Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Mein Gartenbaue­r

- Von Markus Glonnegger

Ich mochte ihn sofort. Seine Stimme am Telefon klang sympathisc­h, nachdem ich ihn nach ungefähr 25 vergeblich­en Versuchen endlich erreicht hatte. Um diese Jahreszeit sei er ständig unterwegs und habe viel draußen zu tun, sagte er, was ich gut verstehe. Auch bei mir gäbe es einiges draußen zu erledigen, sagte ich. Die Hecke hinterm Haus hindere seit zwei Jahren die Morgensonn­e daran, Garten und Haus zu bescheinen. Diverse Sträucher reichten inzwischen bis zur Dachrinne.

Dafür sei er der Richtige, unterbrach er mich. Ob sonst noch etwas anliege? Ja, sagte ich. Er müsse den Nussbaum dringend noch vor dem ersten Herbststur­m stutzen, eine Schneise vom Gartentor zur Haustüre schlagen und auch das Gartenhaus, das seit einiger Zeit nicht mehr zugänglich sei, freilegen. An dem Tag, den er zugesagt hatte, kam er nicht. Zwei Tage später rief er an und sagte, es sei ihm etwas dazwischen­gekommen. Ob er tags darauf kommen könne? Gleich sehr früh morgens oder lieber nachmittag­s? „Wann immer Sie wollen“, sagte ich. Kaffee und Kuchen sowie ein zünftiges Vesper stünden immer bereit für ihn, auch für seinen Mitarbeite­r.

Vier Tage nach diesem Gespräch sah ich ihn mit seinem Wagen und einem Anhänger voller Gartengerä­te in der Nachbarsch­aft. Es freute mich, dass er gesund und einsatzfäh­ig war. Ich winkte ihm im Vorbeigehe­n freundlich zu. Es dauerte eine Weile, bis er mich erkannte. Unserem Garten komme er immer näher, rief er mir von der Leiter herunter fröhlich zu. „Ist’s recht, wenn ich morgen vorbeikomm­e?“, fragte er. Aber bloß, wenn es nicht regne. Hauptsache, noch in diesem Herbst, bevor es schneit, rief ich die Leiter hoch.

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