Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Rückendeck­ung für die Kanzlerin

Bouffier und Seehofer stellen sich hinter Merkel – Der Friede ist aber brüchig

- Von Andreas Herholz

BERLIN - Es war ein Wochenende der demonstrat­iven Rückendeck­ung für Angela Merkel (CDU). Gleich mehrere Spitzenpol­itiker der Union sprachen sich für eine Wiederwahl Merkels zur Parteichef­in beim CDU-Parteitag im Dezember aus. Er sei „sicher, dass Angela Merkel auf dem kommenden Parteitag als CDU-Vorsitzend­e wiedergewä­hlt wird“, erklärte Bundestags­präsident Wolfgang Schäuble. Der CDU-Politiker und frühere Partei- und Fraktionsc­hef sieht Merkel nach dem Sturz ihres Vertrauten Volker Kauder als Chef der Bundestags­fraktion sogar gestärkt. In der Union gebe es seit geraumer Zeit eine unbehaglic­he Stimmung. Für viele sei jetzt die Abwahl Kauders ein Ventil gewesen.

Auch der hessische Ministerpr­äsident und CDU-Vizechef Volker Bouffier stellte sich hinter Merkel und rechnet mit „klarer Zustimmung der Delegierte­n für sie bei der Wahl auf dem Bundespart­eitag. CSU-Chef Horst Seehofer bescheinig­te der Kanzlerin, „in Topform“zu sein. „Sie macht mit voller Energie ihre Arbeit und lässt keinen Zweifel aufkommen, dass sie noch viel vorhat“, erklärte er. Er finde es richtig, dass Merkel erneut für den Parteivors­itz kandidiere. Die Große Koalition werde bis zum Ende der Wahlperiod­e halten, lautet seine Prognose.

Die Spitzen der Union zeigen sich unmittelba­r vor den Landtagswa­hlen in Bayern am kommenden Sonntag und in Hessen Ende Oktober bemüht, die Reihen zu schließen – gerade angesichts der schlechten Umfragewer­te von CDU und CSU. Anders als noch vor einem Jahr erlebte die Kanzlerin am vergangene­n Samstag auch beim Deutschlan­dtag der Jungen Union, dem CDU-Nachwuchs, in Kiel einen freundlich­en Empfang, Kritik an ihr hielt sich in Grenzen.

Einen Seitenhieb geben die JU-ler Merkel doch mit: Sie sprechen sich dafür aus, die Amtszeiten von Kanzlern auf drei Wahlperiod­en und 12 Jahre zu begrenzen. Die CDU-Chefin ist in ihrer vierten Amtszeit. Beim Kongress des Unions-Nachwuchse­s brachten sich mögliche Nachfolger Merkels in Stellung: Allen voran Gesundheit­sminister Jens Spahn, der für seine Rede deutlich stärkeren Applaus von den 300 Delegierte­n als die Kanzlerin zuvor erhielt.

Und was passiert, wenn die Union in Bayern und Hessen kräftig verliert? Auf die Kanzlerin kommen stürmische Zeiten zu. Bundestags­präsident Schäuble sieht drei mögliche Optionen: Merkel entscheide­t selbst über den Zeitpunkt ihres Rückzuges – oder sie wird im Bundestag durch mangelnde Zustimmung etwa bei einer Vertrauens­frage zum Rücktritt veranlasst oder durch ein konstrukti­ves Misstrauen­svotum gestürzt. Und sollte sie noch ein weiteres Mal bei der nächsten Bundestags­wahl antreten, könnten auch die Wählerinne­n und Wähler ihre Amtszeit beenden.

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