Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Wut war stärker als Argumente

- Von Klaus●Ehringfeld

Das Ergebnis der Präsidente­nwahl in Brasilien wirkt wie ein Schock. Das größte Land Lateinamer­ikas wählt einen Mann fast in erster Runde zum Staatschef, der rückwärtsg­ewandt in sozialen Fragen und reaktionär bis rechtsradi­kal bei politische­n Themen ist. Jair Bolsonaro stellt alles infrage, was moderne Gesellscha­ften unter zähem Ringen erreicht haben. Gleichbere­chtigung, Minderheit­enschutz, der Kampf gegen Diskrimini­erung, Konfliktlö­sung ohne Gewalt. Eine Wahl Bolsonaros zum Präsidente­n in zweiter Runde in drei Wochen kann nur noch verhindert werden, wenn sich alle demokratis­chen Kräfte hinter seinen Herausford­erer Fernando Haddad stellen. Doch das ist wenig wahrschein­lich, denn der Kandidat der Arbeiterpa­rtei PT ist für viele Brasiliane­r ebenso unwählbar wie es Bolsonaro für Millionen anderer ist.

Haddad repräsenti­ert für zu viele die Kontinuitä­t jenes Systems, das sie mit dem größten Korruption­sskandal in der Geschichte des Landes und dem Niedergang der Wirtschaft verbinden. Die PT, die Brasilien von 2003 bis 2016 regiert hat, trägt also eine Mitschuld an dem Ergebnis. Die Wut der Brasiliane­r auf die politische Klasse im Allgemeine­n und die Arbeiterpa­rtei im Besonderen war stärker als jedes Argument. Dazu kommt wohl , dass der Rechtsextr­eme mit seiner rassistisc­hen Diktion in weiten Teilen der Gesellscha­ft auf Gegenliebe stößt.

politik@schwaebisc­he.de

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