Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Klartext reden
Der Empfang für den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan in Berlin wäre besser eine Nummer kleiner ausge- fallen. Ein normaler Arbeitsbesuch ohne großen Bahnhof hätte es auch getan.
Jenseits des Streits um das Protokoll ist es jedoch richtig und geboten, wieder den Dialog mit Ankara zu suchen und alles daran zu setzen, den türkischen Autokraten zu Zugeständnissen zu bewegen. Wer nicht miteinander redet, kann auch wenig bewegen. Erdogan kommt aus der Not heraus nach Berlin, getrieben von der schweren Wirtschaftskrise, in die er sein Land selbst gestürzt hat. Der türkische Präsident ist dringend auf Milliarden aus Brüssel und deutsche Unterstützung angewiesen. Hier liegt der Hebel, den die Bundesregierung jetzt ansetzen sollte, um Druck auszuüben. Solange Erdogan nicht wieder zu Rechtsstaatlichkeit zurückkehrt und Menschenrechte weiter mit Füßen tritt, darf ihm keine wirtschaftliche Unterstützung in Aussicht gestellt werden. Bundespräsident Steinmeier und Bundeskanzlerin Merkel müssen mit dem schwierigen Gast Klartext reden.
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in der Haft. Doch immerhin: Seit der Freilassung des deutsch-türkischen Journalisten Deniz Yücel hat es wieder Entspannungssignale auf beiden Seiten gegeben, ist man wieder bemüht die Gräben zu schließen. Weitere Deutsche kamen aus der Haft frei. Das Auswärtige Amt hob seine Reisewarnungen auf. Es gibt vorsichtige Schritte in Richtung Annäherung. Recep Tayyip Erdogan hofft auf deutsche Wirtschaftshilfe. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) und Bundesfinanzminister Olaf Scholz hatten im Vorfeld mit ihren türkischen Amtskollegen darüber beraten.
Sicherheitsstufe eins
Im Berliner Regierungsviertel gilt derzeit Sicherheitsstufe eins. Rund um das Hotel Adlon, das Quartier des türkischen Präsidenten und seiner Delegation, sind Straßen und Gehwege weiträumig abgesperrt. Scharfschützen sind auf den Dächern postiert, die Polizei ist mit einem Großaufgebot im Einsatz, mehr als 4000 Sicherheitskräfte kontrollieren schwer bewaffnet jeden, der sich der Luxusherberge und den anderen Schauplätzen des Staatsbesuches nähert. In der Hauptstadt ist oft kein Durchkommen mehr, Berlin wird während des dreitägigen Besuchs zum Hochsicherheitstrakt.