Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
So ist ein Leben im Kloster möglich
Wie die Schwestern von Kellenried organisiert sind und sich die Abtei finanziert
BERG - Früher hatten Klöster riesige Ländereien und betrieben Landwirtschaft, um das Leben der Mönche und Nonnen zu finanzieren. Diese Zeiten sind vorbei und es gab sie im Benediktinerinnen-Kloster Kellenried in dieser Form auch nie. Es gab eine Landwirtschaft, mit der die Schwestern Geld einnahmen, aber nicht im großen Stil. Heute ist das landwirtschaftliche Areal verpachtet. Doch wovon können die Schwestern im Kloster leben? Schließlich ist Nonne sein zwar Berufung, aber kein Beruf im eigentliche Sinne, mit dem man Geld verdient. Als Schwester in Kellenried hat man nämlich keinerlei persönliche Einkünfte. Anders als viele vermuten, fließt auch keine Kirchensteuer in das Kloster. Die Gemeinschaft ist zudem in den vergangenen Jahrzehnten deutlich kleiner geworden. Nach dem Tod von Schwester Johanna Baptista in diesem Jahr leben jetzt 18 Schwestern in Kellenried.
„Ohne Spenden unseres Freundeskreises und die Hilfe unseres Fördervereins ginge es nicht“, sagt die Äbtissin Schwester Maria Regina. Das Kloster Kellenried ist also auf die Unterstützung aus der Bevölkerung angewiesen, wie schon seit eh und je. Denn mit einem Arbeitstag von normalerweise 5,5 Stunden und über drei Stunden Gebet am Tag ist eine Finanzierung allein durch die Arbeit der Schwestern nicht möglich. „Wir brauchen die Hilfe von Menschen, die dieses Leben ideell mittragen, damit es möglich ist“, sagt die Äbtissin. Schon zu Beginn, als das Kloster gebaut wurde, gab es Unterstützung für den Konvent aus ganz Oberschwaben. Reich war Kellenried aber noch nie. Gerade in den Anfängen des Klosters und nach dem Zweiten Weltkrieg haben die Schwestern teilweise in bitterer Armut gelebt.
Gast sein bei den Schwestern
Doch der „Bereich Spenden“– wenn man diesen Posten im Haushalt so nennen möchte – ist nur ein kleiner Teil von dem, was das Kloster im Gesamten über Wasser hält. Wer die Schwestern in Kellenried besucht, der merkt auch schnell: Im Reichtum leben die Frauen nicht. Wer hier lebt, der konzentriert sich voll auf das Gebet, das in Kellenried im Mittelpunkt steht. Anders als andere Gemeinschaften haben die Schwestern im Kloster St. Erentraud keinen Dienst nach außen, sprich keine Missionsarbeit, apostolische, karitative oder andere Tätigkeiten außerhalb des Klosters. Allerdings spielt bei den Benediktinerinnen Gastfreundschaft eine wesentliche Rolle. Ein Beispiel dafür ist der Gästeflügel, wo Menschen für eine Zeit wohnen können, die Stille und eine geistliche Atmosphäre suchen. „Gäste gehören zu einer benediktinischen Berufung dazu, damit sie ein Stück weit erfahren können, dass sie bei uns im Gebet aufgehoben sind“, sagt Schwester Maria Regina. Zwar leben die Nonnen abgeschieden, verfolgen aber das Weltgeschehen jeden Tag.
Der neue Gastflügel, zu dessen Finanzierung die Diözese wesentlich beigetragen hat, ist im Oktober 2011 eingeweiht worden. Aus der Arbeit des Gastflügels (mit Zimmern, Küche, Speisesaal und Bibliothek) kann und will das Kloster keine Einnahmen für die Gemeinschaft ziehen, sagt die Äbtissin. Einen Ort für Gäste anzubieten, war immer schon eine besondere Form der klösterlichen Leib- und Seelsorge. „Das Kapitel Gästeaufnahme hat in der Benediktregel einen ganz hohen Stellenwert“, sagt Schwester Charis, die seit 2005 als Chefredakteurin von „Te Deum“arbeitet.
