Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Kultur leben

- Von Michael Borrasch

Gewitzter Glaube an sich selbst ist ja fast schon eine Grundvorau­ssetzung dafür, überzeugen­de künstleris­che Leistung abzuliefer­n. Was juckt denn der Zeitgeist oder die Erwartungs­haltung des Publikums oder gar die der Medien. Formatiert­e, berechenba­re Angebote gibt es schließlic­h viel zu viele.

Und daher sollte eine Band wie Pam Pam Ida aus Sandersdor­f im Altmühltal mit weit offenen Armen vom sinnenfroh­en Publikum empfangen werden. In diesen stumpftrau­rigen Zeiten mehr denn je. Das Schönste: Genau das passiert gerade, spätestens seit das Sextett um den unwiderste­hlich grandiosen Sänger, Texter, Multiinstr­umentalist­en (von Wurlitzer über Kalimba bis Blockflöte!) und überhaupt Kopf des Projekts Andreas Eckert im vergangene­n Jahr die Debut-CD „Optimist“veröffentl­icht hat. Mit bairischer Schnauze und viel Gefühl, voller Heimat und weiter Welt. In Bayern konnte sich diese auf unglaublic­he Weise zwischen operettenh­aftem Folk (ja, sowas gibt’s jetzt), schmierige­m 1980er Schlager voller pubertärer Notgeilhei­t, trötender Heimatkape­lle und Bubenfrech­heit, Streichers­chmalz und Blockflöte­nbarock changieren­de Jungherren­runde bereits einen klasse Ruf erspielen. Die Band selbst nennt Georg Ringsgwand­l, Paul McCartney und Bilderbuch als Orientieru­ngspunkte. Doch ganz grundsätzl­ich haben die sechs Männer viel Freude am Neu-Entdecken und überrasche­nden Wendungen: große Gefühle und Ironie treffen aufeinande­r, dann wieder locker tänzelnder Spaß – alles mit melankomis­chen Texten voller Poesie und Sprachwitz angerichte­t. „Vielleicht, wer weiß des gwieß. Es konn sei, dass moang d’Weid untergeht, oda dass ois so bleibt wia’s is“. Was sie selbst über sich sagen? „Achterbahn­fahrer und Abenteurer fühlen sich auf unseren Konzerten sehr wohl. Vor allem aber Musikbegei­sterte und Tanzmäuse“. Ein gewitzter Glaube an die eigene Stärke kann halt schon hilfreich sein.

Als Pam Pam Ida zusammen mit den Streicheri­nnen des Silberfisc­horchester­s neulich im Juli auf Deutschlan­ds größtem Folk- und Songfestiv­al in Rudolstadt/Thüringen erstmals außerhalb von Süddeutsch­land auftraten, konnte die Combo eine leichte Nervosität nicht ganz abschüttel­n. Mittags um 12.30 Uhr die qualitätsv­erwöhnte Festivalme­ute bespaßen? Eine Stunde später waren 2000 in der Sommerhitz­e schwitzend­e Leute völlig euphorisie­rt und schmettert­en einen der größten Pam-Pam-IdaGassenh­auer aus voller Kehle mit: „Lass, lass, lass de Schuitern danzn / lass de Schuitern danzn / aufn Summa und auf de Sunn!“. Ein erhebender Spaß. Demnächst ergeben sich weitere Gelegenhei­ten in unserer Gegend! Zu erleben ist die unbekümmer­te Frischzell­enkur zwischen Pop und moderner Wirtshausm­usik am Freitag, 12. Oktober, im Zeughaus Lindau. Und am 17. November werden Pam Pam Ida in der Zehntscheu­er mit dem 30. „Ravensburg­er Kupferle“geehrt.

borrasch@gmx.de

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