Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Ladenbetreiber fürchten um Existenz
700 Unterschriften für Erhalt von „Grün am Turm“in der Ravensburger Innenstadt – In der Bauhütte werden die Räumlichkeiten knapp
700 Unterschriften für den Erhalt von „Grün am Turm“in der Innenstadt.
RAVENSBURG - Die Betreiber von Creperie und dem Blumenladen am Grünen Turm am nördlichen Eingang zur Ravensburger Innenstadt fürchten um ihre Existenz. Weil die Musikschule in der Bauhütte am Holzmarkt mehr Platz braucht als angenommen, muss das Blumengeschäft „Grün am Turm“möglicherweise weichen. Um das zu verhindern, hat Inhaberin Ursula Brugger – mit Unterstützung der benachbarten Geschäfte – in wenigen Tagen mehr als 700 Unterschriften gesammelt.
Seit 17 Jahren betreibt die Blumenbinderin den 60 Quadratmeter großen Laden am Holzmarkt – und sie möchte bleiben. Weil das Klima in dem alten Gemäuer den Blumen insbesondere im Sommer gut bekommt. Weil die Lage „sensationell ist“und der Laden daher läuft. Vor allem seit die Stadt sich „mehr um soziale Themen“kümmere, fühlt sie sich pudelwohl am nördlichen Marienplatz, sagt Brugger.
Vor rund einem Jahr habe die Stadtverwaltung ihr in Aussicht gestellt, sie könne im Zuge des Bauhütten-Umbaus auf die andere Seite des Grüner-Turm-Durchgangs ziehen. Ende August kam dann die Einschränkung: Das Ganze funktioniere nur, wenn sie dort zusätzlich zum Blumenladen auch ein Tagescafé betreibe. Denn Gastronomie will OB Daniel Rapp auf dem Holzmarkt unbedingt – „um den Platz zu beleben“, wie er sagt. Eine Tagesgastronomie sei, fügt Baubürgermeister Dirk Bastin hinzu, daher Priorität Nummer 2 – nach der Unterbringung der Musikschule.
Weil sie Blumenbinderin und nicht Gastronomin ist, war Brugger von dem Vorschlag zunächst wenig angetan. Mittlerweile könnte sie sich eine Kombination von Café und Blumengeschäft nach dem Vorbild des „Tafelblatt“in der Unteren Breite jedoch vorstellen: „Ich bin nicht auf Krawall gebürstet“, betont die 45Jährige. Und bringt darüber hinaus ein Kooperationsmodell ins Spiel, demzufolge die umliegenden Gastronomen sowie die Bäckerei Frick in der warmen Jahreszeit jeweils einen auf dem Holzmarkt platzierten Tisch bewirten könnten.
Jetzt hat die Vorlage für den Bildungsund Kulturausschuss Brugger einen gehörigen Schrecken eingejagt: In dem Schriftstück plädiert die Stadtverwaltung nämlich „grundsätzlich nur für eine Nutzung“auf der nach dem Einzug der Musikschule noch übrigen Fläche von 150 bis 180 Quadratmetern. Begründung: „Eine Gewichtung der Funktionen bei einer gemeinsamen Nutzung von Blumenladen und Café sei „nicht einfach“.
Das sieht Ralf Reimann, der mit seiner Frau Nicole seit März 2015 eine Creperie im Grünen Turm auf dem Frauentorplatz betreibt, ähnlich. Obschon seitens der Stadt noch niemand auf ihn zugekommen sei, wäre er prinzipiell nicht abgeneigt, sich in Richtung Holzmarkt auszudehnen. Schließlich gehe das Creperie-Konzept auf: „Viele Schüler und eingesessene Ravensburger schätzen die persönliche Atmosphäre und kommen regelmäßig zu uns.“Im Herbst und Winter reichten die wenigen Plätze im Inneren der Creperie allerdings oft nicht aus. Eine potenzielle Erweiterung gen Westen ist für das Ehepaar jedoch nur in Eigenregie eine Option, Kooperationen erteilen sie eine klare Absage, denn: „Da sind wir gebrannte Kinder“, sagt Nicole Reimann. Momentan sitzen die beiden auf heißen Kohlen – müssen sie sich doch bis Februar 2019 entscheiden, ob sie ihren Vertrag verlängern. Sollte bis dahin klar sein, dass ein (anderer) Gastronom von der Bauhütte aus den Holzmarkt bespielt, will Reimann die Reißleine ziehen – zwei Gastrobetriebe auf so engem Raum hält er Die Creperie im Grünen Turm könnte mehr Platz gebrauchen. für zu viel. „Das würde uns kaputt machen.“Noch stehe freilich nichts fest, versichert Dirk Bastin. Momentan werde lediglich ein Testentwurf diskutiert – bislang liege „erst eine Machbarkeitsstudie“dazu vor, wie das Gebäude künftig gefüllt werden könnte. Und eben noch kein Architektenentwurf. Zwar rüttelt Bastin ebenso wenig wie Rapp an der Tagesgastronomie – Spielraum gebe es aber dahingehend, wie diese konzipiert wird und wo genau sie unterkommt.