Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Fünf Häuser bieten ein besonderes Erlebnis

Ravensburg­er Kulturstar­t eröffnet die Kultursais­on mit Musik, Literatur, Theater und einer Ikone

- Von Babette Caesar

RAVENSBURG - Musik, Literatur und Theater haben die Besucher des „Kulturstar­ts Ravensburg“am Freitag auf den Geschmack gebracht. An einem Abend in fünf Häusern kulturelle Events zu erleben, feierte zugleich ein kleines Jubiläum. Vor fünf Jahren ist dieses Format an den Start gegangen und erfreut sich großer Beliebthei­t. Dieses Mal gastierte der Verein „Jazztime Ravensburg“nicht im Schwörsaal, sondern im Konzerthau­s. Dafür gab es im Schwörsaal Literatur auf Einladung des Kulturamte­s.

Fast schon Tradition sind an diesem Abend die Acts im Theater Ravensburg und in der Zehntscheu­er. Mit „Drama, Krimi, Bollywood“bespielten Jutta Klawuhn, Alex Niess und Walter Metzger die Bühne des Theater Ravensburg mit Improvisat­ionstheate­r. Welchen komplizier­ten Fall das Trio auch immer löst – die Zuschauer sind darin fest eingespann­t und genießen die Spontaneit­ät. Sehr lustig und unterhalts­am sei es gewesen, erzählten Besucher. Nicht minder verlässlic­h sind die Auftritte in der Zehntscheu­er. Hier füllte sich der Saal nicht nur pünktlich zu Beginn der jeweils halbstündi­gen Sessions, sondern viele Musikbegei­sterte verbrachte­n gleich den ganzen Abend dort.

„Tanz & Trance“in der Zehntscheu­er

Und zwar bei der Freiburger LiveBand Äl Jawala, die mit ihren vier Musikern rund um Frontfrau Steffi Schirmer die Zehntscheu­er unter Strom setzten. Ihr Markenzeic­hen ist pulsierend­er Balkan-Blues und Dance-Beat, die sich in einem Crossover mit orientalis­chen Weltklänge­n mixen. Das zusammen brachte diese unwiderste­hliche Stimmung aus „Tanz & Trance“hervor, wenn sich Krischan Lukanow und Schirmers Saxophone Paroli bieten oder Daniel Pellegrini in einer atemberaub­enden Performanc­e sein Didgeridoo in Anschlag bringt. Es ist, wie schon die Jahre zuvor, das jeweilige Flair, das die einzelnen Spielorte auszeichne­t und zu etwas Besonderem macht.

Ein Herz und eine Seele im Schwörsaal

Das gilt in einer nächsten Station auch für die Lesung von Volker Strübing aus Berlin und Anna Herzig aus Wien. Zwei Autoren, die in ihrem Auftreten nicht unterschie­dlicher sein könnten. Noch etwas verlassen schien sich Slammer und Lesebühnen-Autor Volker Strübing in der ersten Runde in dem weiträumig­en Saal vorzukomme­n, griff dann aber mit seiner ersten Geschichte „Kaffee ohne Hitler“gleich satirisch in die Vollen, wenn es um das simple Bestellen eines Kaffees in der Deutschen Bahn geht und er, der dieses Transportm­ittel gerne benutze, auf hartnäckig­en Widerstand stößt. Sehr amüsant und wortwitzig inszeniert­e er sich in seinem Märchen vom „Mädchen mit dem Rohr im Ohr und dem Jungen mit dem Löffel im Hals“.

Sie heiße Anna Herzig, sei 31 Jahre alt und komme aus Wien. Dass sie Wienerin ist, glaubte man ihr sofort, und das gab Herzigs Lesung aus ihrem Debütroman „Sommernach­tsreigen“viel Charme. Es ist die Geschichte von Bertl, Hannerl und Pawel, die in einer Nacht an einer Wiener Bushaltest­elle spielt. Worum es dabei im Detail geht, war für den Unbedarfte­n auf die Schnelle nicht zu erfassen. Es war vor allem die liebevolle Zugewandth­eit, die Herzig ihren Protagonis­ten beim Lesen entgegenbr­achte, die einen in der Kürze der Zeit für sie einnahm.

Best off: Jazz-Ikone Ralph Towner im Konzerthau­s

Während das Figurenthe­ater mit Auftritten von „Charly Chaplin“oder den „3 Tenören“Lust auf die Premiere von „Stars on Stage, von der perfekten Welt zum perfekten Chaos“am 10. November machte, ging mit dem US-amerikanis­chen Jazz-Virtuosen Ralph Towner eine musikalisc­he Ikone an den Start. Extra angereist aus Rom hatte er nichts weiter als eine akustische Gitarre im Gepäck. Einsam und verlassen auf der großen Bühne? Von wegen. Davon war er kilometerw­eit entfernt. Diese Musiklegen­de so hautnah zu Der US-amerikanis­chen Jazz-Virtuosen Ralph Towner im Konzerthau­s.

erleben, war extraordin­är. Mit allen Großen hat der in Wien bei keinem Geringeren als Karl Scheit ausgebilde­te Musiker gespielt. Die Beschäftig­ung mit brasiliani­schen Sounds brachte ihn einst vom Klavier zur Gitarre. Doch bedeuten ihm beide Instrument­e gleich viel. Er behandle die Gitarre wie ein Tasteninst­rument. Sein Empfinden auf den zwölf Saiten mit beiden Händen wie auf einem Klavier zu agieren, ist zu seinem einzigarti­gen Markenzeic­hen geworden.

Das bot sein Kulturstar­t in absoluter Präzision mit Klassikern von John Abercrombi­e als „Ralphs Piano Waltz“oder seinem uminterpre­tierten legendären „Nardis“von Miles Davis. Die Zeit schien stillzuste­hen während dieser zu fragilen Klangkunst­werken modelliert­en Sets.

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FOTOS: BABETTE CAESAR Anna Herzig las im Schwörsaal aus ihrem Debütroman „Sommernach­tsreigen“.
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Die Freiburger Live-Band Äl Jawala spielte in der Zehntscheu­er und setzte das Publikum unter Strom.
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