Die Schwestern versuchen, so gut es geht, von der „Arbeit ihrer Hände“ zu leben, wie die Benediktregel es von den Mönchen verlangt. „Da gehört auch die geistige Arbeit dazu“, betont sie. Und da sind als Einnahmequellen die Kerzenwerkstatt von Schwester Immaculata, in der jedes Jahr rund 500 Osterkerzen und unzählige Festkerzen gefertigt werden. Da ist die Krippenwerkstatt und der Klosterladen, in dem neben den Kerzen und Krippen allerlei Religiöses, aber auch qualitativ und künstlerisch hochwertige Karten, Bücher und Geschenkartikel verkauft werden.
Eigene Altersversorgung
Die Nonnen zahlen auch nicht in eine Rentenversicherung ein. Allerdings haben sie ihr ganz eigenes Rentenmodell. Sie ersparen sich selbst ihre Altersversorgung. „Es ist auch ein Selbstverwaltungsorgan der Ordensgemeinschaften eingeschaltet, damit die Gemeinschaften wirklich ganz verantwortungsvoll ihr Vermögen aufbauen und damit es keine Schieflagen gibt und Gemeinschaften plötzlich in Schwierigkeiten geraten“, sagt Schwester Maria Regina. Die monatliche Rente aus der öffentlichen Rentenversicherung ist minimal, da die wenigsten Schwestern vor ihrem Eintritt ins Kloster länger berufstätig waren. In der Krankenversicherung sind alle Schwestern auf freiwilliger Basis. „Alles andere wäre unverantwortlich“, sagt die Äbtissin.
Wer im Kloster lebt, hat sich für ein Leben in der Gemeinschaft entschieden, in der auch die Finanzen gemeinschaftlich geregelt werden. „Wir haben kein Taschengeld. Jede Ausgabe, die wir tätigen, trägt die Gemeinschaft“, sagt die Äbtissin. In einem Kloster braucht es eine klare Schwester Maria Regina ist Äbtissin des Klosters Kellenried.
Organisation, damit geregelt ist, wer die Entscheidungen trifft. Vereinfacht dargestellt ist es wie folgt geregelt: Die Gemeinschaft wählt die Äbtissin auf unbestimmte Zeit (das Amt endet mit der Vollendung des 70. Lebensjahres). Sie leitet das Kloster. Außerdem gibt es im Kloster den Schwesternrat, der aus vier Mitgliedern besteht und für größere Fragen zuständig ist: Zwei Mitglieder des Rates werden von der Äbtissin benannt, die anderen zwei Mitglieder des Rates werden von der Gemeinschaft gewählt.
Kongregation spricht mit
So gibt es bestimmte Ausgaben und Aufgaben, die die Äbtissin alleine regeln kann, manche Dinge organisiert der Schwesternrat, ganz große Entscheidungen werden dann von der ganzen Gemeinschaft oder sogar von der Kongregation getroffen: Zum Beispiel ist für manche Personalentscheidungen der Rat zuständig. Entscheidungen wie etwa den Neubau des Gästeflügels musste die gesamte Gemeinschaft treffen und dann von der Kongregation bestätigen lassen. Kellenried gehört zu der Beuroner Benediktinerkongregation. Eine Kongregation ist der Zusammenschluss von selbstständigen Klöstern.
Im Kloster ist Rente mit 65 kein Thema. Die Arbeit gehört nach dem Motto „bete und arbeite“selbstverständlich zum ganzen Ordensleben. Gearbeitet wird in dem Kloster, so lange man kann und wie viel man kann. Natürlich verändert sich die Art der Arbeit, aber im üblichen Ruhestand ist man nie. „Jede Schwester bringt in die Gemeinschaft ein, was sie kann“, sagt Schwester Maria Regina.