Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Marienfriedhof: Gebäude kostet mehr
Schadstoffe und Handwerker sprengen den Rahmen der Kalkulation um 115 000 Euro
WEINGARTEN - Eine unliebsame Entdeckung machten die Mitarbeiter eines auf Schadstoffuntersuchung spezialisierten Büros im März auf dem Marienfriedhof. In dem sanierungsbedürftigen Betriebsgebäude sind Teile der Fassade an der Südseite mit Asbest verseucht. Gleiches gilt auch für die Nordseite. Dort ist die Innenverkleidung der Außenwand mit Asbest belastet.
Im Mai dann die nächste schlechte Nachricht: Im ehemaligen Kühlraum wurden Belastungen mit polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) entdeckt. Der Stoff besteht aus mehreren Hundert Einzelstoffen und wurde in Form eines teerhaltigen Innenanstrichs als Abdichtung auf die Betonwand aufgebracht. Die im weiteren Aufbau der Wand verwendete Dämmung aus Kork war ebenfalls mit PAK belastet. Die Kosten für die Untersuchung und Beseitigung: rund 23 000 Euro.
Doch bei diesen nicht einkalkulierten Kosten blieb es nicht. Neue Heizkörper und Wasserleitungen für 37 000 Euro. Die Beseitigung sogenannter „Wärmebrücken“, durch die Wärme schneller nach außen dringt als durch angrenzende Bauteile, kostet 20 000 Euro. Wärmebrücken verursachen Energieverluste und gefährden die Bausubstanz.
Und dann ist da noch ein Betrag von 30 000 Euro, den die Stadt mit einer „Kostensteigerung aufgrund der aktuellen Marktsituation“angibt. Aufgrund der Hochkonjunktur in der Bauwirtschaft, heißt es in einer Stellungnahme der Stadt, liegen die Angebote für die Arbeitsvergabe weit über den üblichen Summen. Zudem hätten sich die Kosten beispielsweise für Material in einem Jahr um 4,1 Prozent erhöht.
Summa summarum sind das 115 000 Euro mehr als ursprünglich geplant. Statt der im Oktober vergangenen Jahres veranschlagten 285 000 Euro kostet die Renovierung des Gebäudes nun 400 000 Euro.
Dass die Sanierung des 1963 errichteten Marienhofgebäudes dringend notwendig ist, darüber besteht kein Zweifel. Bei einer Begehung 2016 hatte die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft die Zustände bemängelt. Es gibt keine Wasch- und Umkleideräume, das WC ist nicht behindertengerecht und der Pfarrer muss sich im Aufenthaltsraum des Personals umziehen und Trauerfeiern vorbereiten. Die Stadt hat entsprechend reagiert und einen Entwurf vorgelegt, der sowohl mit der Berufsgenossenschaft als auch mit der Gewerbeaufsicht abgesprochen wurde.
Kritik an der Verwaltung
Die jetzt entstandenen Mehrkosten wollte der Gemeinderat nicht so einfach durchwinken. Der Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler, Horst Wiest, forderte, dass Kalkulationen künftig großzügiger sein müssen. „So können wir nicht mehr weitermachen“, sagte Wiest und erwähnte die Haushaltsstrukturkommission, in der man schon stolz sei, wenn man 15 000 Euro einsparen könne. Indessen insistierte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der CDU, Wolfgang Pfau, dem Plan nun zuzustimmen. „Je länger wir warten, desto teurer wird es“, sagte er mit Blick auf die Marktlage. Bernd Junginger von den Freien Wählern kritisierte die Reihenfolge der Vorgehensweise. „Es ist doch allgemein bekannt, dass ältere Gebäude schadstoffbelastet sind“, sagte er. „Das hätte man doch schon im Vorfeld klären können.“Oberbürgermeister Markus Ewald verteidigte die Vorgehensweise mit der Begründung, dass damit noch mehr Kosten hätten entstehen können.
Der Gemeinderat beschloss die Gesamtkosten von 400 000 Euro bei drei Enthaltungen.