Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Barockmusik im Chor, Modernes auf der Empore
Zweites Konzert des Orgelherbstes – Truhenorgel sorgt für harmonisch vollen Hintergrund
RAVENSBURG - Musik für Violine und Orgel präsentierten am vergangenen Sonntagnachmittag an der Orgel Kirchenmusikdirektor Michael Bender und der Violinist Michael Wieder. Das erste und letzte Stück – und der barocke Teil des Konzerts – erklang an der Truhenorgel im Chor, die anderen Werke der drei spätromantischen oder modernen Komponisten wurden von beiden Musikern auf der Empore gespielt. Schließlich waren für die neueren Werke doch ein größeres Volumen und mehr Register vonnöten.
Akustisch machte das doch einen großen Unterschied, denn der durchgehend warme und dezente Klang der Truhenorgel verlieh der Sonatine GDur für Violine und Orgel von Georg Philipp Telemann einen harmonisch vollen Hintergrund. Ein wahrhaft barockes Stück mit seinen vier Tempi – dem lebhaften Affettuoso, dem fröhlichen Vivace, einem innigen Adagio und einem schwungvollen Presto, welche die Geige lebendig ausmalte.
Danach ging es auf die Empore und zur neueren musikalischen Literatur. Dabei waren drei Komponisten, die heute wohl weniger bekannt sind wie der Schwede Otto Olsson (1879-1964) mit einer längeren Romance op. 24, die 1910 entstanden ist und auf den ersten Eindruck fast wie eine Filmmusik wirkte, mit einem wie ein Bandoneon tönenden Register. Der Geigenpart wechselte vom Liedhaften zu leichten Disharmonien, um dann wieder ins Erzählende zurückzufinden – ein Stück aus einer stilistischen Übergangszeit, in der verschiedene Modernismen die Konvention bereichern.
Ganz anders die vier Stücke für Violine und Orgel von Hermann Schroeder (1904-1984), der aus Bernkastel stammte und in Trier gewirkt hat. 1953 komponiert und mit historischen Bezeichnungen wie Präludium oder Rezitativ betitelt, war diese Musik noch nicht ganz in der Moderne angekommen. Trotz des präzisen Zusammenspiels der beiden Solisten wirkten die vier Werke musikalisch wenig ergiebig, und so schlich sich der dritte Komponist Theodor Kirchner (1823-1903) ganz anders ins Gehör mit den zwei Vortragsstücken op. 91 von 1890. Kirchner, der in Leipzig Robert Schumann kennenlernte und sein Leben lang mit Johannes Brahms befreundet war, schrieb mit diesen beiden postromantischen Werken eine sehr emotionale Musik mit einer süßschmelzenden Violinenstimme, die Michael Wieder jedoch nicht im Schmalz versinken ließ.
Nun wieder im Chor angelangt, interpretierten die beiden Solisten die ursprünglich für Violine und Cembalo geschriebene Sonate g-moll op. 1 No 10 mit dem Titel „Didone abbandonata“von Giuseppe Tartini (1692-1770). Der für seine „Teufelstriller-Sonate“berühmte Komponist, der hauptsächlich in Padua gewirkt hat, schuf mit diesem Stück über die verlassene, mythische Königin Dido drei Sätze, die sehr getragen und mit lauter Doppelgriffen beginnen, in ein hinreißend gespieltes Presto von großem Charme übergehen und mit einem heiteren Allegro abschließen. Auch hier war wieder der Klang der Truhenorgel im Hintergrund präsent, jedoch immer dezent als Begleitung. Für den lang anhaltenden Applaus bedankten sich die beiden Vollblutmusiker mit einem „Andante cantabile“, ebenfalls von Tartini.