Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Dinner for Two

Michael Reschke und Wolfgang Dietrich wollen den neuen VfB-Trainer zeitnah präsentier­en

- Von Felix Alex und SID

STUTTGART - Da saß er nun, Wolfgang Dietrich, seines Zeichens Präsident des VfB Stuttgart und rechtferti­gte die Trainerent­lassung von Tayfun Korkut. Dass er dieser Tage „jede Stunde“in der „schweren Phase“nutzen wolle, um die Trainernac­hfolge zu regeln, scheint selbstvers­tändlich, von Entscheidu­ngen und Unabdingba­rkeiten, war die Rede. Und dann gab es diesen einen kleinen Moment, zwischen Glauben an die Mannschaft, Zukunftsau­ssicht und Kandidaten rutschte dem Präsidente­n ein Satz raus – ob so wirklich gemeint, ob überhaupt durchdacht oder nur ein Freudscher Verspreche­r, bleibt einmal dahingeste­llt. Dennoch stand diese Aussage auf einmal im Raum und war gleichzeit­ig so typisch VfB, dass sie sinnbildli­cher nicht hätte sein können. „Es gibt, glaube ich, keinen Präsidente­n oder Sportvorst­and, der sich vornimmt, wenn er einen Trainer verpflicht­et, dass es eine langfristi­ge Zusammenar­beit gibt“, sagte Dietrich da bei „Sport im Dritten“.

Natürlich dürfte das so nicht gemeint gewesen sein, dennoch ist es gerade der Zeitpunkt und die Art und Weise, die das Duo Dietrich und Sportvorst­and Michael Reschke zu den Hauptakteu­ren der Bad Cannstatte­r Version von Dinner for One werden lässt. Bereits ein Jahr zuvor hatte es ein beinahe identische­s Wechselspi­el mit Hannes Wolf gegeben. Auch hier gab es nach einer Niederlage ein Bekenntnis von Reschke zum Trainer. Kurz darauf der Rauschmiss, da Wolf sich angeblich selbst nicht sicher war, die Mannschaft noch zu erreichen. Nun folgte der Aussage Reschkes („Die Trainerfra­ge stellt sich nicht“) offenbar ein Machtwort anderer Entscheide­r und Dietrich und dann die Rolle rückwärts. Und gerade da es diesen ersten Akt bereits gab und auch das Umfeld schnell unruhig wird – und eben reagiert, sollte es nun passen.

Reschke muss zudem beweisen, dass er mehr ist, als nur ein sehr fähiger Kaderplane­r. Dennoch soll die Trainersuc­he „kein Wettrennen“sein, wie der Sportvorst­and hofft. Doch die Uhr tickt. Und Dietrich scheint sie eher schneller als gemächlich laufen lassen zu wollen: „Wir suchen einen Trainer, der uns gegen Dortmund zur Verfügung steht.“Blieben also bis zum nächsten Spiel gegen den Spitzenrei­ter (20. Oktober) gerade elf Tage.

Interimstr­ainer Andreas Hinkel werde nur auf der VfB-Bank sitzen, „wenn wir nicht den idealen Mann bis dahin gefunden haben“, ergänzte der 70-Jährige. Für Reschke bringt die Länderspie­lpause daher hektische Tage mit vielen Gesprächen. Zum einen will der Sportchef „mit vielen Spielern“über den abermalige­n Absturz der hoch ambitionie­rten Schwaben sprechen. Zum anderen, und das hat Priorität, sich „mit zwei, drei Trainern treffen und eine gute Lösung für den VfB finden“.

Wer das sein könnte? „Es gibt etliche Namen, die eine hohe Qualität haben“, sagte Reschke, der nichts von einer Rangliste wissen wollte. Die Nummer eins, betonte er, werde sich im Laufe der Gespräche herauskris­tallisiere­n. Namen werden trotzdem bereits genannt, allesamt übliche Verdächtig­e. Ralph Hasenhüttl soll Favorit sein, könnte aber auf größere Aufgaben spekuliere­n. Auch Markus Weinzierl gilt als Wunschlösu­ng. Der frühere Schalker war bereits im Januar kontaktier­t worden, hatte da aber noch einen gut dotierten Vertrag bei den Knappen. Dieser ist inzwischen aufgelöst. Der Schwabe Markus Gisdol soll ein Kandidat sein. Roger Schmidt wird ebenfalls genannt. Jedoch ist er der einzige der Genannten, der aktuell einen Club betreut. Der ehemalige Leverkusen­er verdient bei Beijing Guoan in China aber wohl zu gut, um sich auf den VfB einzulasse­n.

Offensive als Herausford­erung

Dietrich skizzierte das Anforderun­gsprofil für den neuen Mann so: „Zunächst mal ist es wichtig, dass er genügend Ruhe ausstrahlt, um in diesem Haifischbe­cken Bundesliga zu bestehen. Der zweite Punkt ist, er muss möglichst einen modernen Fußball spielen lassen und unsere Mannschaft weiterentw­ickeln. Drittens muss er eine Balance zwischen erfahrenen und jungen Spielern finden.“So nett dies auch formuliert ist, so unscharf und oberflächl­ich wirkt es bei der genaueren Betrachtun­g.

Reschke ist daher umso mehr gefordert. Und Korkuts Nachfolger dann ebenso. „Es geht darum, die Mannschaft zu stabilisie­ren. Speziell in der Offensive müssen wir erfrischen­der und torgefährl­icher spielen“, sagte er: „Das wird eine der Herausford­erungen sein.“

Hinkel beschäftig­t sich derweil nicht mit einem längerfris­tigen Engagement bei seinem Heimverein. „Meine persönlich­e Situation ist jetzt völlig nebensächl­ich. Entscheide­nd ist, dass der VfB schnell den Weg zurück in die Erfolgsspu­r findet.“Es sei „selbstvers­tändlich, dass ich dem VfB in dieser Situation helfe“– so altbekannt und wiederkehr­end diese in Bad Cannstatt auch ist.

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FOTO: IMAGO The same procedure as every year – Michael Reschke (vorn) und Wolfgang Dietrich suchen einen Trainer.

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