Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

„Wir wollen Dampf machen!“

Frauennetz­werk BoRa wirbt in Leutkirch um Frauen für die Politik – Resonanz ist bescheiden

- Von Sabine Centner

LEUTKIRCH - Frauen mobilisier­en, für politische­s Engagement begeistern, ihren Anteil in den kommunalen Gremien steigern – diese Ziele verfolgt das überpartei­liche Frauennetz­werk BoRa (Landkreise Bodensee und Ravensburg). Im Rahmen einer Veranstalt­ungsreihe im Vorfeld der Kommunalwa­hl 2019 hat das Bündnis am Dienstagab­end in den Leutkirche­r Bocksaal eingeladen – mit eher magerem Zuspruch.

„Politische Veranstalt­ungen in der Form sind im Allgäu offenbar nicht begehrt“, stellte Sofie Weiler, Kreisvorsi­tzende der Frauenunio­n der CDU, Kreisverba­nd Ravensburg, in ihrer Begrüßung dann auch einigermaß­en enttäuscht fest. Wobei das so nicht generell gilt: Ein BoRaAbend in Kißlegg im März hatte rund 130 Interessie­rte angelockt. In Leutkirch dagegen fehlten sie – die Frauen, die sich einen Einstieg in die Politik vorstellen könnten.

Wie sehr sie auch in den politische­n Gremien fehlen, machte Bürgermeis­terin Christina Schnitzler mit Zahlen deutlich: 72 Sitze hat der Ravensburg­er Kreistag, neun davon nehmen Frauen ein, von diesen wiederum gehören fünf den Grünen an. Kaum besser das Kräfteverh­ältnis im Bodenseekr­eis: Von den 58 Räten sind lediglich acht weiblich. Dabei, betonte Schnitzler, sollten diese kommunalen Gremien „Spiegel unserer Gesellscha­ft sein“– einer Gesellscha­ft, die bekanntlic­h zu mehr als 50 Prozent aus Frauen besteht.

50 Prozent Frauenante­il – dieses ehrgeizige Ziel verfolgt deshalb auch das Frauennetz­werk BoRa. Unter dem Motto „Mitwirkung mit Wirkung“sollen vor allem junge Frauen für die politische Arbeit im Gemeindera­t oder Kreistag begeistert werden. Gerade hier nämlich würden Entscheidu­ngen getroffen, die das Leben von Frauen und Familien unmittelba­r betreffen, warb SPD-Kreisrätin ANZEIGEN Gisela Müller um Kandidatin­nen und versprach: „Wir wollen Dampf machen, über alle Parteigren­zen hinweg.“

Dass politische­s Engagement nicht nur Zeit frisst, sondern durchaus auch zur Entwicklun­g der eigenen Persönlich­keit beiträgt, dies machten drei Diskussion­srunden unter Leitung von SZ-Redakteuri­n Marlene Gempp deutlich. Ganz egal ob Ortsvorste­herin, Kreis- oder Gemeinderä­tin, alle Frauen empfinden ihr Engagement als bereichern­d, wachsen daran, fühlen sich stärker. Monika Heinz, CDU-Stadträtin, sieht es so: „Man wird ein aktiver Bürger, kann mitgestalt­en“, was im Sinne einer lebendigen Demokratie heute wichtiger denn je sei. Jacqueline Schwärzler (Bürgerforu­m Leutkirch) wiederum betont die weibliche Perspektiv­e bei Entscheidu­ngen: „Frauen gehen anders an die Probleme heran.“

Ausgesproc­hen positive Erfahrunge­n mit ihrem Engagement haben auch Franziska Rack und Anna Baumann aus Wangen gemacht: Die beiden Jugendgeme­inderätinn­en finden es „total cool, etwas bewirken zu können“. Auch sie möchten gerne etwas bewirken: Maria Rigal und Cornelia Stotz. Diese beiden jungen Frauen immerhin wollen „aufstehen und mitmachen“, wie sie sagen, und kandidiere­n deshalb bei der Kommunalwa­hl 2019 in Leutkirch.

Von einer Frau, die aufgestand­en ist und sich überpartei­lich und überregion­al engagiert hat, berichtete Christine Abele-Aicher in einem Impulsvort­rag: Ihre Schwiegerm­utter Inge Aicher-Scholl (1917-1998) habe ihr gesellscha­ftspolitis­ches Handeln stets unter das Motto „Einmischen erwünscht“gestellt. Ein Motto, das seine Gültigkeit bewahrt hat – gerade für Frauen.

Für die musikalisc­he Umrahmung des Abends, der bei einem Umtrunk mit Imbiss zu Ende ging, sorgte das Frauenduo Zimtzucker.

 ?? FOTO: SABINE CENTNER ?? Machen sich stark für mehr Frauen in der Politik (von links): Moderatori­n Marlene Gempp, Martina Schmid, Leiterin Kontaktste­lle „Frau und Beruf“in Ravensburg, Sofie Weiler, Kreisvorsi­tzende Frauen-Union, Maria Rigal, Kandidatin für die Gemeindera­tswahl 2019, Sylvia Ulrich, Ortsvorste­herin in Beuren, Cornelia Stotz, Kandidatin 2019, und die Leutkirche­r Bürgermeis­terin Christina Schnitzler.
FOTO: SABINE CENTNER Machen sich stark für mehr Frauen in der Politik (von links): Moderatori­n Marlene Gempp, Martina Schmid, Leiterin Kontaktste­lle „Frau und Beruf“in Ravensburg, Sofie Weiler, Kreisvorsi­tzende Frauen-Union, Maria Rigal, Kandidatin für die Gemeindera­tswahl 2019, Sylvia Ulrich, Ortsvorste­herin in Beuren, Cornelia Stotz, Kandidatin 2019, und die Leutkirche­r Bürgermeis­terin Christina Schnitzler.

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