Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Markus zieht blank
Pippi-Kacka-Humor mit Markus Maria Profitlich im Baienfurter Hoftheater
BAIENFURT - Markus Maria Profitlichs neues Programm nennt sich „Schwer verrückt“und mit diesem 90-minütigen Solo-Programm hat der Komiker und Schauspieler an gleich zwei Abenden hintereinander das Hoftheater bespielt. Den Zuschauern hat’s gefallen. Vermutlich, weil viele der insgesamt 220 Besucher von vornherein ausgewiesene Fans waren.
Vielleicht brauchen wir ja wirklich mehr Pippi-Kacka-Witze, mehr lustige Informationen über Analbleaching („Der Albino-Anus als Einparkhilfe für Arschkriecher“) und einen Komiker, der sich schließlich als verklemmter TV-Experte das Wort „Möse“abringt, mehr Aufklärung zum Thema „Prostata“, den Schließmuskel der Kühe und Ideen dazu, wie man den Sprössling vom Onanieren abhält („Mir hat mein Vater früher was in die heiße Milch getan, meinen Penis“). Womöglich dürstet uns tatsächlich ab und zu nach einem saftigen, bleichen, blanken Hintern auf der Bühne – was übrigens selbst die härtesten Fans sprachlos in die Pause gehen lässt. Wahrscheinlich aber doch nicht.
Nun darf getrost davon ausgegangen werden, dass Markus Maria Profitlich als großer, dicker Bär die Sketch- und Quatsch-Ära des Privatsenders SAT1 mit ganzen 80 Folgen „Mensch Markus“maßgeblich geprägt hat. Neun von zehn GoogleNutzern scheint die Serie gefallen zu haben, lässt sich im Internet nachlesen. Slapstick und Humor machten Profitlich zum Spaßgaranten, steht dort geschrieben. Nun: glücklicherweise sind die Geschmäcker ja verschieden. Und so etwas wie einen Niedlichkeitsbonus kann man dem XL-Comedian auch nicht absprechen. Zumal er sich zunächst in einer Zwangsjacke auf die Hoftheater-Bühne schleppt, sich aus dem Off launig als „Retter aus der Finsternis der Humorlosigkeit“ankündigen lässt und wirklich possierlich beim Grimassieren mit den Bäckchen wackelt.
Tatsächlich hat in der vergangenen Woche auch ein eher untypisches Publikum den Gang nach Hof angetreten, sich klug vom Hausherrn so auf den Plätzen im Theater arrangieren lassen, dass für den Künstler die leeren Stühle nicht offensichtlich werden, und die Fans haben sich auch wirklich amüsiert. Sofern man deren wieherndes Gelächter nicht als Scham-Bekundung sondern als pures Vergnügen deutet. Über VeganerWitzeleien („Kotelett-Smoothie“) und den Horror mit lebensmittelallergischen Kindern („Ich ess kein Fruchtfleisch, das ist auch Fleisch“). Über den Bruder von Bruce Lee („Brokko Lee“) und denselben von Elvis („Zwölfis“). Und die Zuschauer können herzlich lachen über „Inkontinentalrakete“Onkel Huber, seine graubrotgroße Prostata und der daraus resultierenden Harnrückhalteproblematik – wenn der Ü90er mehr als ein Tröpfchen neben die Kloschüssel fallen lässt und damit einem Achtung: Urin Geller alle Ehre macht.
Möglicherweise trifft Profitlich mit diesem neuen Programm „Schwer verrückt“, mit dem er seit knapp einem halben Jahr durch die Republik tourt, ja tatsächlich haargenau den Zeitgeist. Hat doch eben Til Schweiger mit einem neuen Kinofilm Premiere gefeiert, der ein Klassentreffen thematisiert – und der den einen als Zeitvertreib, den anderen als Kalauerschulung dienen kann. Die ersten Kritiken sprechen vom FilmEffekt, bei dem man „sich erholungsweise ein kleines Weilchen auf ganz einfach zu kapierende Körperlichkeiten“besinnen kann. Das nämlich trifft auf die Profitlich-Show eins zu eins zu: Das „Schwer verrückt“-Programm kann man anstrengungslos verfolgen.