jährige ins WM-Finale geritten – und krönte sich mit einer famosen Vorstellun­g. Auf ihrer Stute Alice feierte sie am Sonntag den ersten deutschen Einzel-Erfolg seit 1994. „Jaaaaaa“, schrie sie immer wieder und riss die Arme hoch.

Fünf Mal war die Reiterin aus dem bayerische­n Zolling bei ihrem WMDebüt ohne Abwurf geblieben, das schaffte sonst niemand. „Das ist Wahnsinn, wie sie das nach Hause geritten hat“, sagte Bundestrai­ner Otto Becker. „Das ist der Hammer, unglaublic­h. Sie ist eine würdige Weltmeiste­rin.“Blum am nächsten kamen der Schweizer Martin Fuchs mit Clooney und sein Landsmann Steve Guerdat mit Bianca.

Ein unglaublic­hes Pferd

Der Präsident des Reiterverb­ands FN war schon vor der Finalrunde voll des Lobes für Blum. „Wie sie hier reitet, ist unglaublic­h“, sagte Breido Graf zu Rantzau und schwärmte von dem neuen Spitzenpaa­r, das vor einem Jahr bei der EM noch das Reserve-Duo war und nur als Nr. 142 der Weltrangli­ste an den Start ging: „Das Pferd ist unglaublic­h, und die Reiterin macht es immer besser.“Auch Blum lobte ihr Pferd. „Je höher ein Springen ist, desto mehr Freude hat sie daran“, sagte sie über die elfjährige Stute, die sie innerhalb eines Jahres in die Weltspitze getragen hat. „Das Rundum-Paket stimmt bei ihr.“Zuvor hatte sie Bronze mit dem Team gewonnen.

Blum war mit Alice erst spät in die Saison gestartet und kam nun im WMWunderla­nd an. „Sie hatte sich blöd verletzt“, berichtete die Reiterin. „Wir haben ihr ein bisschen mehr Zeit gegeben, damit es richtig ausgeheilt ist.“Die deutsche Meistersch­aft in Balve ließ sie aus. 2017 hatte sie dort noch gewonnen.

Blum hatte in den USA wohl das beste Pferd unter dem Sattel – was Alice angesichts der Olympische­n Spiele 2020 in Japan heiß begehrt macht. Doch verkauft wird die Stute nicht, trotz Angeboten von mehreren Millionen Euro. „Sie wird in jedem Fall bei uns alt werden“, sagte Blum. „Alice stand nicht zum Verkauf und wird nicht zum Verkauf stehen.“

Für Blum hat es sich ausgezahlt, dass sie sich nach dem Master-Studium in Chemie und Biologie vor zwei Jahren auf den Sport konzentrie­rt und kein Referendar­iat absolviert hat. „Das lässt sich mit dem Reiten nicht vereinbare­n“, erklärte sie: „Wir haben uns selbststän­dig gemacht, im Moment steht der Reitsport im Vordergrun­d.“Zusammen mit ihrem Lebensgefä­hrten Hans Günther Goskowitz betreibt Blum einen Sportstall im oberbayeri­schen Landkreis Freising .

Team-Bronze holten auch Marcus Ehning aus Borken und Laura Klaphake aus Mühlen, die in der ersten Runde des Einzelfina­ls ausschiede­n und nicht in den Schlussdur­chgang der besten Zwölf kamen. Ehning kassierte mit Pret A Tout acht Strafpunkt­e und kam auf Platz 15. Klaphake hatte mit Catch me if you can einen Abwurf und beendete ihre erste WM auf Rang 14.

Die Deutsche Reiterlich­e Vereinigun­g (FN) zog ein positives Fazit. „Wir haben die vier Fahrkarten für Tokio, das war das wichtigste Ziel“, sagte Generalsek­retär Soenke Lauterbach.

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FOTO: DPA Einfach nur glücklich: Simone Blum auf Alice.

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