Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Rückendeckung für die Kanzlerin
Bouffier und Seehofer stellen sich hinter Merkel – Der Friede ist aber brüchig
BERLIN - Es war ein Wochenende der demonstrativen Rückendeckung für Angela Merkel (CDU). Gleich mehrere Spitzenpolitiker der Union sprachen sich für eine Wiederwahl Merkels zur Parteichefin beim CDU-Parteitag im Dezember aus. Er sei „sicher, dass Angela Merkel auf dem kommenden Parteitag als CDU-Vorsitzende wiedergewählt wird“, erklärte Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble. Der CDU-Politiker und frühere Partei- und Fraktionschef sieht Merkel nach dem Sturz ihres Vertrauten Volker Kauder als Chef der Bundestagsfraktion sogar gestärkt. In der Union gebe es seit geraumer Zeit eine unbehagliche Stimmung. Für viele sei jetzt die Abwahl Kauders ein Ventil gewesen.
Auch der hessische Ministerpräsident und CDU-Vizechef Volker Bouffier stellte sich hinter Merkel und rechnet mit „klarer Zustimmung der Delegierten für sie bei der Wahl auf dem Bundesparteitag. CSU-Chef Horst Seehofer bescheinigte der Kanzlerin, „in Topform“zu sein. „Sie macht mit voller Energie ihre Arbeit und lässt keinen Zweifel aufkommen, dass sie noch viel vorhat“, erklärte er. Er finde es richtig, dass Merkel erneut für den Parteivorsitz kandidiere. Die Große Koalition werde bis zum Ende der Wahlperiode halten, lautet seine Prognose.
Die Spitzen der Union zeigen sich unmittelbar vor den Landtagswahlen in Bayern am kommenden Sonntag und in Hessen Ende Oktober bemüht, die Reihen zu schließen – gerade angesichts der schlechten Umfragewerte von CDU und CSU. Anders als noch vor einem Jahr erlebte die Kanzlerin am vergangenen Samstag auch beim Deutschlandtag der Jungen Union, dem CDU-Nachwuchs, in Kiel einen freundlichen Empfang, Kritik an ihr hielt sich in Grenzen.
Einen Seitenhieb geben die JU-ler Merkel doch mit: Sie sprechen sich dafür aus, die Amtszeiten von Kanzlern auf drei Wahlperioden und 12 Jahre zu begrenzen. Die CDU-Chefin ist in ihrer vierten Amtszeit. Beim Kongress des Unions-Nachwuchses brachten sich mögliche Nachfolger Merkels in Stellung: Allen voran Gesundheitsminister Jens Spahn, der für seine Rede deutlich stärkeren Applaus von den 300 Delegierten als die Kanzlerin zuvor erhielt.
Und was passiert, wenn die Union in Bayern und Hessen kräftig verliert? Auf die Kanzlerin kommen stürmische Zeiten zu. Bundestagspräsident Schäuble sieht drei mögliche Optionen: Merkel entscheidet selbst über den Zeitpunkt ihres Rückzuges – oder sie wird im Bundestag durch mangelnde Zustimmung etwa bei einer Vertrauensfrage zum Rücktritt veranlasst oder durch ein konstruktives Misstrauensvotum gestürzt. Und sollte sie noch ein weiteres Mal bei der nächsten Bundestagswahl antreten, könnten auch die Wählerinnen und Wähler ihre Amtszeit beenden.