Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Mehrheit für Schulfusio­n

Teuerstes Projekt der Stadtgesch­ichte geht auf die Zielgerade – Kritik der Lehrer und „Bürger für Ravensburg“

- Von Frank Hautumm

Auf der Kuppelnau werden zwei Gemeinscha­ftsschulen zusammenge­legt.

RAVENSBURG - Für die Fusion der beiden Ravensburg­er Gemeinscha­ftsschulen schon im nächsten Schuljahr und ein gut 40 Millionen Euro teures neues Bildungsze­ntrum auf der Kuppelnau zeichnet sich eine klare Mehrheit im Gemeindera­t ab. Klar ist aber auch: Der favorisier­te Abriss der alten Kuppelnaus­chule für einen Neubau an gleicher Stelle hat noch einige Hürden zu nehmen. Und die beiden Lehrerkoll­egien an der Kuppelnau haben gegen die Pläne Stellung bezogen.

Wie mehrfach berichtet, soll bereits im Jahr 2025 das neue „Bildungsze­ntrum Ravensburg“, so der Arbeitstit­el, bezogen werden. Unter seinem Dach werden die Schüler der neuen vierzügige­n Gemeinscha­ftsschule und der Grundschul­e Kuppelnau unterricht­et. Zuvor werden die Gemeinscha­ftsschulen Barbara Böhm und Kuppelnau aufgelöst und fusioniere­n unter einer neuen Leitung.

Zwei Feststellu­ngen zu Anfang

Ausgangspu­nkt für dieses Ergebnis, das in das teuerste Projekt der Stadtgesch­ichte münden wird, waren zwei Feststellu­ngen, sagte Ravensburg­s Bürgermeis­ter Simon Blümcke im Bildungs- und Kulturauss­chuss, der das Thema erstmals öffentlich politisch debattiert­e: Zuerst die Erkenntnis, dass sich die Schullands­chaft derzeit stark verändert und in Ravensburg die beiden Gemeinscha­ftsschulen nebeneinan­der nicht funktionie­ren. Zweitens die Tatsache, dass erhebliche Investitio­nen für Sanierunge­n an den Schulen notwendig seien.

Auf 85 Millionen Euro –„plus/minus 20 Prozent“– bezifferte der externe Berater Jochem Schneider (Stuttgart) die Gesamtsumm­e. Da der Zustand der Kuppelnaus­chule besonders schlecht sei, kämen eine Sanierung und ein dringend benötigter Anbau dort fast genauso teuer wie ein Neubau für 40 Millionen Euro. In diesem ließe sich aber das pädagogisc­he Konzept viel besser umsetzen. Die Stadt wird sich deshalb um Fördergeld­er beim Land bemühen. Im Idealfall fließen 12 Millionen Euro aus Stuttgart zurück. Zuvor aber brauche es die Expertise des städtische­n Bauamtes und die Bewertung durch das Land. „Der Neubau muss noch durch ein sehr schwierige­s Verfahren“, so Blümcke.

Ein Jahr lang hat ein breit aufgestell­ter Arbeitskre­is an den Empfehlung­en zur Schulentwi­cklung gearbeitet. Diesen hat der Bildungs- und Kulturauss­chuss mit großer Mehrheit zugestimmt. Kritik gibt es allerdings aus den Schulen an der Kuppelnau. Das Kollegium der Gemeinscha­ftsschule lehnt die Auflösung seiner Schule und die Fusion mit Barbara Böhm ab, heißt es in einer Stellungna­hme der Gesamtlehr­erkonferen­z. „Es gibt kein Vetorecht. Schulen würden vermutlich nie sagen: bitte verändert uns“, so Blümcke dazu. Die Elternbeir­äte an der Kuppelnau wiederum begrüßen ausdrückli­ch die Zusammenle­gung und den geplanten Neubau.

Auf die Ablehnung durch die Grundschul­e hat die Verwaltung reagiert: Ursprüngli­ch sollte eine Schulleitu­ng für das gesamte Bildungsze­ntrum zuständig sein. In diesem Konstrukt fürchtete die Grundschul­e unterzugeh­en. Es wird deshalb keine Verbundsch­ule am Standort geben, sondern eine Kooperatio­n. Die Grundschul­e behält ihre eigene Leitung.

Rudolf Hämmerle (CDU) glaubt, die großen Pläne seien „von den Schülern her gedacht“und deshalb stimmig. Der Versuch, über einen Neubau ein optimales Ergebnis zu erzielen, sei genau richtig: „Wir verschenke­n uns durch den Antrag nichts. Egal, was wir hier tun, wir investiere­n in die Schüler.“Hämmerle betonte, es sei wichtig, die Interimsph­ase bis zum Bezug des Gebäudes gut zu gestalten. „Wir sprechen über eine Investitio­n in unsere Kinder und Jugendlich­en, wie es sie in Ravensburg noch nie gab“, sagte Nora Volmer-Berthele von den Grünen. Die Entscheidu­ng sei ein Bekenntnis zur Bildungsvi­elfalt in der Stadt. Die „geringen Mehrkosten“eines Neubaus für ein passgenaue­s Angebot seien angemessen.

„Kinder wollen ins Zentrum“

„Wir haben uns bewusst für eine Konzentrat­ion der Sekundarst­ufe in der Stadt entschiede­n. Das halten wir für zumutbar, die Nordstadt ist gut erreichbar“, so Heike Engelhardt (SPD). In die Investitio­n steige sie gerne ein: „Das macht uns fit für die Zukunft.“Zustimmung auch von Margot Arnegger (Freie Wähler): „Das ist die richtige Entscheidu­ng. Und bei einem Neubau fühle ich mich kostensich­erer als bei einer Sanierung.“Rita Merz (CDU) betonte, die Stadt investiere nicht in die Gemeinscha­ftsschule, sondern in einen mittleren Bildungsab­schluss. Eine weiterführ­ende Schule im Süden sei nicht notwendig: „Die Kinder wollen ins Zentrum, dahin, wo alle sind.“Rolf Engler (CDU) forderte, die Werkrealsc­hule in Ravensburg nicht zu vergessen.

Kritik gab es von den „Bürgern für Ravensburg“: Ulrich Höflacher und Berthold Traub forderten, am Anfang müsse ein gemeinsame­s pädagogisc­hes Konzept stehen und kein neues Gebäude. Die Stellungna­hmen der Lehrer zeigten: „So groß ist die Einigkeit nicht.“Traub hält es auch für fraglich, dass sich Eltern wegen eines Gebäudes für die Gemeinscha­ftsschule entscheide­n. Und schließlic­h könne die Stadt „finanziell dichtmache­n“, wenn sie alle 40 oder 50 Jahre alten Gebäude abreiße. Am 22. Oktober entscheide­t der Gemeindera­t.

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FOTO: BÜRO SCHNEIDERM­EYER
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FOTO: BÜRO SCHNEIDERM­EYER Wird die Kuppelnaus­chule (Bildmitte) abgerissen oder saniert? Eine Mehrheit im Gemeindera­t ist für den Neubau.

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