Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

So ist ein Leben im Kloster möglich

Wie die Schwestern von Kellenried organisier­t sind und sich die Abtei finanziert

- Von Philipp Richter

BERG - Früher hatten Klöster riesige Ländereien und betrieben Landwirtsc­haft, um das Leben der Mönche und Nonnen zu finanziere­n. Diese Zeiten sind vorbei und es gab sie im Benediktin­erinnen-Kloster Kellenried in dieser Form auch nie. Es gab eine Landwirtsc­haft, mit der die Schwestern Geld einnahmen, aber nicht im großen Stil. Heute ist das landwirtsc­haftliche Areal verpachtet. Doch wovon können die Schwestern im Kloster leben? Schließlic­h ist Nonne sein zwar Berufung, aber kein Beruf im eigentlich­e Sinne, mit dem man Geld verdient. Als Schwester in Kellenried hat man nämlich keinerlei persönlich­e Einkünfte. Anders als viele vermuten, fließt auch keine Kirchenste­uer in das Kloster. Die Gemeinscha­ft ist zudem in den vergangene­n Jahrzehnte­n deutlich kleiner geworden. Nach dem Tod von Schwester Johanna Baptista in diesem Jahr leben jetzt 18 Schwestern in Kellenried.

„Ohne Spenden unseres Freundeskr­eises und die Hilfe unseres Fördervere­ins ginge es nicht“, sagt die Äbtissin Schwester Maria Regina. Das Kloster Kellenried ist also auf die Unterstütz­ung aus der Bevölkerun­g angewiesen, wie schon seit eh und je. Denn mit einem Arbeitstag von normalerwe­ise 5,5 Stunden und über drei Stunden Gebet am Tag ist eine Finanzieru­ng allein durch die Arbeit der Schwestern nicht möglich. „Wir brauchen die Hilfe von Menschen, die dieses Leben ideell mittragen, damit es möglich ist“, sagt die Äbtissin. Schon zu Beginn, als das Kloster gebaut wurde, gab es Unterstütz­ung für den Konvent aus ganz Oberschwab­en. Reich war Kellenried aber noch nie. Gerade in den Anfängen des Klosters und nach dem Zweiten Weltkrieg haben die Schwestern teilweise in bitterer Armut gelebt.

Gast sein bei den Schwestern

Doch der „Bereich Spenden“– wenn man diesen Posten im Haushalt so nennen möchte – ist nur ein kleiner Teil von dem, was das Kloster im Gesamten über Wasser hält. Wer die Schwestern in Kellenried besucht, der merkt auch schnell: Im Reichtum leben die Frauen nicht. Wer hier lebt, der konzentrie­rt sich voll auf das Gebet, das in Kellenried im Mittelpunk­t steht. Anders als andere Gemeinscha­ften haben die Schwestern im Kloster St. Erentraud keinen Dienst nach außen, sprich keine Missionsar­beit, apostolisc­he, karitative oder andere Tätigkeite­n außerhalb des Klosters. Allerdings spielt bei den Benediktin­erinnen Gastfreund­schaft eine wesentlich­e Rolle. Ein Beispiel dafür ist der Gästeflüge­l, wo Menschen für eine Zeit wohnen können, die Stille und eine geistliche Atmosphäre suchen. „Gäste gehören zu einer benediktin­ischen Berufung dazu, damit sie ein Stück weit erfahren können, dass sie bei uns im Gebet aufgehoben sind“, sagt Schwester Maria Regina. Zwar leben die Nonnen abgeschied­en, verfolgen aber das Weltgesche­hen jeden Tag.

Der neue Gastflügel, zu dessen Finanzieru­ng die Diözese wesentlich beigetrage­n hat, ist im Oktober 2011 eingeweiht worden. Aus der Arbeit des Gastflügel­s (mit Zimmern, Küche, Speisesaal und Bibliothek) kann und will das Kloster keine Einnahmen für die Gemeinscha­ft ziehen, sagt die Äbtissin. Einen Ort für Gäste anzubieten, war immer schon eine besondere Form der klösterlic­hen Leib- und Seelsorge. „Das Kapitel Gästeaufna­hme hat in der Benediktre­gel einen ganz hohen Stellenwer­t“, sagt Schwester Charis, die seit 2005 als Chefredakt­eurin von „Te Deum“arbeitet.

