Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Eschacher sind genervt von Kieslaster­n

Trotzdem will Regionalve­rband neue große Flächen ausweisen.

- Von Lena Müssigmann

RAVENSBURG - Verfaulte Dachbalken im Lederhaus, eine im Grunde von 1930 stammende Elektroins­tallation im Rathaus: Die Stadtverwa­ltung muss sich zur Zeit um große Probleme an den historisch­en Gebäuden in Ravensburg kümmern. Frühere Generation­en haben die Mängel wohl nicht erkannt oder nicht angepackt, hieß es am Mittwoch im Ausschuss für Umwelt und Technik. „Jetzt müssen wir es machen und das kostet Geld“, sagte der Architekt Rainer Ewald.

Das Lederhaus wurde nach Ewalds Informatio­n in den 1980erJahr­en grundlegen­d umgebaut. „Aber die Dachkonstr­uktion hat man sich offenbar nie genau angeschaut.“In welchem Zustand das Gebäude zu Beginn der jetzigen Sanierung war, hat selbst den erfahrenen Sanierer Ewald überrascht. Mehrere Dachbalken waren verfault. Dadurch hatte die Stabilität der Dachkonstr­uktion so sehr nachgelass­en, dass die Dachschräg­en die Außenwände nach außen drückten. Die Außenmauer­n waren stärker verformt, als der Architekt erwartet hatte. Dass das Lederhaus trotzdem zusammenhi­elt, liege allein daran, dass sich eine gewisse „Stabilität der Instabilit­ät“eingeschli­chen habe, sagte Ewald am Mittwoch.

Die gute Nachricht: Das Lederhaus ist inzwischen stabilisie­rt. Bis im Frühjahr 2019 sollen die Arbeiten abgeschlos­sen sein. Das Außengerüs­t soll in der ersten Novemberwo­che zunächst auf der Längsseite zur Bachstraße hin verschwind­en. Dann wird die restaurier­te Malerei sichtbar. Derzeit geht die Verwaltung von Sanierungs­kosten in Höhe von 3,31 Millionen Euro samt Möblierung aus. Der Ausschuss hat die Mehrausgab­en bereits gebilligt und empfiehlt dem Gemeindera­t ebenfalls die Zustimmung. Zunächst hatte die Verwaltung mit Kosten von 2,05 Millionen Euro gerechnet.

Gebäude sollen geprüft werden

„Wir haben einige tickende Zeitbomben in der Stadt“, sagte Maria Weithmann (Grüne) in der Ausschusss­itzung. Beispielha­ft nannte sie die Marienplat­zgarage, die durch eindringen­des Tausalz stark beschädigt war, sowie die maroden Dachstühle des Rathauses und bis vor Kurzem des Lederhause­s. „Gibt es noch andere sehr riskante Gebäude?“, fragte Weithmann. Architekt Rainer Eberl gab der Stadt daraufhin den Rat, „in aller Ruhe mal die infrage kommenden Gebäude durchzuche­cken, um sich vor solchen Überraschu­ngen wie im Lederhaus zu wappnen“.

Das nächste dringende Vorhaben in dieser Reihe steht schon an: Die Sanierung des historisch­en Rathauses ist im Erdgeschos­s bereits erfolgt und soll jetzt für die oberen Stockwerke angepackt werden. Dieses Gebäude wurde tatsächlic­h zuletzt 1930 saniert, wie Architekt David Braun vom Büro Angerhofer und Braun berichtete. Entspreche­nd alt sei die Elektroins­tallation, die in den letzten 88 Jahren immer nur ergänzt worden sei. Daraus ergebe sich eine gewisse Brandgefah­r. Und das, wo die Brandschut­zvorschrif­ten im Haus gar nicht erfüllt werden, wie kürzlich festgestel­lt wurde. „Es gibt zum Teil Zustände, die einen sofortigen Eingriff erfordern“, sagte Braun. Auch Schäden am Dachstuhl müssten behoben werden. Und wenn das Gerüst dann schon steht, will die Verwaltung auch gleich Fenster erneuern und die Fassade herrichten lassen, ergänzte Baubürgerm­eister Dirk Bastin.

Sanierung kostet 6 Millionen Euro

Der Ausschuss für Umwelt und Technik hat am Mittwoch mehrheitli­ch dafür gestimmt, dem Gemeindera­t die Sanierung ans Herz zu legen. Kostenpunk­t 6 Millionen Euro – davon 4,1 Millionen Euro für bautechnis­che Instandset­zung und Umsetzung der Brandschut­zvorschrif­ten, 1,1 Millionen Euro fürs Dach, 700 000 Euro für Fassade und Fenster. Weitere zwei Millionen würden dazukommen, wenn auch das Nebengebäu­de saniert wird, doch darüber wird zu einem späteren Zeitpunkt entschiede­n.

„Ich stelle fest, wir haben immer mehr Mammutproj­ekte in der Stadt“, so die Wortwahl von Ausschussm­itglied Wilfried Krauss (Bürger für Ravensburg). Acht Millionen Euro für die Sanierung des ganzen Gebäudekom­plexes – „das ist ein Klops!“, so Krauss. „Man hätte schon in den 90er-Jahren sagen müssen, jetzt schauen wir uns die alten Gebäude mal genau an.“Aber: „Dann hätte man sich andere Lieblingsp­rojekte wohl nicht leisten können.“

Wolfgang Metzger (Freie Wähler), selbst Architekt, hält es für falsch, sich zu beklagen. „Instandset­zungsmaßna­hmen treffen irgendeine Generation, jetzt sind’s halt wir“, sagt er. Darüber dürfe man sich nicht beklagen. Das Rathaus sei wichtig für die Außendarst­ellung der Stadt, deshalb müsse auch die Fassade gerichtet werden.

Mehrere Ausschussm­itglieder rechnen indes damit, dass die angesetzte­n Millionen für die Rathaussan­ierung längst nicht ausreichen werden. Auch Bastin räumt ein, dass der derzeit eingeplant­e Puffer von 100 000 Euro für ein so großes Projekt nicht viel sei.

 ?? FOTO: ROLAND WEISS ??
FOTO: ROLAND WEISS
 ?? FOTO: LENA MÜSSIGMANN ?? Am Lederhaus hatte sich laut einem Architekte­n eine gewisse „Stabilität der Instabilit­ät“eingestell­t, bevor verfaulte Balken im Dachstuhl ausgetausc­ht wurden.
FOTO: LENA MÜSSIGMANN Am Lederhaus hatte sich laut einem Architekte­n eine gewisse „Stabilität der Instabilit­ät“eingestell­t, bevor verfaulte Balken im Dachstuhl ausgetausc­ht wurden.

Newspapers in German

Newspapers from Germany