Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Mein Gartenbauer
Ich mochte ihn sofort. Seine Stimme am Telefon klang sympathisch, nachdem ich ihn nach ungefähr 25 vergeblichen Versuchen endlich erreicht hatte. Um diese Jahreszeit sei er ständig unterwegs und habe viel draußen zu tun, sagte er, was ich gut verstehe. Auch bei mir gäbe es einiges draußen zu erledigen, sagte ich. Die Hecke hinterm Haus hindere seit zwei Jahren die Morgensonne daran, Garten und Haus zu bescheinen. Diverse Sträucher reichten inzwischen bis zur Dachrinne.
Dafür sei er der Richtige, unterbrach er mich. Ob sonst noch etwas anliege? Ja, sagte ich. Er müsse den Nussbaum dringend noch vor dem ersten Herbststurm stutzen, eine Schneise vom Gartentor zur Haustüre schlagen und auch das Gartenhaus, das seit einiger Zeit nicht mehr zugänglich sei, freilegen. An dem Tag, den er zugesagt hatte, kam er nicht. Zwei Tage später rief er an und sagte, es sei ihm etwas dazwischengekommen. Ob er tags darauf kommen könne? Gleich sehr früh morgens oder lieber nachmittags? „Wann immer Sie wollen“, sagte ich. Kaffee und Kuchen sowie ein zünftiges Vesper stünden immer bereit für ihn, auch für seinen Mitarbeiter.
Vier Tage nach diesem Gespräch sah ich ihn mit seinem Wagen und einem Anhänger voller Gartengeräte in der Nachbarschaft. Es freute mich, dass er gesund und einsatzfähig war. Ich winkte ihm im Vorbeigehen freundlich zu. Es dauerte eine Weile, bis er mich erkannte. Unserem Garten komme er immer näher, rief er mir von der Leiter herunter fröhlich zu. „Ist’s recht, wenn ich morgen vorbeikomme?“, fragte er. Aber bloß, wenn es nicht regne. Hauptsache, noch in diesem Herbst, bevor es schneit, rief ich die Leiter hoch.