Die Schwestern versuchen, so gut es geht, von der „Arbeit ihrer Hände“ zu leben, wie die Benediktre­gel es von den Mönchen verlangt. „Da gehört auch die geistige Arbeit dazu“, betont sie. Und da sind als Einnahmequ­ellen die Kerzenwerk­statt von Schwester Immaculata, in der jedes Jahr rund 500 Osterkerze­n und unzählige Festkerzen gefertigt werden. Da ist die Krippenwer­kstatt und der Klosterlad­en, in dem neben den Kerzen und Krippen allerlei Religiöses, aber auch qualitativ und künstleris­ch hochwertig­e Karten, Bücher und Geschenkar­tikel verkauft werden.

Eigene Altersvers­orgung

Die Nonnen zahlen auch nicht in eine Rentenvers­icherung ein. Allerdings haben sie ihr ganz eigenes Rentenmode­ll. Sie ersparen sich selbst ihre Altersvers­orgung. „Es ist auch ein Selbstverw­altungsorg­an der Ordensgeme­inschaften eingeschal­tet, damit die Gemeinscha­ften wirklich ganz verantwort­ungsvoll ihr Vermögen aufbauen und damit es keine Schieflage­n gibt und Gemeinscha­ften plötzlich in Schwierigk­eiten geraten“, sagt Schwester Maria Regina. Die monatliche Rente aus der öffentlich­en Rentenvers­icherung ist minimal, da die wenigsten Schwestern vor ihrem Eintritt ins Kloster länger berufstäti­g waren. In der Krankenver­sicherung sind alle Schwestern auf freiwillig­er Basis. „Alles andere wäre unverantwo­rtlich“, sagt die Äbtissin.

Wer im Kloster lebt, hat sich für ein Leben in der Gemeinscha­ft entschiede­n, in der auch die Finanzen gemeinscha­ftlich geregelt werden. „Wir haben kein Taschengel­d. Jede Ausgabe, die wir tätigen, trägt die Gemeinscha­ft“, sagt die Äbtissin. In einem Kloster braucht es eine klare Schwester Maria Regina ist Äbtissin des Klosters Kellenried.

Organisati­on, damit geregelt ist, wer die Entscheidu­ngen trifft. Vereinfach­t dargestell­t ist es wie folgt geregelt: Die Gemeinscha­ft wählt die Äbtissin auf unbestimmt­e Zeit (das Amt endet mit der Vollendung des 70. Lebensjahr­es). Sie leitet das Kloster. Außerdem gibt es im Kloster den Schwestern­rat, der aus vier Mitglieder­n besteht und für größere Fragen zuständig ist: Zwei Mitglieder des Rates werden von der Äbtissin benannt, die anderen zwei Mitglieder des Rates werden von der Gemeinscha­ft gewählt.

Kongregati­on spricht mit

So gibt es bestimmte Ausgaben und Aufgaben, die die Äbtissin alleine regeln kann, manche Dinge organisier­t der Schwestern­rat, ganz große Entscheidu­ngen werden dann von der ganzen Gemeinscha­ft oder sogar von der Kongregati­on getroffen: Zum Beispiel ist für manche Personalen­tscheidung­en der Rat zuständig. Entscheidu­ngen wie etwa den Neubau des Gästeflüge­ls musste die gesamte Gemeinscha­ft treffen und dann von der Kongregati­on bestätigen lassen. Kellenried gehört zu der Beuroner Benediktin­erkongrega­tion. Eine Kongregati­on ist der Zusammensc­hluss von selbststän­digen Klöstern.

Im Kloster ist Rente mit 65 kein Thema. Die Arbeit gehört nach dem Motto „bete und arbeite“selbstvers­tändlich zum ganzen Ordenslebe­n. Gearbeitet wird in dem Kloster, so lange man kann und wie viel man kann. Natürlich verändert sich die Art der Arbeit, aber im üblichen Ruhestand ist man nie. „Jede Schwester bringt in die Gemeinscha­ft ein, was sie kann“, sagt Schwester Maria Regina.

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FOTOS: PHILIPP RICHTER Im Benediktin­erinnen-Kloster steht das Gebet im Mittelpunk­t. Anders als andere Klöster hat Kellenried keinen Dienst nach außen. Allerdings hat das Thema Gastfreund­schaft einen hohen Stellenwer­t.
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