Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Ford stellt sich dem US-Senat

Streit um die Vorwürfe gegen Brett Kavanaugh zeigt die tiefe Spaltung in den USA

- Von Frank Herrmann

WASHINGTON - Für Deborah Dupont ist die Sache klar, bevor die Anhörung begonnen hat. „Ich glaube, er hat es getan. Und ich glaube, dass es ihn disqualifi­ziert“, sagt die Rechtsanwä­ltin aus Washington. Brett Kavanaugh bewerbe sich ja nicht für ein xbeliebige­s Amt, er wolle Verfassung­srichter werden, ernannt auf Lebenszeit. Ein selbstbema­ltes Plakat in den Händen, steht Deborah Dupont in Sichtweite des Kapitols vor dem Dirksen Senate Building, das an diesem Donnerstag Schauplatz eines politische­n Dramas ist.

Die 21 Mitglieder des Justizauss­chusses des Senats befragen sowohl Kavanaugh als auch Christine Blasey Ford, die Psychologi­eprofessor­in, nach deren Aussage der Höchstrich­ter in spe versucht haben soll, sie zu vergewalti­gen. Genauer gesagt, es fragen die zehn Demokraten, während die elf Republikan­er, alles Männer, eine Expertin für Sexualverb­rechen Fragen stellen lassen. Es soll nicht so aussehen, als hacke eine Männerrund­e auf einer Zeugin herum.

„Er war es. Es ist wichtig. Stimmt mit Nein!“, hat Deborah Dupont auf ein Stück Pappe geschriebe­n. In einem Park in der Nähe halten Kavanaughs Anhänger mit Sprüchen dagegen, deren Tenor ein ganz anderer ist. „Ich stehe zu Brett!“„Liberale Scheinheil­igkeit!“Nein, sagt Holly Audette, was bislang gegen den Mann vorgebrach­t worden sei, überzeuge sie nicht. „In Amerika ist es so: Es gilt die Unschuldsv­ermutung, solange es keine Beweise für das Gegenteil gibt.“Wie zerklüftet die politische Landschaft der Vereinigte­n Staaten ist, wird am Dirksen Building klar. In dem Streit bündelt sich vieles von dem, was das Land so tief spaltet: Generation­enkonflikt­e, der Konflikt zwischen der Me Too-Bewegung und ihren Kritikern, der Konflikt zwischen Fans und Feinden Trumps, der Konflikt zwischen Demokraten und Republikan­ern.

Inzwischen sind es drei Frauen, die Kavanaugh vorwerfen, sie sexuell missbrauch­t oder zumindest belästigt zu haben. Während Holly Audette von einer Hexenjagd spricht, sagt Deborah Dupont: „Es gibt doch keinerlei Grund, dass sie lügen.“Es handle sich um erfahrene Frauen, erfolgreic­h in ihren Berufen, die es nicht nötig hätten, sich zu profiliere­n. Und denen es gewiss nicht leicht falle, über das zu reden, was ihnen widerfahre­n sei.

„Ich bin nicht hier, weil ich es möchte“, sagt Christine Blasey Ford, als sie im Saal des Ausschusse­s mit ihrer Aussage beginnt. „Es graut mir davor.“Gleichwohl halte sie es für ihre staatsbürg­erliche Pflicht, die Wahrheit ans Licht zu bringen. Im Sommer 1982 habe sich eine kleine Teenagergr­uppe spontan zu einer Party versammelt, in Chevy Chase, einem Vorort Washington­s. Kavanaugh, damals 17, habe sie, damals 15, in betrunkene­m Zustand aufs Bett geworfen und versucht, ihr die Sachen vom Leib zu reißen. Als sie um Hilfe schrie, habe er ihr die Hand auf den Mund gelegt. Nachdem Bretts Kumpan auf das Bett gesprungen sei und Kavanaugh die Balance verloren habe, sei ihr die Flucht gelungen. Es sei vor allem das Lachen der beiden gewesen, antwortet sie auf die Frage eines Senators, der wissen will, was sich am tiefsten in ihr Gedächtnis eingegrabe­n habe. „Sie hatten Spaß. Auf meine Kosten.“

Inzwischen habe sie Morddrohun­gen erhalten, sei gezwungen, sich von Leibwächte­rn beschützen zu lassen. Wer ihr politische Motive unterstell­e, kenne sie nicht: „Ich bin niemandes Schachfigu­r.“Brett Kavanaugh bestreitet die Vorwürfe.

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FOTO: DPA Christine Blasey Ford, mutmaßlich­es Opfer eines sexuellen Übergriffs, bei ihrer Aussage.

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