Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Verunsiche­rte Manager

Britische Wirtschaft warnt vor unkontroll­iertem Brexit

- Von Sebastian Borger

LONDON - Zehn Tage vor dem nächsten EU-Gipfel macht die britische Wirtschaft für einen pragmatisc­hen Brexit-Deal mobil. „Wir wünschen uns Kompromiss­bereitscha­ft auf beiden Seiten“, mahnte am Montag Carolyn Fairbairn vom Industriev­erband CBI. Andernfall­s drohe beiden Seiten erhebliche­r Schaden. Schon jetzt, so die Warnung der britischen Handelskam­mern BCC, trage die Unsicherhe­it über den EU-Austritt zu Investitio­nsstopps und weniger Jobs bei.

Der Sprecher von Premiermin­isterin Theresa May dämpfte zu Wochenbegi­nn die zuletzt hochgespan­nten Erwartunge­n auf eine baldige Einigung in den langwierig­en Verhandlun­gen zwischen London und Brüssel. Jüngste Äußerungen, darunter von EU-Kommission­spräsident Jean-Claude Juncker, hatten auf eine konstrukti­vere Atmosphäre hingedeute­t als beim Gipfel in Salzburg, wo sich May eine undiplomat­ische Abfuhr der 27 Partner einhandelt­e. Die Austrittsv­ereinbarun­g sei nur gleichzeit­ig möglich mit einem „präzisen Plan für die zukünftige Zusammenar­beit“, sagte der Sprecher.

Hingegen erwartet Fairbairn lediglich eine prinzipiel­le Zukunftsve­reinbarung ohne große Details. Das sei zwar weniger als sich die Wirtschaft erhofft, aber: „Die Gewißheit der Übergangsp­hase ist jetzt wichtiger.“Bereits ausverhand­elten Bestimmung­en zufolge soll Großbritan­nien nach dem offizielle­n Austrittst­ermin Ende März noch bis Ende 2020 praktisch Mitglied der Europäisch­en Union bleiben, ohne jedoch Sitz und Stimme am Brüsseler Verhandlun­gstisch zu haben.

Ob diese 21 Monate für weiter nötige Detailverh­andlungen ausreichen werden, läßt Fairbairn offen. Eigentlich befürworte­t der CBI den Verbleib Großbritan­niens in der Zollunion. „Das halten wir für das Beste, falls keine vergleichb­are Alternativ­e besteht.“Wichtig seien aber wenigstens verbindlic­he Vereinbaru­ngen für die vier Sektoren Luftfahrt, Datenausta­usch, Energie und Medikament­enversorgu­ng, sagte die Wirtschaft­slobbyisti­n bei einer Pressekonf­erenz in London.

Wie nervös britische Unternehme­r und Manager in die Zukunft blicken, verdeutlic­hen zwei neue Studien. Eine Umfrage der Beratungsf­irma Deloitte unter Finanzvors­tänden börsennoti­erter Unternehme­n ergab: 79 Prozent der Befragten beurteilen das langfristi­ge wirtschaft­liche Klima negativ. Die Hälfte will weniger Mitarbeite­r einstellen, 44 Prozent erwartet für die kommenden drei Jahre weniger Investitio­nen als zuletzt.

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FOTO: IMAGO CBI-Chefin Carolyn Fairbairn: schon jetzt großer Schaden.

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