Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Marienfrie­dhof: Gebäude kostet mehr

Schadstoff­e und Handwerker sprengen den Rahmen der Kalkulatio­n um 115 000 Euro

- Von Markus Reppner

WEINGARTEN - Eine unliebsame Entdeckung machten die Mitarbeite­r eines auf Schadstoff­untersuchu­ng spezialisi­erten Büros im März auf dem Marienfrie­dhof. In dem sanierungs­bedürftige­n Betriebsge­bäude sind Teile der Fassade an der Südseite mit Asbest verseucht. Gleiches gilt auch für die Nordseite. Dort ist die Innenverkl­eidung der Außenwand mit Asbest belastet.

Im Mai dann die nächste schlechte Nachricht: Im ehemaligen Kühlraum wurden Belastunge­n mit polyzyklis­chen aromatisch­en Kohlenwass­erstoffen (PAK) entdeckt. Der Stoff besteht aus mehreren Hundert Einzelstof­fen und wurde in Form eines teerhaltig­en Innenanstr­ichs als Abdichtung auf die Betonwand aufgebrach­t. Die im weiteren Aufbau der Wand verwendete Dämmung aus Kork war ebenfalls mit PAK belastet. Die Kosten für die Untersuchu­ng und Beseitigun­g: rund 23 000 Euro.

Doch bei diesen nicht einkalkuli­erten Kosten blieb es nicht. Neue Heizkörper und Wasserleit­ungen für 37 000 Euro. Die Beseitigun­g sogenannte­r „Wärmebrück­en“, durch die Wärme schneller nach außen dringt als durch angrenzend­e Bauteile, kostet 20 000 Euro. Wärmebrück­en verursache­n Energiever­luste und gefährden die Bausubstan­z.

Und dann ist da noch ein Betrag von 30 000 Euro, den die Stadt mit einer „Kostenstei­gerung aufgrund der aktuellen Marktsitua­tion“angibt. Aufgrund der Hochkonjun­ktur in der Bauwirtsch­aft, heißt es in einer Stellungna­hme der Stadt, liegen die Angebote für die Arbeitsver­gabe weit über den üblichen Summen. Zudem hätten sich die Kosten beispielsw­eise für Material in einem Jahr um 4,1 Prozent erhöht.

Summa summarum sind das 115 000 Euro mehr als ursprüngli­ch geplant. Statt der im Oktober vergangene­n Jahres veranschla­gten 285 000 Euro kostet die Renovierun­g des Gebäudes nun 400 000 Euro.

Dass die Sanierung des 1963 errichtete­n Marienhofg­ebäudes dringend notwendig ist, darüber besteht kein Zweifel. Bei einer Begehung 2016 hatte die landwirtsc­haftliche Berufsgeno­ssenschaft die Zustände bemängelt. Es gibt keine Wasch- und Umkleiderä­ume, das WC ist nicht behinderte­ngerecht und der Pfarrer muss sich im Aufenthalt­sraum des Personals umziehen und Trauerfeie­rn vorbereite­n. Die Stadt hat entspreche­nd reagiert und einen Entwurf vorgelegt, der sowohl mit der Berufsgeno­ssenschaft als auch mit der Gewerbeauf­sicht abgesproch­en wurde.

Kritik an der Verwaltung

Die jetzt entstanden­en Mehrkosten wollte der Gemeindera­t nicht so einfach durchwinke­n. Der Fraktionsv­orsitzende der Freien Wähler, Horst Wiest, forderte, dass Kalkulatio­nen künftig großzügige­r sein müssen. „So können wir nicht mehr weitermach­en“, sagte Wiest und erwähnte die Haushaltss­trukturkom­mission, in der man schon stolz sei, wenn man 15 000 Euro einsparen könne. Indessen insistiert­e der stellvertr­etende Fraktionsv­orsitzende der CDU, Wolfgang Pfau, dem Plan nun zuzustimme­n. „Je länger wir warten, desto teurer wird es“, sagte er mit Blick auf die Marktlage. Bernd Junginger von den Freien Wählern kritisiert­e die Reihenfolg­e der Vorgehensw­eise. „Es ist doch allgemein bekannt, dass ältere Gebäude schadstoff­belastet sind“, sagte er. „Das hätte man doch schon im Vorfeld klären können.“Oberbürger­meister Markus Ewald verteidigt­e die Vorgehensw­eise mit der Begründung, dass damit noch mehr Kosten hätten entstehen können.

Der Gemeindera­t beschloss die Gesamtkost­en von 400 000 Euro bei drei Enthaltung­en.

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FOTO: JAN SCHARPENBE­RG Dass die Sanierung des Marienhofg­ebäudes notwendig ist, darüber sind sich alle einig – die anfallende­n Mehrkosten will der Gemeindera­t aber nicht so einfach durchwinke­n.

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