Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Merkel entschuldigt sich in Maaßen-Affäre
SPD-Abgeordnete Mattheis hält Seehofer für untauglich – Röttgen fordert klaren Schnitt
BERLIN - Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat ungewöhnlich offen Fehler im koalitionsinternen Zerwürfnis um Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen eingeräumt und sich bei den Bürgern entschuldigt. Sie habe sich bei der ursprünglich geplanten Beförderung Maaßens zum Staatssekretär „zu sehr mit der Funktionalität und den Abläufen im Bundesinnenministerium beschäftigt, aber zu wenig an das gedacht, was die Menschen zu Recht bewegt“, sagte Merkel am Montag in Berlin. Sie fügte hinzu: „Dass das geschehen konnte, das bedauere ich sehr.“
Die Ablösung Maaßens wegen umstrittener Aussagen und seine zuerst geplante Beförderung mit einem Gehalt von mehr als 14 000 Euro im Monat hatte die Große Koalition an den Rand des Bruchs geführt. Vor allem SPD-Chefin Andrea Nahles war massiv unter Druck geraten, worauf sich Merkel und Seehofer (CSU) auf eine andere Regelung verständigten. Maaßen wird nun Sonderberater im Innenministerium. Die Ulmer SPD-Abgeordnete Hilde Mattheis, Vorsitzende des Forums Demokratische Linke 21, hält Seehofer wegen seiner Rolle in dem Streit für untauglich, das Amt des Bundesinnenministers auszuüben. „Seehofer versucht, bei jeder Gelegenheit zu zündeln. Er hat nicht begriffen, dass er damit die gesamte Große Koalition gefährdet“, sagte Mattheis der „Schwäbischen Zeitung“. „Ein Minister, der so hochgradig beide Koalitionsparteien immer wieder vom Arbeiten abhält und im politischen Koordinatensystem immer weiter nach rechts zieht, ist eine Zumutung.“Seehofer solle den Staat schützen, „stärkt aber das rechte Spektrum“.
Auch in der Union gibt es Stimmen, die die Führung der Koalitionsparteien scharf kritisieren. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Norbert Röttgen (CDU), nennt das erste Jahr des Bündnisses ein verlorenes. „Wenn man die Koalition noch mal zum Erfolg führen möchte, dann muss man einen Schnitt machen. Union und SPD müssen jetzt eindeutig definieren, was sie im nächsten Jahr umsetzen wollen“, sagte Röttgen. Sonst sei die nächste Krise eine Frage von Wochen, und der Vertrauensverlust werde sich nur schwer beseitigen lassen.
BERLIN (AFP) - Das Staatsbankett beim bevorstehenden DeutschlandBesuch des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan entwickelt sich zum Politikum. Neben einer größeren Zahl von Oppositionspolitikern, die aus Protest nicht teilnehmen, steht auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nicht auf der Gästeliste. Das Bankett findet am Freitagabend auf Einladung von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier statt. Eine Teilnahme der Kanzlerin an Banketten, zu denen der Bundespräsident einlädt, sei „nicht üblich“, hieß es dazu aus dem Präsidialamt. Die Kanzlerin sei „nur gelegentlich“bei solchen Anlässen dabei.
Unterdessen wurde in der Türkei erneut ein Deutscher vorübergehend festgenommen. Der aus SchleswigHolstein stammende Unternehmer mit kurdischen Wurzeln war nach Angaben seines Bruders am Sonntag bei der Einreise in Antalya in Gewahrsam genommen worden. Am Montag sei er gegen 15.30 Uhr Ortszeit wieder freigekommen. Ihm sei Terrorpropaganda vorgeworfen worden, weil er sich pro-kurdisch geäußert habe.